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Wofür interessieren sich Medien? So werden Pressemitteilungen zu Nachrichten

Stock Foto: Journalistin Computer Newsroom
Foto: © AdobeStock / fedorovekb
Journalistin Computer Newsroom
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Die Kür der Pressearbeit bzw. Medienarbeit ist es, vermeintlich sachliche Informationen als relevante Nachricht in den Medien zu platzieren. Denn Öffentlichkeitsarbeit ist am wirksamsten, wenn die Geschichten von den Massenmedien aufgegriffen werden. Je höher die Reichweite des Mediums, desto größer die Wirkung der Medienarbeit, das ist klar. Pressemitteilungen sind nach wie vor ein effizientes Instrument, um Journalist:innen zu informieren. Damit Medienschaffende die Information aufgreifen und veröffentlichen, muss sie einige Kriterien erfüllen. Eine effektive Pressemitteilung informiert daher nicht nur, sondern macht neugierig und schafft Aufmerksamkeit.

Der psychologische Effekt – Was Nachrichten mit uns machen

Die Berichterstattung durch externe Medien und nicht dem Unternehmen selbst schafft Vertrauen und Glaubwürdigkeit bei den Kund:innen bzw. Rezipient:innen, was ebenfalls auf das Markenbild in der Öffentlichkeit einzahlt. Welche weiteren Auswirkungen das haben kann, untersuchen Kommunikationswissenschaftler:innen seit vielen Jahren. Eines der von ihnen entdeckten Phänomenen ist der Bandwagon-Effekt. Dieser Effekt beschreibt den Umstand, dass Meinungen, Ideen, Überzeugungen etc. verstärkt werden, je mehr Menschen bereits diesen Ideen etc. anhängen. Den Namen verdankt dieser Umstand dem ihm zugrunde liegenden Experiment – eine unschöne Beschreibung wäre hier Mitläufereffekt.

Was die Kommunikations- und Sozialwissenschaftler:innen ebenfalls herausgefunden haben ist, dass die Auswahl von Nachrichten subjektiv ist. Wird ein Ereignis in den Massenmedien aufgegriffen, wird es zwar hervorgehoben. Je mehr darüber berichtet wird, desto wichtiger scheint es zu sein. Das bedeutet nicht, dass die öffentliche Wahrnehmung alles glaubt, was in den Nachrichten erscheint oder dass die Information/ Botschaft von den Rezipient:innen aufgenommen wird (Kognitive Dissonanz). Vielmehr bedingt sich die Themensetzung gegenseitig. Die mediale Agenda trifft auf die öffentliche Meinung und vereinigt sich zum gesellschaftlichen Interesse. Dieser Kreislauf führt sich stetig fort. Dank Social Media ist ein weiterer Weg der Entstehung von Themen im öffentlichen Interesse entstanden. Durch individuelle Äußerungen von Einzelpersonen, sog. Meinungsführern, die nämlich zunächst in einer Gruppe und dann über die Gruppe hinaus verbreitet werden (Ripple Effect). Oft zu beobachten ist, dass diese Themen in kleinen Gruppen und auf einem Medium beginnen und ab einer gewissen Größe sein ursprüngliches Medium verlässt und von anderen Medien und Gruppen und sogar von traditionellen Massenmedien aufgegriffen und verstärkt wird (Reversed Agenda Setting). An diesem Punkt erreicht es auch Gruppen, die sich hauptsächlich über traditionelle Medien informieren oder sich für andere Themen interessieren. Ein Beispiel hierfür ist der Kolumnist und Content Creator Rezo. Über seine YouTube-Videos wird medial übergreifend berichtet. Ein anderes Beispiel findet sich regelmäßig in der Berichterstattung der Tagesschau, die in ihren Nachrichten oft Tweets von X (vormals Twitter) als Quelle nennt.

Wann ist eine Nachricht, eine Nachricht?

Viele Kommunikationswissenschaftler haben versucht, dieser Frage auf den Grund zu gehen, um die redaktionelle Arbeit der Medienschaffenden zu entschlüsseln und die Mechanismen des Journalismus offenzulegen. Laut Walter Lippmann (1922, Public Opinion) ist jedes Ereignis, über das gesprochen wird, eine Nachricht. Aber natürlich sind auch Redaktionen performance-orientiert und wollen gegenüber ihren Wettbewerbern eine große Reichweite und viele Klicks. Daher schafft es nicht jedes Ereignis als Nachricht in den Redaktionen aufgenommen zu werden. Ein Ereignis/ Pressemitteilung hat allerdings eine hohe Chance als Nachricht von Journalisten:innen aufgegriffen zu werden, wenn sie folgende Faktoren erfüllt:

Mehrwert/ Relevanz:
Es braucht einen Mehrwert (News Value). Ereignisse weltweiter Tragweite und Bedeutung werden in allen relevanten Massenmedien aufgegriffen. Etwas Unerwartetes ist immer interessanter als das Vorhersehbare und eine Nachricht wert. So zu sehen bei der Nachricht über die Entwicklung von Computer Vision Systeme der BASLER AG in der WELT. 

Einfachheit:
Die Information muss einfach erklärt und eindeutig sein. Eine einfache Headline auch bei komplexen Themen und Vorgängen macht die Nachricht für ein breites Publikum zugänglicher. Je weniger Interpretationsspielraum, desto klarer eignet sich das Ereignis als Nachricht. König dieser Disziplin ist ganz klar die BILD. So berichtete sie mit der Schlagzeile: „Ich schenke den Mitarbeitern mein Unternehmen“, über die Gründung der Mitarbeiterstiftung des Modeunternehmens Marc Cain.

