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PR im Fediverse: Die neuen dezentralisierten Social-Media-Plattformen

Stock Foto Web 3.0 Fediverse Dezentralisierung
Foto: © AdobeStock / SergeyBitos
Web 3.0 Fediverse Dezentralisierung
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Achtung, jetzt wird es nerdig! Neuigkeiten aus dem Fediverse gefällig?
Der Begriff „Fediverse“ ist eine Wortkreation aus den englischen Wörtern „federation“ und „universe“ und beschreibt eine neue Form von Netzwerk. Nämlich ein Netzwerk von miteinander verbundenen Social-Media Plattformen. Ein Universum an Plattformen, die in einer Föderation zusammen interagieren und kommunizieren. Eigentlich geschaffen als werbefreier Raum, geht es dann doch nicht ganz ohne Anreize für die Kommunikation von Unternehmen. Auch im Fediverse kann man mit „Promoted Posts“ oder „Featured Posts“ erweiterte Reichweiten kaufen und werben. Und es gibt noch mehr gute Gründe für Unternehmen und Organisationen in das Fediverse einzutreten.

Das Fediverse kurz erklärt

Ein wahrhaftig föderalistisches Modell hat keinen Herrscher – es gibt also kein Unternehmen und keine Organisation, die das Netzwerk kontrolliert. Alle Social-Media-Plattformen innerhalb des Fediverse sind ebenfalls für sich selbst dezentralisierte Plattformen. Jede Plattform ist ein unabhängiges Netzwerk, dass von sogenannten Administrator:innen betrieben wird, die darauf achten, dass die jeweiligen Netzwerk-Regeln und Richtlinien eingehalten werden.

Technisch besteht das Fediverse aus einer Reihe von Protokollen, wie zum Beispiel ActivityPub, Diaspora und OStatus. Diese Protokolle ermöglichen, dass die verschiedenen Plattformen miteinander kommunizieren und den Nutzer:innen, über verschiedenen Plattformen hinweg miteinander interagieren können.

Die Idee für diese neuen Organisation von Plattformen stammt von keiner Einzelperson, sondern ganz im Sinne des Fediverse selbst, ein Kollektiv von Personen und eine Gemeinschaft von Entwickler:innen und Nutzer:innen, die eine neue Art der Social-Media-Kommunikation gesucht haben. Sie stören sich an den kommerziellen Plattformen wie Twitter, Facebook & Co. und wollen ein offenes, dezentralisiertes und nutzergesteuertes Internet erschaffen. Partner:innen dieser Gemeinschaft sind die Organisationen Free Software Foundation und Electronic Frontier Foundation, die sich für die Förderung und Entwicklung freier und quelloffener Software und den Schutz der Privatsphäre im Internet einsetzen.

Zu den bekanntesten Personen der Fediverse-Gemeinschaft zählen die Entwickler Evan Prodromou, der das Netzwerk StatusNet (später GNU Social) mitbegründet und das ActivityPub-Schlüsselprotokoll 2010 zusammen mit Chris Webber entwickelt hat. Ebenfalls eine wichtige Rolle spielt Mike Macgirvin als Hauptentwickler des Netzwerkes Friendica und Erfinder des Zot-Protokolls. Weitere bekannte Persönlichkeiten der Fediverse-Gemeinschaft sind Entwickler:innen der beliebtesten dezentralen Social-Media-Plattformen Mastodon, Pleroma und Diaspora, um an dieser Stelle ein paar Föderalisten:innen zu nennen.

Fediverse vs. Metaverse?

Das Fediverse und das Metaverse sind zwei unterschiedliche, übergeordnete Konzepte in der Welt der Online-Netzwerke. Ganz konkret: Das Fediverse ist ein Netzwerk verschiedener dezentraler Social-Media-Plattformen, die durch Kommunikationsprotokolle miteinander verbunden sind. Das Metaverse bezeichnet einen virtuellen Raum, in dem sich Nutzer:innen treffen und durch verschiedene immersive Apps miteinander interagieren. Das bezieht sich – anders als das Fediverse – nicht nur auf soziale Medien und die Kommunikation der Nutzer:innen, sondern auf die Online-Interaktion insgesamt (Entertainment, Forschung, Bildung, Handel etc.) und soll das Internet künftig verändern. Das Metaverse soll eine einzigartige und ganzheitlich transformative Erfahrung bieten, befindet sich jedoch derzeit noch in der Entwicklung. Ja, theoretisch wäre es möglich, dass Fediverse innerhalb des Metaverse zu finden, um die Komplexität dieses Themas noch unnötig weiter zu erhöhen. Das Fediverse und das Metaverse sind beides innovative Konzepte, die unterschiedlichen Zwecken dienen und den Nutzer:innen unterschiedliche Erfahrungen bieten. Wer mehr über das Metaverse erfahren möchte, findet in dem Artikel der Havard Business Review interessante Informationen.

