Das Reuters-Institut hat seinen jährlichen Digital News Report vorgestellt. Dieser zeigt unter anderem, dass Online-Videos bei der Nachrichtennutzung immer wichtiger werden. Das Leibniz-Institut für Medienforschung | Hans-Bredow-Institut ist seit 2013 als Kooperationspartner für die deutsche Teilstudie verantwortlich; die Erhebung im Jahr 2024 wurde dabei von den Landesmedienanstalten und dem Zweiten Deutschen Fernsehen (ZDF) unterstützt.
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Überblick über die wichtigsten Ergebnisse
- Der in der Langzeitbetrachtung erkennbare Abwärtstrend im Nachrichteninteresse ist in diesem Jahr abgebremst. 55 Prozent der erwachsenen Internetnutzer:innen in Deutschland sagen im Jahr 2024, dass sie überaus oder sehr an Nachrichten interessiert sind (2023: 52 %). Auch die allgemeine Reichweite von Nachrichten bleibt im Vergleich zum Vorjahr stabil: 89 Prozent lesen, hören oder schauen mehr als einmal pro Woche Nachrichten (2023: 89 %).
- 42 Prozent der Internetnutzer:innen in Deutschland ab 18 Jahren sind äußerst oder sehr an Politik interessiert. Das politische Interesse hat im Vergleich zum Vorjahr leicht zugenommen, bewegt sich aber auf einem geringeren Niveau als 2021, wo noch etwa jede zweite Person angab, äußerst oder sehr an Politik interessiert zu sein. Während mehr als die Hälfte (52 %) im Alter ab 55 Jahren ein starkes Politikinteresse aufweist, trifft dies lediglich auf gut ein Drittel (35 %) der 18- bis 24-Jährigen zu. Im Vergleich verschiedener Nachrichtenthemen interessieren sich anteilig die meisten Menschen für Lokalnachrichten (59 %).
- 67 Prozent der erwachsenen Internetnutzer:innen in Deutschland verwenden mindestens einmal pro Woche digitale Nachrichtenangebote auf den Websites oder Apps von Nachrichtenanbietern oder in sozialen Medien. Nachrichtensendungen im klassischen linearen Fernsehen sehen 60 Prozent innerhalb einer Woche. Insgesamt wird die Online-Nachrichtennutzung weiterhin von traditionellen Anbietern aus TV, Radio und Print dominiert. 45 Prozent lesen, schauen oder hören regelmäßig die Inhalte etablierter Nachrichtenanbieter im Internet; bei den 18- bis 24-Jährigen sind es 47 Prozent. Im Vergleich einzelner Online-Quellen liegen jedoch soziale Medien mit einer wöchentlichen Reichweite von 34 Prozent vorn. Im Alter unter 35 Jahren kommt jede zweite Person auf derartigen Plattformen mit Nachrichteninhalten in Kontakt.
Internet überholt Fernsehen als wichtigste Nachrichten-Quelle
- Das Internet ist nicht nur eine regelmäßig genutzte Quelle für Nachrichten, sondern stellt erstmals in der Studiengeschichte auch mehrheitlich die wichtigste Nachrichtenquelle der erwachsenen Online-Bevölkerung in Deutschland dar. 42 Prozent bezeichnen das Internet als ihre Hauptnachrichtenquelle, dicht gefolgt von linear ausgestrahlten Fernsehsendungen mit 41 Prozent. 15 Prozent der Befragten erhalten Nachrichten hauptsächlich in sozialen Medien. Dieser Anteil ist im Langzeitverlauf kontinuierlich angestiegen und mit 35 Prozent unter den 18- bis 24-Jährigen am größten. Für 16 Prozent der 18- bis 24-Jährigen stellen soziale Medien sogar die einzige Quelle für Nachrichten dar.
- Um bestimmte Artikel oder Berichte online zu finden, greifen die meisten erwachsenen Internetnuzer:innen direkt auf eine Website oder die App eines Nachrichtenangebots zu (32 %) oder geben den Namen einer bestimmten Website in eine Suchmaschine ein (29 %). Befragte im Alter zwischen 18 und 24 Jahren stoßen am ehesten in sozialen Medien auf bestimmte Nachrichteninhalte (37 %) und für 27 Prozent sind soziale Medien der wichtigste Zugangsweg zu Online-Nachrichten.
- WhatsApp, YouTube und Facebook bleiben im Jahr 2024 die sozialen Medien mit der größten Verbreitung in der erwachsenen Online-Bevölkerung in Deutschland. Gleichzeitig werden sie anteilig von den meisten Befragten innerhalb einer Woche verwendet, um Nachrichten zu suchen, zu lesen, anzuschauen, zu teilen oder um darüber zu diskutieren (WhatsApp: 15 %, You-Tube: 21 %, Facebook: 16 %). In der jüngsten Altersgruppe werden Nachrichten vor allem in jenen sozialen Medien konsumiert, die einen Fokus auf Bewegtbild haben: 27 Prozent der 18- bis 24-Jährigen kommen regelmäßig mit Nachrichteninhalten auf Instagram in Kontakt, gefolgt von YouTube mit 24 Prozent und TikTok mit 13 Prozent.
Online-Nachrichtenvideos gewinnen an Bedeutung
- Knapp die Hälfte der erwachsenen Internetnutzer:innen in Deutschland (49 %) rezipiert mindestens einmal pro Woche ein kurzes Online-Nachrichtenvideo (wenige Minuten oder kürzer). Längere Nachrichtenvideos werden von rund einem Drittel (34 %) regelmäßig angesehen. Für 26 Prozent der Nutzer:innen von Online-Nachrichtenvideos ist die Plattform eines Nachrichtenanbieters der meistverwendete Kanal, um Online-Nachrichtenvideos anzuschauen. Knapp dahinter liegt YouTube mit 23 Prozent. 18- bis 24-Jährige konsumieren Online-Nachrichtenvideos hingegen hauptsächlich auf den Drittplattformen YouTube, Instagram und TikTok. Insgesamt am häufigsten rezipiert werden Videos zu internationalen Nachrichten, Innenpolitik sowie Umwelt und Klima.
