Transformation in den Medien: Wo Wandel wichtiger wird

Twin Transition Nachhaltigkeit Digitalisierung
Foto: © AdobeStock / NordicPixMedia
Twin Transition Nachhaltigkeit Digitalisierung
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Die grüne Transformation hat die digitale Transformation als zentrales Thema in den Leitmedien abgelöst. Besonders im Kontext der Automobilindustrie wird der Begriff häufig erwähnt.

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Die weltweite Entwicklung ist derzeit von sozioökonomischen Veränderungen, geopolitischen Umbrüchen und wirtschaftlichem Anpassungsdruck geprägt. Diese Prozesse spiegeln sich auch in den deutschen Leitmedien wider. Im Jahr 2023 wurde der Begriff „Transformation“ häufiger als je zuvor verwendet. Wie Daten des Berliner Medienbeobachters Landau Media zeigen, hat sich die Nutzung seit 2013 nahezu verzehnfacht.

Eine Ausnahme bildet das Jahr 2022. Obwohl Bundeskanzler Olaf Scholz nach dem russischen Angriff auf die Ukraine von einer Zeitenwende sprach, trat das Thema Transformation zugunsten von Energiepreisen und Versorgungssicherheit in den Hintergrund.

2019 setzte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen die digitale und grüne Transformation an die Spitze ihrer Agenda und betonte, dass die sogenannte Twin Transition entscheidend sei, um das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen. Eine Analyse der Berichterstattung zeigt, dass die grüne Transformation im vergangenen Jahr erstmals die digitale Transformation überholt hat.

Von 2016 bis 2022 dominierte die digitale Transformation die Berichterstattung in den Leitmedien. Technologische Entwicklungen und ihre Implementierung in die Produktionsprozesse bestimmten in diesem Zeitraum die Medienlandschaft. Der Fokus lag auf Technologien wie dem Internet der Dinge (IoT), Big Data Analytics, Cloud Computing, Blockchain und Robotik.

Ab 2020 rückte die Berichterstattung über die grüne Transformation in den Vordergrund. Von 2021 bis 2023 hat sich die Berichterstattung über die grüne Transformation fast vervierfacht und die digitale Transformation in den Medien überholt, die seit 2016 auf einem konstant hohen Niveau bleibt.

Der Klimawandel, verstärkt durch zunehmende extreme Wetterereignisse, und der Ukraine-Krieg verdeutlichten die Notwendigkeit der grünen Transformation. Die 2019 von der EU initiierte grüne Transformation wurde 2022 im „Strategic Foresight Report“ der Europäischen Kommission angepasst, wobei die Unabhängigkeit von russischen Energielieferungen betont wurde. Seitdem ist die EU die am häufigsten genannte Organisation in den Leitmedien im Zusammenhang mit der grünen Transformation und wird häufiger erwähnt als jedes Unternehmen.

Transformation in Unternehmen

Die von der EU forcierte grüne Transformation hat den Veränderungsdruck auf die Unternehmen zusätzlich erhöht – insbesondere auf die deutsche Automobilindustrie, die parallel die digitale Transformation umsetzen und sogar beschleunigen muss.

Unter den Top-5-Unternehmen im Dax, die besonders häufig im Zusammenhang mit der Notwendigkeit und den Auswirkungen der Transformation genannt werden, befinden sich mit Volkswagen, Mercedes-Benz und BMW drei Automobilhersteller. Nahezu die Hälfte aller Artikel zur Transformation über Dax-40-Unternehmen entfällt auf diese drei Autokonzerne.

Als Schlüsselbranche der deutschen Wirtschaft steht die Automobilindustrie stark im Fokus der Leitmedien und nimmt laut EU-Kommission eine zentrale Rolle in der Twin Transition ein. Die Berichterstattung konzentriert sich auf die Elektrifizierung der Flotte, digitale Konnektivität, Software-Strategien, neue Produktionsprozesse, Nachhaltigkeit und die Reduzierung des CO₂-Fußabdrucks. Es wird jedoch auch über die Schwierigkeiten bei der Umstellung auf Elektromobilität berichtet, was zu einem ambivalenten Medienbild der Transformationsfortschritte führt.

Herbert Diess, ehemaliger Vorstandsvorsitzender von Volkswagen, wurde im Dezember 2021 vom Handelsblatt als „Transformator des Jahres“ ausgezeichnet. Er plante, bis 2025 mindestens 70 rein elektrische Modelle anzubieten und den Elektroanteil bis 2030 auf 50 Prozent zu steigern, mit dem Ziel einer CO₂-neutralen Produktion bis 2050. Sechs Monate später wurde Diess jedoch abberufen, weil der Aufsichtsrat und der Eigentümer fanden, dass er seine Versprechen nicht in ausreichendem Maße erfüllt hatte.

Die deutsche Automobilindustrie hinkt in Teilen der Transformation hinterher. Der befürchtete „Nokia-Moment“, in dem innovative Konkurrenten wie Tesla oder BYD die traditionellen Hersteller vom Markt verdrängen, ist jedoch ausgeblieben. Es bleibt abzuwarten, wie der „iPhone-Moment“ der KI-Technologie, ausgelöst durch den Start von ChatGPT im November 2022, den Transformationsdruck auf verschiedene Branchen verstärken wird.

Eine erste Analyse zeigt, dass nicht die Automobilhersteller, sondern Unternehmen wie SAP und Siemens derzeit im Mittelpunkt der KI-Diskussion stehen.


Der Beitrag erschien zuerst im KOM Magazin 02/2024 mit dem Titelthema „Wandel“.