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Fragen, Fragen, nichts als Fragen: Die Employer Value Proposition

In der ersten Folge unserer Reihe zum Employer Branding waren wir stehengeblieben bei der Frage aller Fragen: Warum um alles in Welt soll ich in Ihrem Unternehmen arbeiten? Das vertrackte an dieser Frage ist, dass alle naheliegenden Antworten nicht wirklich zielführend sind, wenn Sie BewerberInnen – und übrigens auch MitarbeiterInnen – überzeugen wollen. Denn Geld verdienen kann man als fähige Fachkraft überall, tolle Teams gibt’s wie Sand am Meer und spannend ist jede Aufgabe in jedem Unternehmen. Die Antwort auf diese Master-Frage ist also komplexer. Man nennt Sie Employer Value Proposition und findet sie nach eingehender Analyse:

1. Finden Sie heraus, wie Sie als Arbeitgeber auf dem Arbeitsmarkt wahrgenommen werden. Die einschlägigen Bewerbungs- und Arbeitgeberbewertungsportale wie kununu, Jobvote, Companize oder Glassdoor geben einen recht ungefilterten Eindruck. Wenn das nicht reicht, lassen sich natürlich immer noch tiefer gehende Studien anfertigen. Sie sollten herausfinden, mit welchen Eigenschaften Sie wahrgenommen werden. Wird schnell entschieden in Ihrem Unternehmen, oder wird bis ins Letzte analysiert? Sind sie ein familienfreundlicher Arbeitgeber? Wie schaut‘s mit Betriebsklima, Gleichberechtigung und Entwicklungsmöglichkeiten aus? Nehmen Sie die Kritik ernst, Sie können das, was dort geschrieben steht, jetzt eh nicht mehr ändern. Warum es also nicht nutzen, um besser zu werden?

2. Wenn Sie sich durch diese Portale gearbeitet haben, stellt sich die nächste Frage von ganz allein: „Wieso kommen meine MitarbeiterInnen eigentlich jeden Tag zur Arbeit?“ Sie erheben also, was die KollegInnen, die Sie schon an Bord haben, eigentlich an ihrem Arbeitgeber mögen. Irgendwas scheinen Sie ja richtig zu machen. Hier helfen Mitarbeiterbefragungen und Interviews.

3. Damit können wir die Selbstbeschäftigung beenden und uns einmal mit Ihrem Wettbewerb befassen. Wer ist eigentlich Ihr Wettbewerber? Achten Sie darauf, dass Sie nicht den Absatzmarkt, sondern den Arbeitsmarkt betrachten, denn da haben Sie im Zweifel völlig andere Wettbewerber. Wohin wandern Ihre Besten ab und wo unterschreiben die BewerberInnen, von denen Sie so begeistert waren?

4. Und jetzt schauen Sie sich an, wie Sie sich in diesem Wettbewerb – und nicht umsonst spricht man auch vom War for Talent – abheben können. Was macht Sie als Arbeitgeber einzigartig, was die KandidatInnen, die Sie wollen, auch suchen?

Diese Erkenntnisse lassen sich am besten verdauen, wenn man sie in einer SWOT-Analyse (Strengths, Weaknesses, Opportunities, Threats) darstellt. Gruppieren Sie also Ihre Antworten nach Stärken, Schwächen, Chancen und Gefahren und schon sehen Sie klarer, wo Sie stehen. Sie werden natürlich Ihre Stärken voll ausspielen, Ihre Schwächen beheben, Ihre Chancen realisieren und sich für die Gefahren wappnen.

Wir haben nun schon ein hervorragendes Bild davon, wo Sie auf dem Arbeitsmarkt stehen. Stehen Sie für flache Hierarchien oder fest definierte Prozesse und Strukturen? Arbeiten Sie in dynamischen Projekten oder wird eher an langfristigen Themen gewerkelt? Kann man sich selbst verwirklichen oder Teil eines großen Ganzen werden? Nun gilt es noch, das zu verdichten – zu einem einzigen oder maximal zwei Sätzen – und sie haben Ihre ganz eigene Employer Value Proposition. Das, was Sie Mitarbeitern im Tausch gegen ihre Arbeitskraft bieten.

Herzlichen Glückwunsch, Sie haben Ihre Employer Value Proposition. Mit der können Sie natürlich noch nichts anfangen. Was genau Sie mit ihr machen können und wie Sie sie bei der Gewinnung und Bindung von MitarbeiterInnen nutzen können, lesen Sie in der nächsten Ausgabe, wenn es endlich ans Eingemachte geht: Werden Sie der Arbeitgeber, der Sie immer sein wollten, sich aber nie zu werden getraut haben!

s-dietrichÜber den Autor: Sebastian Dietrich studierte Politik und Publizistik und arbeitet seit 10 Jahren an der Schnittstelle von HR und PR. Er schreibt bei medienrot ab jetzt über die magische Welt des Employer Brandings.