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Warum Podcasts keine Zeitverschwendung sind

Foto: fotolia.com / Patrick Daxenbichler
Foto: fotolia.com / Patrick Daxenbichler

Treffen mit dem geschätzten Kollegen Sachar Klein sind selten geworden. Mittlerweile hören wir uns zumindest regelmäßig. Besser: Ich ihn. Zusammen mit Timo Lommatzsch hat Sachar vor einigen Wochen eine Podcastreihe gestartet. In ihrem neuen Format, das sich „Talking Digital“ nennt, besprechen die beiden mit einem prominenten Gast der Branche die Digitalisierung der Kommunikation. Unterhaltsam und aufschlussreich – für mich gut investierte Zeit. 

Zeit, die mir ansonsten fehlt, um Artikel zu lesen, die ich mir abgespeichert habe, um sie später zu lesen. Also nie.

Podcasts liefern mühelos Information, so dosiert und aufbereitet, dass ich sie unterwegs konsumieren kann. Im Auto, in der Bahn. Hinzu kommt: Eine Vorliebe für abgeschlossene Formate, als Gegensatz zu dem unendlichen Strom an Information der sozialen Medien. Auch die Zahl der Newsletter, die ich abonniert habe, steigt zuletzt. So geht es mir mit Podcasts.

Sachar und Timo bereichern eine überschaubare, aber unterschätzte Szene. Medien springen hierzulande nur langsam auf den Zug auf. Im Vorteil sind die öffentlich-rechtlichen Anstalten, die viele Podcasts von hoher Qualität auf Knopfdruck ausspucken können. Einsame Spitze zu Kommunikationsthemen ist für mich der Podcast der Online Marketing Rockstars, deren Gäste und Themen immer wieder erfrischen und überraschen.

Sie alle fahren im Windschatten eines Booms, den Internet-Audio-Formate im Allgemeinen und Podcasts im Besonderen derzeit erleben. Auch Hörspiele liegen im Trend, Audio-Streaming-Angebote sowieso. Die Zahlen der Online-Studie von ARD und ZDF belegen das, vor allem unter Jüngeren steigt die Nutzung. Über zwei Drittel der 14- bis 29-Jährigen nutzen Audio im Netz. Christian Jakubetz hat in seinem Blog noch mehr Details zu den Zahlen notiert.

Podcasts kamen vor zehn Jahren mit dem iPod, von dem sie ihren Namen haben. Zum Durchbruch kam es aber nicht. Heute bereiten Smartphones und Apps den Boden, dazu das Überall-Internet. Das vernetzte Auto, in dem Radio mit On-Demand-Audio konkurriert, wird weiteren Schwung liefern. Inhalte liefert das Netz, via iTunes für iOS-Nutzer etwa oder Soundcloud. Android-Nutzer sind auch nicht ausgeschlossen. Die Vielfalt steigt, ähnlich wie einst in der Bloggerszene, weil die Podcast-Produktion einfacher geworden ist. Die Technik sinkt im Preis, Schnittsoftware ist beherrschbar.

Unternehmen und Marken nutzen den Trend derzeit noch zurückhaltend, Vorreiter finden sich in den USA. Amerikanische Fachmedien beschreiben bereits einen neuen Hype, den sie in der Werbung vor und in Podcasts sehen oder in Corporate oder Branded Formaten. Als Paradebeispiele dienen ihnen oft Audio-Angebote von GE oder eBay: Das Online-Handelshaus lässt mit „Open for Business“ ein beliebtes Format für junge Unternehmer produzieren. Mit direkten Markenbotschaften hält man sich dabei zurück.

Audio baut eine Bindung zum Hörer auf und ist eine exzellente Bühne für charismatische Figuren, weil die Inszenierung mit Bildern nicht vom gesprochenen Wort ablenkt. Es kommt auf Stimme und Stimmung an, auf das Tempo. Wer nur über sich selbst redet, langweilt schnell – und wird ausgeknipst. Wer in der ersten Episode nicht überzeugt, erhält für die zweite oft keine Chance mehr. Insofern gilt eine alte Radioweisheit: Schlechter Ton ist schlimm. Schlechte Inhalte sind schlimmer.

nico-kunkel_150x150pxÜber den Autor: Nico Kunkel ist seit mehr als zehn Jahren professioneller Beobachter von Themen und Trends in Kommunikation, PR- und Medienindustrie. Er arbeitet als freier Journalist und Impulsgeber für Events und Netzwerke in der Branche. 2012 begründete Kunkel die PR-Nachwuchsinitiative #30u30 (www.30u30.de). Nico Kunkel lebt in Berlin. Er twittert als @prreporter.