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So war’s auf der re:publica 2019

Foto: Stefanie Loos/re:publica

Die Medien- und Netzkonferenz re:publica 2019 rückte das WORT in den Mittelpunkt der Betrachtung. Dabei warf schon die Abkürzung tl;dr, die als eine Art Überschrift fungierte, jede Menge Fragen auf. Jens Stoewhase fasst ganz subjektiv ein paar mögliche Antworten zusammen, die er für sich gefunden hat.

Der Rahmen der #rp19, wie sie liebevoll verhashtagt wird, könnte nicht mehr auf das Dilemma des geschriebenen Wortes hinweisen: tl;dr und das ist die Abkürzung für „Too long; didn’t read“.

PODCASTS

Es verwunderte mich deshalb nicht, als ich im Programm zahlreiche Live-Podcasts sowie Diskussionen und Vorträge zum Thema Podcasting fand. Die angeschlossene Media Convention Berlin – auf der sich die MacherInnen der angestammten Medienwelt trafen – war ebenfalls mit Podcast-Themen gespickt. Und auch die TINCON, die Konferenz für Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 13 und 21 Jahren, hatte das Thema Podcast im Programm. Fazit? Eine große Zahl von MacherInnen glaubt an das Thema. Der Bertelsmann-Konzern hatte bereits im Vorfeld bekannt gegeben, seine Audio-Kompetenzen im RTL-Radio-Umfeld zu sammeln. Verschiedene Player berichteten über die Herausforderungen, das Thema Geschäftsmodell in den Griff zu kriegen. Gleichzeitig wurde klar: Audio wird wachsen, insbesondere durch die vernetzten und intelligenten Lautsprecher und Assistenzsysteme aus den Häusern Amazon, Apple und Google.

MOBILITÄT

Darüber hinaus zeigte sich auf der re:publica 2019 auch, dass das Thema Mobilität – insbesondere in Städten – ein Bereich ist, der breiter diskutiert und auch wahrgenommen wird. Dabei ging es viel um Empowerment. Menschen wollen demnach den Autoverkehr in Städten zurückdrängen und den gewonnenen Platz für emissionsfreie Mobilität aber auch mehr Platz für Freizeitgestaltung und neuen Wohnraum genutzt wissen.

SASCHA LOBO

Die Thematisierung der Mobilität stand dabei immer wieder im Kontext des Klimawandels. Sascha Lobo, gern mal der Klassensprecher der re:publica genannt, hielt wohl einen seiner fast jährlich stattfindenden Vorträge. Er erklärte innerhalb einer guten Stunde, wie Public Affairs, Puplic Relations und generell Kommunikation dabei eine wichtige Rollen spielen, wenn Themen etabliert oder mit einer anderen Deutung aufgeladen werden sollen. Lobos Keynote sei hiermit eine meiner persönlichen Empfehlungen. Selbst wenn man kein Fan des Vortragsredners und Autors ist, er zeigt auf so vielen Ebenen, wie man ein Thema sorgfältig und pointiert aufbereiten kann.

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ASTRO ALEX

Ebenfalls pointiert war auch der Auftritt des Astronauten Alexander Gerst, der mit Chiara Manfletti die Präsidentin der portugiesischen Raumfahrtagentur und Jan Wörner, den Generaldirektor der ESA (European Space Agency) mit auf die Bühne brachte. Gerst bewies gemeinsam mit seinen KollegInnen, wie sehr sich die Weltraumforschung als perfektes Tool für die Wissenschaftskommunikation eignet. Und es zeigte sich, dass es Galionsfiguren braucht, die auch die aktuellen Themen auf dem Schirm haben. Von Frauen in der Raumfahrt, über die Begeisterung von Kindern und Jugendlichen für eine fundierte wissenschaftliche (MINT-)Ausbildung bis hin zum Klimawandel – Manfletti, Gerst und Wörner setzten passende Akzente.

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MEINE MOTIVATION

Die re:publica ist seit ihrer Gründung eine Veranstaltung, auf der ich mich jedes Jahr vergewissere, ob ich mit meinen Gedanken und Mutmaßungen zu Topics in der Kommunikationsarbeit und der sich stark durch Technologie verändernden Medienwelt richtig liege oder zumindest noch auf Kurs bin. Gleichzeitig bietet die Konferenz auch jede Menge Input, um neue Themen zu identifizieren. So dürfte Empowerment des einzelnen Menschen mit der Option auf Vernetzung für Forderungen nach gesellschaftlichem Wandel ein Themenfeld sein, das die kommenden 12 bis 24 Monate verstärkt thematisiert wird. In verschiedensten Formaten wurde gezeigt, wie man vom Hashtag, über das Schaffen und Nutzen von digitalen Plattformen bis hin zu theaterähnlichen Veranstaltungsformen die eigenen Themen vorantreiben kann.

