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Wolodimir Selenski – wie der ukrainische Präsident mithilfe sozialer Medien wichtige Aufmerksamkeit für sein Land generiert

Titelbild: Medienanalyse Informationskried 2.0 Social Media Analyse Wolodimir Selenski Landau Media 2022

Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine läuft seit dem 24. Februar 2022. Mit dem Beginn dieses Überfalls wurden die sozialen Medien noch großes Stück wichtiger, wenn es um den Einfluss auf das öffentliche Meinungsbild geht. Wie der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski die sozialen Medien seit Kriegsbeginn nutzt, haben die MedienanalystInnen von Landau Media für das pr magazin ausgewertet.

In den Wochen vor dem russischen Angriff postete Wolodimir Selenski deutlich weniger und erhielt auch weniger Resonanz auf seine Posts in den sozialen Netzwerken. Das änderte sich schlagartig seit dem Einmarsch der Russen in die Ukraine. Der Präsident des Landes hat seine Social-Media-Aktivitäten deutlich hochgefahren und mit der weltweit gestiegenen Aufmerksamkeit für die Ukraine und seine Person, auch die Reichweiten stark ausbauen können.

Im Kern ist Selenski bei den drei Netzwerken Instagram, Twitter und Telegram aktiv. Zu Beginn des Krieges veröffentlichte er täglich etwa 11 Posts bei Twitter, acht bei Instagram und etwa sechs Beiträge bei Telegram.

Mit Abschluss der Messung am 16. März 2022 konnte Wolodimir Selenski mit seinem Team gleich mehrere Millionen an neuen NutzerInnen auf seinen drei Profilen gewinnen.

„Ihm nützen seine besonderen Fähigkeiten, Leute anzusprechen und vor großem Publikum zu reden, jetzt sehr. Er schafft es, die Leute auf einer ein- fachen Ebene abzuholen“, so erklärte Tim Peters, Leiter des Auslandsbüros Ukraine (Kiew) der Konrad-Adenauer-Stiftung, im Gespräch mit dem Nachrichtenportal watson den starken Zuwachs. Gleichzeitig attestierte Peters eine durchdachte Kommunikationsstrategie des Präsidenten und seines Teams.

Insgesamt setzte Selenski vermehrt in Videoansprachen direkt an die eigene Bevölkerung, aber adressierte auch Videobotschaften in Richtung Russland und Regierungen der westlichen Welt. Während er die eigenen Landsleute informierte und ermutigte, appelierte er an die russische Bevölkerung und ausländische Regierungen bat er um Hilfe. Offenbar hat das die ihm folgenden Menschen stark berührt, eine ums Zehnwache gestiegene Engagmentrate lässt diese Schlussfolgerung zu.

Das Team Selenski scheint dabei ganz klar die Vorteile der verschiedenen Kanäle eingesetzt zu haben. So nutzte man Instagram, um in persönlichen Videobotschaften des Präsidenten über die aktuelle Lage zu berichten und reale Eindrücke der Zerstörungen zu teilen. Dem Account des Präsidenten folgten auf Instagram im März 2022 15 Millionen Acoounts.

Twitter nutzte Selenski überwiegend als Informationskanal. Er berichtete nahezu täglich über die aktuelle Lage in der Ukraine, bedankte sich bei anderen Präsidenten und Regierungen für ihre Unterstützung. Außerdem berichtete er über neue Vereinbarungen mit anderen Nationen. Hier ging sowohl die Schlagzahl seiner Posts deutlich nach oben als auch die entsprechende Reichweite und die Engagementraten.

Ganz ähnlich sieht es bei Telegram aus. Der ukrainische Präsident hatte die Zahl seiner Beiträge auf dem Kanal seit Kriegsbeginn verdoppelt. Hier scheint es, dass er sich insbesondere mit eindringlichen Bildern und Botschaften an die UkrainerInnen gewandt hat und gleichzeitig damti auch andere Nationen adressieren wollte. Bis zum Ende des Untersuchungszeitraumes konnte die Abonnentenzahl des präsidialen Telegram-Accounts um das Zwanzigfache erhöht werden.

In Summe erreichten die verschiedenen Beiträge über 22 Millionen Accounts auf den Social-Media-Plattformen. Gleichzeitig sind sie offenbar auch dankbares Material für die Medienberichterstattung gewesen. Seine Äußerungen, Forderungen und Appelle in den Netzwerken wurden häufig von JournalistInnen weltweit aufgegriffen und zitiert.

Entsprechend groß waren die Spillover-Effekte. So wurde in 8.000 Online-Artikeln Bezug auf Tweets des Präsidenten genommen. Hier dürfte von Vorteil sein, dass die internationale Presse auf englischsprachige Tweets von Selenski zurückgreifen konnte.

Auf Telegram-Nachrichten wurde immerhin noch in 3.000 Online-Berichten verwiesen. Seine eher in ukrainischer Landesprache gehaltenen Instagram-Videobotschaften wurden dann nur noch in knapp 500 Beiträgen verwertet.

Speziell in den Medien in der Schweiz, Österreich und Deutschland wurden besonders viele Beiträge von Selenski aufgegriffen. Offenbar konnte Selenski damit einen Teil der medialen Nachfrage nach Inhalten aus dem Kriegsgebiet „stillen“, denn es fehlte wohl an eigenen KorrespondentInnen, wie zu dieser Zeit häufige kritisiert wurde. Gleichzeitig dürfte der Präsident des überfallenen Landes als dankbare Quelle für die JournalistInnen gelten.