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Arbeitsrecht, Employer Branding und SoMe – Interview mit Dr. Kara Preedy

Foto: Fotolia/kwarner
Foto: Fotolia/kwarner

Bereits 2014 verfasste Dr. Kara Preedy als Co-Autorin in dem Fachbuch „Personalmarketing für die Generation Internet“ den Beitrag „Arbeitsrecht (be)trifft Employer Branding. Glaubwürdigkeit von Social Media bis Arbeitsvertrag“. Es ist kein neues und dennoch immer noch ein Randthema, dass das Zusammenspiel von Employer Branding und Arbeitsrechtlern sinnvoll ist. Warum das so ist und wieso Arbeitsrecht bei Weitem nicht so theoretisch sein muss, wie es für den Laien oft scheint, zeigt sich im Interview mit Frau Dr. Kara Preedy.

Sie ist Partnerin bei Pusch Wahlig Legal in Berlin und wird als einer der in Deutschland führenden Arbeitsrechtsspezialisten von Chambers Europe, International Who´s Who Legal, Best Lawyers und dem Handelsblatt empfohlen. Zudem hält sie regelmäßig Vorträge und Seminare im In- und Ausland zu Fragen des deutschen und europäischen Arbeitsrechts.

Frau Dr. Preedy, aus aktuellem Anlass eine Frage vorab: Ist es legal – wie in letzter Zeit wiederholt vorgekommen –, dass ein Unternehmen Angestellten kündigt, wegen z.B. rechtsradikalen oder homophoben Einstellungen, die sie auf privaten Social-Media-Kanälen posten?
Dr. Kara Preedy: Eine Kündigung wegen z.B. rechtsradikaler Äußerung kann rechtmäßig sein. Wie immer im Arbeitsrecht hängt dies aber von der genauen Art und der Massivität der Äußerung, vom genauen Rahmen, in dem gepostet wurde, und immer auch von einer Einzelfallabwägung ab. Grundsätzlich gilt, eine wirklich private Äußerung – daheim am Frühstückstisch – berechtigt den Arbeitgeber nicht zur Kündigung, bei Postings in Social-Media-Kanälen kann das durchaus anders sein.

In Ihrem Beitrag im Buch „Personalmarketing für die Generation Internet“ (2014) sagen Sie: „Große Freiheit im Netz setzt jegliche Absicherungsmechanismen (für Unternehmen) außer Kraft“. Was verstehen Sie aus rechtlicher Sicht darunter?
Dr. Kara Preedy: Das ist weniger ein rechtliches, als vielmehr ein Kommunikationsthema. Das Unternehmen beherrscht sehr viel weniger als früher die Informationen, die ein Bewerber erhält. Dafür sorgen die freie Kommunikation und der Austausch im Netz. Das birgt Risiken – wenn z.B. Fehlinformationen von enttäuschten Mitarbeitern oder Bewerbern ungefiltert verbreitet werden –, aber vor allem Chancen, einen „echten“, glaubwürdigen Eindruck zu vermitteln und damit die richtigen Leute für die richtige Position zu finden.

Was sind die größten Fallstricke, über die das Employer Branding eines Unternehmens im Social Web stolpern kann?
Dr. Kara Preedy: Der größte Fallstrick ist eine fehlende Glaubwürdigkeit. Employer Branding sollte kein aufgesetztes Marketing sein, sondern ein glaubwürdiger Ausdruck der Unternehmenskultur. Das bedeutet, dass man entscheiden muss, womit man werben kann und will. Und das wiederum erfordert eine inhaltliche Diskussion über die Unternehmenskultur und das, was man als Arbeitgeber anbieten will.

Wenn man Familienfreundlichkeit propagiert, sollte man vorher klären, was das für das Unternehmen bedeutet und wie weit man dabei gehen kann. Kann jede/r Teilzeit arbeiten? Wie viel Unterstützung bietet das Unternehmen in Notfällen? Können Männer ebenso wie Frauen in Elternzeit gehen und was bedeutet das für Aufstiegschancen? Das muss vorher geklärt werden – denn unglaubwürdige Versprechen halten im Social Web nicht lange. Diese Entscheidungen aber sind etwas – und das halte ich für entscheidend –, was das Management mittragen muss. An der inhaltlichen Klärung muss die Leitungsebene aktiv beteiligt sein – Employer Branding in diesem Sinne ist echte Chef-Sache.

Welche Möglichkeiten hat ein Unternehmen, wenn ein frustrierter (ehemaliger) Mitarbeiter anonym Unwahrheiten bei kununu und co. verbreitet?
Dr. Kara Preedy: Wenn es nicht ganz massive Unwahrheiten sind, sind rechtliche Instrumente eher fehl am Platz. Ich empfehle, solche Äußerungen entweder schlicht zu ignorieren oder sachlich darauf zu antworten. Bei einer sachlichen Antwort hilft es, sie vorher einem neutralen Dritten zur Prüfung zu geben – denn was man selbst für sachlich hält und wie sachlich es bei anderen ankommt, liegt in meiner Erfahrung oft auseinander.

Ihr Abschlussplädoyer: Warum sollten Arbeitsrecht und Employer Branding in Zeiten von Social Media untrennbar zusammengehören?
Dr. Kara Preedy: Der Umgang mit Arbeitsrecht ist auch Teil der Unternehmenskultur. Es bildet den rechtlichen Rahmen, in dem sich das Arbeitsleben abspielt. Wie man die Instrumente des Arbeitsrechts nutzt, prägt dabei die Zusammenarbeit entscheidend. Dabei kann ein Unternehmen Vertrauen bilden oder zerstören. In Zeiten von Social Media wird auch das transparent.

In den meisten Unternehmen fehlt das Bewusstsein, dass Arbeitsrecht für das Employer Branding relevant ist: Aber wer „A“ sagt, und „B“ regelt“, verliert an Vertrauen und Glaubwürdigkeit. Das Arbeitsrecht als Teil des Employer Branding zu nutzen bedeutet daher: Wie real und wie ansprechend sind meine Arbeitsverträge – sind sie Ausdruck der gelebten Zusammenarbeit oder sichern sie nur misstrauisch und juristisch gegen Mitarbeiter ab? Bedeuten Diskriminierungsverbote nur, dass man nicht mehr über die wirkliche Gründe für Absagen spricht oder wird dadurch das Verfahren transparenter? Ist der Umgang mit dem Betriebsrat von Wertschätzung geprägt? Wie fair laufen Trennungsprozesse ab?

Ich bin überzeugt, dass die Einbindung von Arbeitsrechtler in das Employer Branding eine echte Chance ist, sich vom Markt abzusetzen und als rundum authentischer Arbeitgeber wahrgenommen zu werden.

Vielen Dank für diese Einblicke Frau Dr. Preedy.

Über den Autor:
Prof. Dr. Martin GrotheProf. Dr. Martin Grothe ist geschäftsführender Gesellschafter der complexium GmbH und Honorarprofessor an der Universität der Künste Berlin. Er ist Vorstand des Deutschen Competitive Intelligence Forums dcif e.V., Beirat von Quality Employer Branding Queb e.V., der dotBERLIN-Initiative, und Dozent am Institute for Competitive Intelligence ICI. Alma Mater ist die Wissenschaftliche Hochschule für Unternehmensführung WHU.
Im September 2014 erschien das neuste Fachbuch “Personalmarketing für die Generation Internet” von Prof. Dr. Martin Grothe.

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