KLIMAWANDEL

Apropos Theater: Hier sei auf „vollehalle – die Klimashow, die Mut macht.“ hingewiesen. Innerhalb einer Stunde werden Theater-, Video- und Vortragselemente verwoben und sollen dem Publikum den Horizont in Bezug auf das eigene Verhalten aufzeigen und klimafreundliche Alternativen schmackhaft machen. Das ist schon deshalb erfrischend, weil es eben kein weiteres Talk- oder Vortragsformat ist. Hier agieren vier Personen auf der Bühne und das mit großer Überzeugung für die Sache.

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DER WUNSCH NACH MEHR DISKURS

Eins blieb wohl für einige TeilnehmerInnen der re:publica auf der Strecke. In zahlreichen Gesprächen hörte ich den Wunsch nach mehr Diskurs heraus. Ein Radiokollege, der zum ersten Mal auf einer re:publica war, fasste es in etwa so zusammen: Man klopft sich hier an vielen Stellen zu sehr auf die Schulter, weil man im Prinzip schon gleicher Meinung ist. Mir selbst fiel das gar nicht mehr so auf, aber das liegt wohl an einer gewissen „Stammbesucherblindheit“. Im Nachgang muss ich dem Radionkollegn zustimmen: Diskurs habe ich auf den Bühne nicht wirklich wahrgenommen.

POLITIK & MEDIEN VOR ORT

Über politische Prominenz konnte sich die re:publica auch in diesem Jahr nicht beschweren. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier lieferte zur Eröffnung das Grußwort. Mit gleich drei MinisterInnen – Familienministerin Franziska Giffey, Arbeitsminister Hubertus Heil und Umweltministerin Svenja Schulze – gab sich gefühlt die halbe Bundesregierung die Klinke in die Hand.

Dementsprechend verwundert es nicht, dass die re:publica eine der Konferenzen im deutschsprachigen Raum mit der stärksten medialen Berichterstattung sein dürfte. Allein die Zahl von 930 akkreditierten MedienvertreterInnen spricht für sich.

RP VS. OMR?

Vor der Veranstaltung gab es Befürchtungen, die re:publica müsse gegenüber den gleichzeitig in Hamburg stattfindenden Online Marketing Rockstars (OMR) zurückstecken und es wären Einbußen beim Publikum zu befürchten. Diesen Eindruck kann ich nicht bestätigen. Offenbar liegen re:publica- und OMR-Publikum nicht so stark übereinander. Trotzdem werden sich KollegInnen freuen, die 2020 gern an beiden Veranstaltungen teilnehmen wollen: Die Berliner Konferenz findet vom 6. bis 8. Mai 2020 statt, die OMR am 12. und 13. Mai 2020.

OVER AND OUT

Das Schlusswort hat für mich Christian Maria Brandes, den man besser unter seinem Künstlernamen Schlecky Silberstein kennt: „Du kannst mit deiner eigenen Eitelkeit in Kontakt treten.“ Das war sein Statement auf den Hinweis des Journalisten und Moderators Louis Klamroth, der im Bühnengespräch Brandes’ Forderung nach einem Social-Media-Verbot für PolitikerInnen konterte mit: „Damit [Social Media] kann ich so gut mit den Bürgerinnen und Bürger in Kontakt treten.“

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Wie die re:publica und die OMRs in den sozialen Medien wahrgenommen wurden, das lesen Sie in den Analysen unseres Herausgebers Landau Media: rp19-Analyse >> & OMP19-Analyse>>

Über den Autor:
jst-autorenbildJens Stoewhase ist Geschäftsführer der Rabbit Publishing GmbH, die das Onlinejournal medienrot.de im Auftrag von Landau Media betreibt. Dabei ist er auch immer wieder als Produzent von Podcasts aktiv. Bis Ende 2011 betreute er selbst u.a. die digitalen Aktivitäten zahlreicher kommerzieller Kinder- und Jugendmagazine und YPS. Stoewhase arbeitete vorher jahrelang für den Onlinebereich der TV-Serie „Gute Zeiten, Schlechte Zeiten“, als Freelancer im Musikbereich und entwickelte Konzepte für digitale Angebote im Entertainmentsegment. Der Autor ist Mitglied der SPD.