Wo stehen Stiftungen kommunikativ in der digitalen Ära? Mit seiner Analyse von gut 200 Stiftungen auf knapp 200 Seiten liefert der Autor Dominik Ruisinger dazu eine lesenswerte Standortbestimmung – die meiner Ansicht nach auch auf viele Mittelständler passt. Untersucht hat Ruisinger vor allem Corporate Websites, die Auffindbarkeit von Inhalten in Suchmaschinen und die Social-Media-Arbeit von Stiftungen. Und: Wie strategisch gehen die Stiftungen an ihre digtiale Kommunikationsarbeit heran?
Die zentrale Erkenntnis ist schnell erzählt: Es fehlt an Geld, Zeit, Personal. Mangelnde Ressourcen sind der große Hemmschuh, und auch deshalb schneiden große Stiftungen in der Studie tendenziell besser ab als die kleinen. Auch bei den Stiftungen mit einem großen Namen im Rücken wachsen die Bäume nicht in den Himmel, und beinahe allen Befragten ist bewusst, dass sie in Zukunft mehr in ihre digitale Kommunikationsarbeit investieren müssen, weil das Thema zum zentralen Erfolgsfaktor für die Stiftungsarbeit generell wird. Morgen mehr als heute.
Allerdings lässt der Autor den Stiftungen das Argument der knappen Kassen nur teilweise durchgehen. Nach der Lektüre blieb bei mir der Eindruck hängen: Es fehlt vielen Stiftungen auch der Mut.
Mut, den Wandel in der Kommunikation konsequent anzugehen. So wird die Basisarbeit digitaler Kommunikation zu oft vernachlässigt. Corporate Websites sind technisch veraltet, Backlinks sind tot oder der Online-Pressebereich (sofern überhaupt vorhanden) lässt Journalisten und Multiplikatoren ins Leere laufen. Zudem verharren Stiftungen zu sehr in der traditionellen Absender-Denke und verklappen in soziale Netzwerke ihre Botschaften statt dort Rückkanäle zu öffnen. Dabei haben gerade Stiftungen sehr oft exklusive und emotionale Themen, sie versäumen aber, sie aus Sicht des Publikums zu erzählen. Dieser Perspektivwechsel ist zwar unbequem, aber er lohnt sich.
Mut, alte Zöpfe abzuschneiden. Oft füttern die Stiftungen ihre Social-Media-Kanäle wie im Blindflug – oder eben gar nicht, sagt die Studie. Der Aufbau einer spitzen Community, die sich tatsächlich um die Themen und die Agenda der Stiftung schert, kann sich auszahlen. Der regelmäßige Austausch mit der Community bedeutet Aufwand und ist nicht auf allen Plattformen zu leisten. Autor Ruisinger empfiehlt: Macht Kanäle dicht, die ihr nicht professionell bewirtschaften könnt. Stattdessen: Investiert in einmalige Inhalte, für die euer Publikum brennt. Baut eine zentrale Plattform, die euch als (pflegeleichter) Ausgangspunkt für die eigene digitale Kommunikation dienen kann – und die euch unabhängiger von Plattformen und ihren Algorithmen macht.
Mut zu Experimenten. Kleine wie große Stiftungen fallen in der Studie mit innovativen Kanälen oder Formaten auf, wie zum Beispiel die Körber Stiftung mit dem „History Campus“ oder die Stiftung Bürgermut, die „openTransfer Barcamps“ veranstaltet. Dabei geht es zum einen um die alternative Vernetzung mit der Community, zum anderen aber auch darum, eigenhändig Erfahrungen zu den Chancen und zu den Grenzen digitaler Kommunikation zu sammeln. Diese Neugier sollten sich Stiftungen bewahren und sich bei ihren nächsten Schritten an den Leuchtturmprojekten anderer Stiftungen orientieren, sagt Ruisinger.
Die komplette Studie können Sie hier gegen eine Schutzgebühr abrufen.
Über den Autor: Nico Kunkel ist seit mehr als zehn Jahren professioneller Beobachter von Themen und Trends in Kommunikation, PR- und Medienindustrie. Er arbeitet als freier Journalist und Impulsgeber für Events und Netzwerke in der Branche. 2012 begründete Kunkel die PR-Nachwuchsinitiative #30u30 (www.30u30.de). Nico Kunkel lebt in Berlin. Er twittert als @prreporter.