Identifizierbarkeit/ Personalisierung:
Bekannte Persönlichkeiten aber auch Dinge oder Probleme, mit denen sich jeder identifizieren kann, die jeder kennt und jeder eine Meinung zu hat, können besser von den Rezipienten aufgenommen werden und erzählen bessere Geschichten. Lässt sich das Ereignis auf konkrete Person herunterbrechen?

Emotionalität:
Informationen verankern sich besser im Gehirn, wenn sie mit Emotionen verknüpft sind. Löst die Nachricht eine Emotion bei den Empfängern aus, werden mehr Menschen daran interessiert sein.  Oft werden Geschichten gesucht, die über die gewöhnlichen Unternehmensinformationen hinausgehen.

Aktualität:
Die Frequenz und zeitlicher Abstand spielen ebenfalls eine wichtige Rolle. Informationen, die einen Einfluss auf die Gegenwart und das aktuelle Leben, wie zum Beispiel die Meldung der tagesschau, dass die Lufthansa Deutsche dem Kriegsgebieten Israel fliegen wird, ist nächstes Jahr keine Nachricht mehr.  Sobald diese Ereignisse in der Vergangenheit liegen, verlieren sie ihre Bedeutung hinsichtlich ihres Nachrichtenwertes. Darüber hinaus muss das Ereignis in Nachrichtenlage passen. Handelt es sich nicht um ein größeres Ereignis, ist das Momentum wichtig.

Konsonanz:
Das Ereignis und die Headline müssen ins Weltbild passen. Passt die Nachricht nicht in unsere Ansichten und die aktuelle Informationslage oder widerspricht ihr sogar, greift das Phänomen der kognitiven Dissonanz und die Nachricht wird schlicht ignoriert oder verfälscht.

Trendthemen:
Eine Nachricht wird eine längere Zeit eine Nachricht bleiben. Diese Zeitspanne ist individuell, nicht vorhersagbar und oft stark abnehmend. Doch diese Themen aufzugreifen und auf der Welle mitzuschwimmen, kann sich lohnen. Man kann seine Nachricht in der richtigen Perspektive rücken und einen Fokus setzen. Welche Themen gerade „trendet“, zeigt einem der Blick über die aktuelle Nachrichtenlage. Ob ein Trend dabei gerade seinen Höhepunkt erreicht oder bereits vorbei ist, verrät einem zum Beispiel die GoolgeTrends.

Negativität:
Es ist nicht nur eine gefühlte Wahrheit, sondern viele Studien haben es bestätigt. Schlechte Nachrichten verbreiten sich schneller als gute. Diesel-Gate, Wirecard Skandal und Axel Springer-Affäre: Über Skandale deutscher Unternehmen berichten auch internationale Medien. Teilweise sind sie es sogar, die investigative Recherchen vorantreiben.

Media Relations & der richtige Presseverteiler

Erfüllt die Pressemitteilung einige dieser Kriterien, hat sie gute Chancen, von den Journalisten als Gatekeepern in die mediale Berichterstattung aufgenommen und als Nachricht veröffentlicht zu werden. Denn am Ende entscheidet die Ressortleitung bzw. der Chef vom Dienst, welche Nachrichten einen Nachrichtenwert haben und aufgenommen und verbreitet werden und welche nicht. In der Regel werden Pressemitteilung von dem PR-Team von Unternehmen verfasst und über Online Presseportal, der eigenen Webseite sowie den sozialen Medien veröffentlicht. Möchte man sich nicht auf sein Glück verlassen, sondern strategische und professionelle Medienarbeit leisten, verzichtet man nicht darauf, die Pressemitteilung zusätzlich über seinen eigenen Presseverteiler an die Medienschaffenden zu versenden.

Ein gut gepflegter Verteiler mit einer Dokumentation der Kontaktaufnahme ist wichtig. Wer noch nicht über einen Presseverteiler verfügt oder aktuell dabei ist, sich einen eigenen Presseverteiler aufzubauen, findet Unterstützung bei verschiedenen Media Intelligence Tools. Der Media Account von Landau Media liefert neben den digitalen Clippings die Daten der jeweiligen Redaktion. Neben den Beiträgen finden sich die Kontaktdaten der verschiedensten Medienredaktionen. Pressearbeit erfordert naturgemäß eine enge Zusammenarbeit mit den Medien. Deswegen ist eine gute Kontaktpflege das A und O. Ein gutes Verhältnis zu den Medien kann in Krisensituationen den Unterschied zwischen Schadensbegrenzung und Reputationsschaden ausmachen.

Noch ein Tipp: Journalist:innen müssen schnell, aber gründlich arbeiten. Deswegen ist es hilfreich, die Meldung am besten zu einem Informationsbündel zu schnüren, in dem alle wichtigen Informationen einfach uns sofort auffindbar und überprüfbar sind. Die klassischen W-Fragen – Wer, Was, Wann, Wo und Warum – sollten dabei an den Anfang gestellt werden. Zusätzlich kann man Interviewpartner:innen anbieten und zusätzliche Inhalte in verschiedenen Formaten und Auflösungen zuliefern, um für alle Medien gerüstet zu sein.


(Walter Lipmann, 1992, „Public Opinion“ / Östgaard, 1965, „Factors Influencing the Flow of News“ in: Journal of Peace Resaerch, Vol 2, No1 pp. 39-63 / Johan Galtung und Marie H. Ruge, 1965, „The Structure of Foreign News“.)


 


Über die Autorin:
Juliana Kunterding ist im Bereich Online Communication bei Landau Media tätig. Zuvor war sie u.a. für die Online-Kommunikation der Friedrich-Naumann-Stiftung und im Bereich Public Affairs bei der Agentur Storymachine GmbH verantwortlich. Seit geraumer Zeit verstärkt Juliana Kunterding den Bereich CorpComms bei Landau Media.