Freiheit bedeutet auch, Verantwortung für sich selbst zu tragen

Der Kern dieses neuen Modells ist Freiheit. Freiheit über seine eigenen personenbezogenen Daten, Freiheit über die Wahl der Plattform und somit der unterzuordnen Gemeinschaftsregeln und Freiheit über die eigene Timeline, da die meisten dezentralisierten Plattformen auf den Einsatz von Algorithmen verzichten.

Diese Freiheit bringt Vorteile und fördert eine größere Vielfalt und Innovation innerhalb der sozialen Medien. Aber sie bedarf auch eine entsprechendes technischen Know-hows seitens der Nutzer:innen und eine Eigenverantwortung beim Schutz der eigenen personenbezogenen Daten. Man kann argumentieren, dass die Hoheit über die eigenen Daten der Privatsphäre zugutekommt und Nutzer:innen die Wahl haben, welche Plattformen sie nutzen wollen, welchen Administrator:innen sie den Umgang mit ihren Informationen anvertrauen und welchen Regeln sie sich unterordnen möchten, ohne ganz aus dem Fediverse ausgeschlossen zu werden. Dazu braucht es allerdings, wie bereits erwähnt, ein hohes Maß an technischem Know-how, Zeit und eigener Kontrolle. Zudem ist unklar, wer verantwortlich ist und zur Hilfe eilt, sollte doch einmal jemandes Privatsphäre und persönliche Daten missbraucht werden. Sind es die Administrator:innen der Plattform, deren Richtlinien man zwar zugestimmt, sie aber vielleicht überlesen hat? Eine übergeordnete Behörde gibt es nicht.

Das zweitstärkste Prinzip der dezentralisierten Netzwerke gegenüber den kommerziellen Plattformen ist die Meinungsfreiheit. Aber auch das Fediverse scheint keine Lösung für das Dilemma der aktuellen zentralisierten Plattformen gefunden zu haben, Meinungsfreiheit vs. Rechtssicherheit. Es gibt nur plattformspezifische Richtlinien der einzelnen Serveradministrator:innen, die den Umgang innerhalb der Gemeinschaft regeln und gestalten.

Ist das Fediverse interessant für die Unternehmenskommunikation?

Mit Blick auf die Zukunft ist bereits schon lange klar, dass die Bewegungen und der Trend Richtung dezentraler Plattformen wachsen. Sie bieten eine vielversprechende Alternative für alle, die Wert auf Privatsphäre, Freiheit und Innovation bei ihren Online-Interaktionen legen. Derzeit gibt es allerdings wenig Partizipationsmöglichkeiten für Unternehmen. Das Fediverse sowie das Metaverse befinden sich beide noch in den frühen Stadien ihrer Entwicklung und es bleibt abzuwarten, welche Möglichkeiten Marketer:innen und Kommunikatoren:innen für sich entdecken und nutzen werden. Werbung im klassischen Sinne bspw. ist im Fediverse derzeit nicht so weit verbreitet wie auf zentralisierten Social-Media-Plattformen.

Aber ein paar erste Werbeoptionen für Unternehmen und Organisationen sind auch im Fediverse erhältlich. Zum Beispiel bietet die Social-Media-Plattform Mastodon als „Anti-Twitter“-Netzwerk die Funktion „Promoted Posts“, die es Nutzer:innen ermöglicht, für die erhöhte Reichweite der Posts zu bezahlen. Ähnlich bietet die Fediverse-Plattform Pleroma die Funktion „Featured Posts“ an.

Sollten sich Unternehmen dazu entscheiden, ihre Marketingaktivitäten auf das Fediverse auszuweiten, sollte man nicht vergessen, dass das Konzept des Ferdiverse transparent, organisch und eigentlich werbefrei ist. Zumindest ist das Targeting aufgrund des erweiterten Schutzes der Privatsphäre der Nutzer:innen eine Herausforderung. Nutzer:innen können aufdringliche Inhalte auf verschiedenen Plattformen melden und zum Beispiel blockieren sowie stummschalten.

Nur wer seine Zielgruppe bei den „Innovators“ neuer Technologien sieht, wäre hier genau richtig. Ebenfalls ist dies ein spannender Ort, um neue Innovationen im Blick zu behalten und ihren Entwicklungsstand einzuschätzen.



Über die Autorin:
Juliana Kunterding ist Online Communication Managerin bei Landau Media. Zuvor war sie u.a. für die Online-Kommunikation der Friedrich-Naumann-Stiftung und im Bereich Public Affairs bei der Agentur Storymachine GmbH tätig. Seit geraumer Zeit verstärkt Juliana Kunterding den Bereich CorpComms bei Landau Media.