Frauen in Vorstandsfunktion nutzen LinkedIn intensiver und besser als viele CEOs. Diese Arbeitshypothese der letztjährigen Female Board Edition des LinkedIndex von Palmer Hargreaves hat sich erneut bestätigt und wurde durch die breitere Datenbasis sehr deutlich validiert.
Spitzenplatzierungen durch ganzheitliche Nutzung der Plattform
Auf dem ersten Platz der Top 20 steht Ariane Reinhart. Die Personalchefin von Continental ist seit neun Jahren im Amt und konnte sich schon beim letzten Mal einen Platz in den Top 20 sichern. Sie kommuniziert viel und umfangreich, vor allem über Nachhaltigkeit, New Work und die Transformation der Arbeitswelt. Dass sie für einen Automobilzulieferer arbeitet, lässt der Zuschnitt ihrer Inhalte kaum vermuten. Ihre Beiträge handeln fast ausschließlich von den Menschen hinter den Maschinen.
Auf dem zweiten Platz liegt zum zweiten Mal in Folge Sarena Lin. Die nunmehr ehemalige Personalchefin war bei Bayer für „Transformation und Talente“ zuständig. Sie kommuniziert viel zu den Themen New Work, Leadership und Vielfalt. Auch dieses Mal stellt sie ihre Stärke bei der Netzwerkarbeit unter Beweis, vor allem bei der Talentpflege. Kaum eine andere Person im Sample interagiert derart viel mit ihren Followern.
Auf Platz drei folgt Britta Seeger. Die Vertriebschefin von Mercedes-Benz nutzt LinkedIn vor allem für produktlastigen Content, der oft die Grenzen zwischen Vorstandskommunikation und Werbung verwischt. Da es sich bei Mercedes-Benz allerdings um eine beliebte Konsumentenmarke handelt, wird dieser Content vom Publikum stark nachgefragt und wohl auch erwartet. Die Markenprominenz strahlt offensichtlich auf die Vertriebschefin ab: Nur Merck-CEO Belén Garijo hat mehr Follower.
Starke Einzelleistungen und Content auf der Höhe der Zeit
Das LinkedIndex-Ranking setzt sich aus fünf gleich gewichteten Ranglisten zusammen, weshalb auch bestimmte Einzelleistungen zu beobachten sind. Bei den Followern und den Publikumsreaktionen steht zum Beispiel Belén Garijo an der Spitze, sicher die prominenteste Führungskraft im Sample. Bemerkenswert ist auch der Ausbau der Followerschaft von Britta Seeger. Die Vertriebschefin von Mercedes-Benz hat im Vergleich zum letzten Mal ihr Publikum mehr als verdoppelt. Sie erreicht bei den Publikumsreaktionen den zweiten Platz, unmittelbar hinter Garijo. Eindrucksvoll ist auch die Anzahl der Eigenreaktionen von Amanda Rajkumar, der nunmehr ehemaligen Personalchefin von Adidas. Keine andere Vorständin aus dem Sample interagiert so viel mit den eigenen Followern.
Inhaltlich spiegelt der Content des Samples die großen Trends der Zeit – aber auch den Zuschnitt der jeweiligen Ressorts. Viele Vorständinnen sind für Kultur- oder Personalthemen zuständig, ihre Beiträge handeln entsprechend häufig vom aktuellen Wandel der Wirtschaft und von seinem Einfluss auf die Menschen. Besonders oft werden Nachhaltigkeit, Technologie und Digitalisierung thematisiert, aber auch Diversität und Unternehmenskultur sind als Themen sehr beliebt. Der Content von Julia White bietet hier einen guten Querschnitt: Als Chief Marketing & Solutions Officer von SAP spricht sie vor allem über Technologie, Digitalisierung und Nachhaltigkeit, postet abseits dieser Themen aber auch zur Unternehmenskultur und Diversität. Ihr Posting zu den feministischen Protesten im Iran ist der erfolgreichste Beitrag im Sample.
Vorstandsfrauen pflegen ihr Netzwerk deutlich intensiver als CEOs
Im Vergleich zum CEO-Sample fällt auf, dass Vorstandsfrauen viel häufiger mit anderen Personen innerhalb und außerhalb des eigenen Unternehmens interagieren – wenn auch bei weniger Followern und einer geringeren Publikumsaktivität. Die Kommunikation ist dabei nicht nur näher an der natürlichen Alltagssprache, sie ist durch die Themen und das lebensnahe Fotomaterial auch zugänglicher. Beruflich passt das ins Bild: Die meisten Personen im Sample sind auf einen regen Austausch mit Talenten und Mitarbeitenden angewiesen. Persönliche Faktoren stehen also häufiger im Fokus, es wird mehr über Einzelschicksale berichtet. Vorstandsfrauen verlinken oft und kommentieren häufig – und bekommen viel dafür zurück. Auch abseits gängiger Klischees lässt sich dadurch ein gesundes Maß an professioneller Empathie erkennen, die in den Business-Netzwerken männlicher Führungskräfte oft vernachlässigt wird. Zugespitzt formuliert: Die Frauen in deutschen Vorstandsetagen senden nicht nur, sie hören auch zu
Über die Studie: Untersuchungszeitraum war das zweite Halbjahr 2022 und das erste Halbjahr 2023. In dieser Zeit wurde das Kommunikationsverhalten von 90 Vorstandsfrauen aus dem HDAX analysiert. 79 von ihnen unterhalten ein LinkedIn-Profil und sind auf der Plattform aktiv. Ausgehend von diesem Sample, hat ein Team von Analyst:innen insgesamt 1.843 Beiträge, 30.984 Eigeninteraktionen und 699.966 Publikumsreaktionen ausgewertet und anhand objektiv messbarer Faktoren eine Top 20 der performantesten Profile bestimmt.
Quelle: linkedindex.de