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Wenn Personaler in die Zukunft schauen, …

Foto: © Fotolia/Martin Erdniss

… dann wird das eigentlich auch wirklich mal Zeit. Darum machen wir im Januar des neuen Jahres keinen Jahresrückblick, sondern wagen mal den Blick in die Glaskugel Zukunft. Drei Themen werden (hoffentlich) die Debatten in der HR-Szene bestimmen:

Künstliche Intelligenz

Natürlich spielt das Thema künstliche Intelligenz (KI oder auch AI für Artificial Intelligence) auch im HR-Bereich eine große Rolle: So arbeitet ein von Ex-Google-Mitarbeitern gegründetes Unternehmen an einer Lösung, die systematisch die Ergebnisse von Mitarbeiterbefragungen mithilfe von KI durchforstet und so die besten zukünftigen ManagerInnen identifiziert – und ihnen per Email und SMS kleine Hinweise gibt, wie sie zu noch besseren Managern werden können.

Wie bei aller Datenverarbeitung bleibt aber auch bei KI die alte Grundregel bestehen: Shit in, Shit out. Füttert man nämlich die KI und die (vielleicht sogar) selbstlernenden Algorithmen mit falschen Daten, kommen hinten auch keine richtigen wieder heraus. Haben also die EntwicklerInnen schon Vorurteile (Wie wir alle!), werden sich diese in der KI auch wiederfinden und zum massenweisen Einsatz kommen. Zur Sensibilisierung empfiehlt sich zur Lektüre das Buch Weapons of Math Destruction. 

Viele Unternehmen nutzen bereits komplizierte Analysemethoden, um im Bewerbungsverfahren so früh wie möglich die passenden von den unpassenden KandidatInnen zu trennen. Da wird bereits im Matching auf der Website den BewerberInnen geholfen, den richtigen Job zu finden. Aber auch aus den Daten, die das Recruiting-System selbst ansammelt, lassen sich Erkenntnisse gewinnen. Dass dies rechtlich nicht ohne ist, versteht sich von selbst.

Aber nicht nur die Unternehmen, auch BewerberInnen rüsten auf. Der Artikel von Jo Diercks aus dem November zeigt einige Beispiele: So hat bereits ein Entwickler einen Chatbot entwickelt, der sich für ihn mit den zahllosen Headhuntern unterhält, die ihn anschreiben.

Flexibilität

Das Leben war schon immer VUCA, jetzt muss es auch die Arbeit werden. Das Akronym kommt aus dem US-Militär und steht für vier große Trends: Volatilität, Unsicherheit, Komplexität, Ambiguität. Sowohl technologischen als auch gesellschaftlichen Entwicklungen muss von Seiten der Unternehmen immer schneller begegnet werden. Da hilft nur: Flexibilität.

Auch die Politik kommt auf den Trichter und die Forderungen nach einem Recht auf Home Office werden immer lauter. Damit wird es aber sicher nicht getan sein, denn auch dieses Recht wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit den  Heerscharen an ArbeitsrechtlerInnen ein gesichertes Auskommen bescheren.

Aber auch jetzt verschwimmen schon die Grenzen. Die zwischen angestellt und selbstständig zum Beispiel. Die Vier-Tage-Woche lässt Raum und Zeit für Nebenjob, soziales Engagement oder eben freiberufliche Tätigkeiten. Plattformen wie Upwork, auf denen FreiberuflerInnen ihre Dienste anbieten und Unternehmen Projekt ausschreiben, machen Suche, Auswahl, Vermittlung und Abrechnung leichter als Online-Shopping. Aber auch aus heimischen Landen gibt es erste Vermittlungsbörsen wie Bettertalk.to, die das Suchen und Finden erleichtern.

Marginalisierung

Aber natürlich werden auch Menschen auf der Strecke bleiben, die von Flexibilisierung und Digitalisierung wegrationalisiert werden.

KassiererInnen werden schwerlich „Home Office machen“ können, aber sich eher vor dem Supermarkt der Zukunft fürchten, der ohne sie auskommt. Selbst in einem boomenden Start-up zu arbeiten, bietet keine Sicherheit mehr. Der Online-Riese Zalando hat jüngst 250 MitarbeiterInnen im Marketing an die Luft gesetzt – ihre Arbeit macht jetzt Software. Amazon baut die Roboter für seine Lagerhallen und Verteilzentren schon jetzt selbst – 100.000 sind es mittlerweile. Werden all diese Menschen zu Software-EntwicklerInnen umgeschult? Von wem? Auf wessen Rechnung? Was machen wir als Gesellschaft mit all diesen Menschen? Wie viel Agilität hält der Mensch eigentlich aus? Sollte man doch noch über ein bedingungsloses Grundeinkommen nachdenken?

All das sind keine leichten Fragen und die Antworten werden noch viel komplexer ausfallen. Darum freue ich mich auf 2019 und bin gespannt, was dieses Jahr für die Branche bereit hält.


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Über den Autor: Sebastian Dietrich studierte Politik und Publizistik- und Kommunikationswissenschaften in Potsdam und Berlin. Er arbeitet seit über zehn Jahren an der Schnittstelle von Human Resources und Public Relations, auf Agentur- wie Unternehmensseite.