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Microblogging Made in Germany: Lohnt sich das Anti-Twitter Mastodon für Unternehmen?

Stock Foto: Hand mit Smartphone, Mastodon-App auf dem Screen
Foto: © AdobeStock / rarrarorro
Hand mit Smartphone, Mo
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Es wird immer verrückter in der Social Media Welt, in der Elon Musk mal wieder als Naturgewalt wütet. Das Rebranding von Twitter zu „X“ war sicherlich einige Zeit lang geplant und kam dennoch überraschend für die Nutzer:innen. Die Marke Twitter war bereits stark beschädigt und das Rebranding bringt viele Vorteile. Ein großer Nachteil ist allerdings die Unsicherheit, die Twitter damit bei seinen verbleibenden Nutzer:innen verstärk. Nun ist auch dem letzten User bewusst geworden, wie wenig Kontrolle er auf die Social Media Plattform eigentlich hat. Viele haben auch einfach die Nase voll vom Chaos des nun X-Chefs Elon Musk.

Es wundert also nicht, dass Mastodon, die 2016 in Jena gegründete deutsche Twitter-Variante erneut in den letzten Wochen ein starkes Wachstum verzeichnet. Nach eigenen Angaben zählt Mastodon derzeit etwa 1,3 Millionen monatlich aktive Nutzer, schreibt Deutschlandfunk Anfang Juli.

Was ist Mastodon?
Mastodon, ist wie Twitter ein Microblogging Netzwerk mit Sitz in Deutschland. Allerdings zählt Mastodon zu den dezentralisierten Social-Media-Plattformen innerhalb des Fediverse. Ein dezentrales Netzwerk innerhalb des Fediverse liegt auf keinem zentraler Server und wird nicht von einer Person oder einem Unternehmen mit Eigeninteresse gesteuert, sondern ist in vielen Instanzen organisiert in denen man über unterschiedlichen Servern hinweg miteinander kommuniziert. So erhalten die User eine bessere Kontrolle über ihre eigenen Nutzerdaten. Aktuell gibt es auch keinen Algorithmus, der die Timeline auf der Social Media Plattform bestimmt. Inhalte werden chronologisch angezeigt. Es wurde als Alternative zu Twitter konzipiert und enthält ähnliche Funktionen, wie posten, folgen, liken, teilen etc. Statt Tweet heißt es hier Toot und ein Retweet ist ein Boost.

Lohnt sich Mastodon für Unternehmen?
Anders als man vielleicht meint sind nicht nur freiheitsliebende Technologie Innovators oder Early Adapter auf der Plattform vertreten. Von der Tagesschau und anderen Nachrichtendiensten bis über Parteien und Politiker sowie Experten und Unternehmen. Alle haben bereits eine Account und sind präsent auf Mastodon. Unter dem Profil @BlnBDI@social.bund.de bloggt sogar die Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Meike Kamp. Auch Landau Media hat bereits einen Account.

Die Zielgruppen auf Mastodon bestehen also ähnlich wie auf Twitter aus Meinungsführer:innen und Influencern, die maßgeblich Einfluss auf die Agenda der Medien nehmen. Das sollten Kommunikator:innen und PRler:innen nicht verpassen.

Bisher sind viele Accounts zweigleisig gefahren und haben ihre Präsenz auf beiden Plattformen gepflegt. Doch das scheint sich nun zu ändern. Immer mehr Twitter-Giganten setzen ein Statement – auch aus Datenschutzgründen – und wechseln komplett zu Mastodon. Das Twitter-Werbechaos, Twitter Blue und nun das Rebranding zu „X“ lassen die Nutzer:innen-Zahlen auf Mastodon wieder kräftig wachsen. Zudem hat Twitter bzw. „X“ Links zu Mastodon nun verboten und erschwert Nutzer:innen somit das gleichzeitige Bespielen beider Kanäle.

Drei positive Faktoren des Reputationsmanagement auf dezentralisierten Plattformen

1. Das eigene Markenbild fördern.
Das Medium selbst ist immer auch Teil der Botschaft. So beschreibt es der kanadischer Philosoph Marshall McLuhan, dessen Werke zu den Eckpfeilern der Medientheorie zählen. Die Plattform Mastodon selbst steht für Transparenz, Freiheit und Eigenverantwortung. Dies wären auch tolle Markenattribute. Mastodon ist eine perfekte Plattform, um das eigene Markenimage positiv aufzuladen. Unternehmen, die über diese Plattform mit ihrer Zielgruppe kommunizieren, gewinnen an Authentizität und Verantwortungsbewusstsein.

2. Überblick behalten.
Momentan ist es nicht möglich, die Aktivitäten auf der Plattform von Analyseportalen messen zu lassen, da es sich um ein dezentrales Netzwerk handelt, welches über verschiedene Instanzen hinweg miteinander kommuniziert. Aktuell gibt es kein Medienmonitoring-Tool, welches die Gesamtheit der Mastodon-Accounts erfassen und beobachten kann. Wer wissen will, was die Mastodon-Öffentlichkeit über ein Unternehmen, Produkt, Event o. Ä. auf Mastodon postet, muss selbst aktiv werden. Zudem können auch hier Trends aufgespürt und Social Listening betrieben werden. Die Plattform kann als Newsroom dienen und passende Influencer können gefunden werden.

3. Bekanntheit steigern.
Zwar muss man viel Arbeit investieren, um eine große Followerschaft aufzubauen, aber die Investition könnte sich lohnen. Es gibt immer noch ein paar Personen und Unternehmen, die noch nicht den Wechsel zu Mastodon vollzogen haben. Der Wettbewerb auf Mastodon ist derzeit noch nicht so ausgeprägt, wie auf „X“ (vormals Twitter). Die zusätzliche Differenzierung zum Wettbewerb könnte zudem den Kund:innenstamm erweitern und eine Chance bieten, von neuen Kund:innen entdeckt und ausprobiert zu werden.

Tipp: Auf Mastodon gibt es zwei Timelines. Eine lokale Timeline, mit chronologisch angeordneten Beiträge von Accounts, die demselben Server angehören, und eine föderierte Timeline, mit allen Beiträge von Personen, denen Sie folgen und alle Beiträge der Personen, denen diese folgen. Deswegen sollte man den Server auf Mastodon sorgfältig auswählen. Ein großer Server kann helfen, seine Reichweite zu erhöhen, auch wenn man über weniger Follower verfügt.

Zwar gibt es derzeit über 10.000 Server. Mit dem richtigen Nischenthema, guten Inhalten und kontinuierlichen Beiträgen stehen die Chancen allerdings gut, auch in kurzer Zeit eine Community aufzubauen und sich als Expert:in bzw. Meinungsführer:in innerhalb eines Themengebietes zu etablieren.



Über die Autorin:
Juliana Kunterding ist im Bereich Online Communication bei Landau Media tätig. Zuvor war sie u.a. für die Online-Kommunikation der Friedrich-Naumann-Stiftung und im Bereich Public Affairs bei der Agentur Storymachine GmbH verantwortlich. Seit geraumer Zeit verstärkt Juliana Kunterding den Bereich CorpComms bei Landau Media.