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Warum Unternehmen Facebook-User nicht wie Blogger behandeln

Foto: Robert Basic 2013
Foto: Robert Basic

Robert Basic ist ein Urgestein der deutschsprachigen Blogosphäre. Während die Kommunikationsprofis Blogs erst in den vergangenen zwei Jahren wirklich für sich entdeckt haben, ist Basic schon wieder einen Schritt weiter. Er praktiziert das dezentrale Publizieren auf mehreren sozialen Plattformen, u.a. Facebook. Im folgenden Gastbeitrag macht er sich Gedanken darüber, warum PR-Verantwortliche reichweitenstarke Facebook-User nicht oder kaum in ihren Kommunikationsmix einbinden.

Aufgrund der seit einem Jahrzehnt gewachsenen Strukturen hat es sich durchgesetzt, dass Unternehmen heute auch Blogger in ihrem Kommunikationsmix berücksichtigen. Alle? Nicht alle. Andere Unternehmen sind bei der Blogger-PR extrem auswahlscheu. Auch das spiegelt die Mixtur in der Unternehmenswelt. Noch verstehen sich alle Blogger als redaktionell tätig und wollen auch nicht per se von Firmen informiert, angesprochen und eingeladen werden. Auch das ist klar.

Wie sieht es nun mit – ich nenne sie mal so – “bloggenden Facebook Usern” aus?

Ich selbst bezeichne mich bewusst als ein solcher (alleine der Vergleich der Veröffentlichungsfrequenz Blog vs. Facebook spricht Bände). Ebenso würde ich zahlreiche Facebook-Fanpage-Betreiber als solche bezeichnen. Ob dann unbedingt das Wort “bloggend” ein Attribut sein soll? Natürlich ist das lediglich ein gedanklicher Kniff, der auf redaktionelles Gebaren in neuen Medien hinweisen soll. Wie man es wirklich nennt, ist mir in Abhängigkeit des Trägermediums extrem egal. “Redaktionelles Gebaren” reicht mir persönlich aus, um Analogien zu herkömmlicher und junger Presse herzustellen.

Status Quo ist, dass sich Firmen – wenn sie denn mit jungen Medien PR-technisch kommunizieren wollen – mit Blogs leichter tun. Hin und wieder findet man auch Fälle vor, in denen Twitter-User als Multiplikatoren angegangen werden. Was nicht verwundern muss, da im allgemeinen Verständnis Twitter durchaus als Nachrichtenverteilermedium betrachtet wird.

Aber mit Facebook-Usern inklusive Fanpage-Betreibern tun sich Firmen bis heute immer noch sehr schwer. Sie betrachten uns – die das besagte redaktionelle Gebaren an den Tag legen – nicht wie Blogger. Dementsprechend werden Facebook-”Blogger” selten kontaktiert, informiert, eingeladen, etc.pp. Auch findet sich das Szenario gerne dann wieder, wenn mich eine Firma fragt, warum ich denn nichts “dazu” bloggen wollte. Wenn ich dann auf meine FB-Timeline verweise (früher auch GooglePlus-Timeline, als ich dort weitaus aktiver war), erntet man fragendes Augenbrauenhochziehen. Ein Blog-Artikel gilt als anerkanntes Berichtszertifikat. Während ein Facebook-Posting als beiläufige Randerscheinung betrachtet wird.

Ich halte das angesichts der modernen Informationswelten für ein fast schon antikes Verständnis. Wo sich Informationen wiederfinden und wo sie verteilt werden, ist in meinen Augen völlig irrelevant geworden. Facebook ist – wenn man die Verteilungsszenarios betrachtet – ein mindestens gleichwertiges Medium wie Foren, Blogs, Mails, Chats, Youtube und Bilderservices. Unabhängig von der antiken Frage der Nachhaltigkeit von Nachrichten.

News sind heute schon ein HighSpeed-Medium und dennoch führen Blogger immer wieder gerne an, dass Blog-Artikel auch nachträglich von Usern aufgefunden werden, die über die Google-Suche kommen. Ja und doch wieder nein. Dieses Pro-Argument ist klar eines, aber bei Weitem ein zu vernachlässigendes. Die allerwenigsten Blog-Artikel haben eine statistische Aufrufhaltbarkeit, die markant wäre. “Heute raus, heute gelesen, morgen aus den Augen” gilt auch für Blog-Artikel.

Für besonders interessant halte ich das Phänomen des Einhämmerns. Wir haben ein Jahrzehnt benötigt, bis Blogs einigermaßen in den Köpfen der Firmen angekommen sind, wo man sich nicht mehr so häufig erklären muss, was man tut, wenn man als Blogger eine Firma kontaktiert. Wenn ich jedoch heute anrufe und sage, dass ich ein Facebook-Redakteur bin, ernte ich nur fragende Blicke. Menschen brauchen seit jeher Namen für Objekte der Realität. Ohne diesen Begriffscontainer kommen sie nicht klar im Zeitenwandel. Eine witzige Schwäche des menschlichen Intellekts, die mich schon immer fasziniert hat.

Also? Ich werde mich demnach weiterhin als einsamer Rufer in der Wüste fühlen und noch viele Wüstendünen überschreiten. Ah, ich sehe da schon die nächste Fata Morgana – Moment, muss mal schnell dahin …

Robert BasicÜber den Autor: Robert Basic (46) ist zweifacher Vater und selbst mit Blogs groß geworden. Wobei die Frage ist, ob das Bloggen ihn erzogen hat oder umgekehrt. Die andere Frage, die ihn seit Jahren beschäftigt, ist nicht minder interessant: Können Blogs dazu beitragen, dass Unternehmen näher und genauer an den Wünschen des Kunden produzieren und dienstleisten? Können Blogs sozusagen eine kommunikative Brücke mitten in die Unternehmensherzen spannen? Können Blogger auch ohne Blogs kommunizieren? Gar überhaupt erst die Tore öffnen? Die Antworten, die er bisher gefunden hat, sind komplex: Eigenlich müssten sie “ja, aber” lauten.

Robert Basic publiziert auf buzzriders.com und vorwiegend auf Facebook.