- 43 Prozent der erwachsenen Internetnutzer:innen in Deutschland sind der Ansicht, man könne dem Großteil der Nachrichten in der Regel vertrauen. Das sind genauso viele Befragte wie im Vorjahr, allerdings handelte es sich hierbei um den niedrigsten Wert, seitdem die Frage 2015 erstmals in den Reuters Institute Digital News Survey aufgenommen wurde. Das Vertrauen in die Nachrichten, die die Befragten selbst nutzen, ist mit 53 Prozent ebenfalls stabil geblieben. Erneut sind die beiden Hauptnachrichten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten die beiden Angebote mit den höchsten Vertrauenswerten unter den abgefragten Marken, die den Befragten bekannt sind. Dicht dahinter liegen regionale bzw. lokale Tageszeitungen.
Sorge vor Falschmeldungen in sozialen Netzwerken – vor allem bei TikTok
- Nachrichten in sozialen Medien wird tendenziell mit Skepsis begegnet. 41 Prozent der Nutzer:innen von TikTok haben Schwierigkeiten, dort zwischen vertrauenswürdigen und nicht vertrauenswürdigen Nachrichten zu unterscheiden. Ebenfalls eher misstraut wird Nachrichten, die auf der Plattform X (ehemals Twitter) verbreitet werden. Weniger Bedenken haben die Befragten im Hinblick auf Nachrichten, die sie über WhatsApp oder die Google-Suche erhalten. In Bezug auf Online-Nachrichten insgesamt äußern 42 Prozent der erwachsenen Internetnutzer:innen in Deutschland Bedenken, Falschmeldungen von Fakten unterscheiden zu können (2023: 37 %). Rund ein Viertel der Befragten (26 %) hat angegeben, mit falschen oder irreführenden Informationen zum Thema Migration sowie zum Thema Politik in Kontakt gekommen zu sein.
- Der wichtigste Aspekt für das Vertrauen in Nachrichtenmedien aus Sicht der Befragten ist die Frage, ob sie transparent kommunizieren, wie Nachrichten entstehen. 74 Prozent erachten diesen Aspekt als eher oder sehr wichtig für das Vertrauen. Ebenfalls als wichtig bewertet werden hohe journalistische Standards (72 %), eine (un)voreingenommene Berichterstattung (65 %) und eine faire Repräsentation von „Menschen wie mich“ (65 %). Ob Nachrichtenmedien auf eine langjährige Geschichte zurückblicken können oder ob sie zu negativ berichten, wird hingegen als weniger wichtig für das Vertrauen eingeschätzt.
- Die wichtigsten Funktionen der Nachrichtenmedien aus Sicht der Befragten sind, dass sie über das aktuelle Geschehen auf dem Laufenden gehalten werden, mehr über verschiedene Themen und Ereignisse erfahren und verschiedene Perspektiven zu aktuellen Themen erhalten. Gerade die Perspektivenvielfalt in den Medien wird allerdings mehrheitlich als weniger gut erfüllt angesehen: Weniger als die Hälfte (43 %) sind der Meinung, dass die Nachrichtenmedien eher oder sehr gut darin sind, verschiedene Perspektiven zu aktuellen Themen zu bieten. Am schlechtesten schneiden die Nachrichtenmedien ab, wenn es darum geht, die Menschen optimistischer auf die Welt schauen zu lassen; lediglich ein Viertel der Befragten sieht dies als gut erfüllt an. Andererseits wird eine optimistischere Sicht auf die Welt aber auch von weniger Menschen (42 %) als wichtig empfunden.
- Im Jahr 2024 versuchen 14 Prozent der erwachsenen Internetnutzer:innen in Deutschland oftmals aktiv, Nachrichten zu vermeiden; 69 Prozent versuchen dies zumindest gelegentlich. Im Vergleich zum Vorjahr sind beide Anteile um vier Prozentpunkte angestiegen. Gleichzeitig haben 41 Prozent der Befragten angegeben, dass sie sich von der Menge an heutzutage verfügbaren Nachrichten erschöpft fühlen. 2019, als die Frage zuletzt erhoben wurde, war noch rund jede vierte Person (26 %) dieser Ansicht. In der jüngsten Altersgruppe empfindet mittlerweile die Hälfte (51 %) eine gewisse Erschöpfung aufgrund der Menge an verfügbaren Nachrichten.
Skepsis gegenüber Einsatz von KI im Journalismus
- Rund die Hälfte (52 %) der erwachsenen Internetnutzer:innen in Deutschland hat sehr oder mäßig viel über künstliche Intelligenz (KI) gelesen oder gehört. Dem Einsatz von KI im Journalismus wird jedoch überwiegend mit Skepsis begegnet. Jede zweite Person fühlt sich bei der Nutzung von Nachrichten, die hauptsächlich durch KI mit etwas menschlicher Aufsicht produziert wurden, eher oder sehr unwohl. Etwas größer ist die Akzeptanz, wenn Nachrichten lediglich mit etwas Hilfe von KI, aber hauptsächlich von menschlichen Journalist:innen produziert wurden. Etwa ein Drittel (36 %) aller Befragten fühlt sich bei der Nutzung von solchen Nachrichten eher oder sehr wohl. Im Vergleich verschiedener Themen ist die Offenheit gegenüber automatisiert erstellten Nachrichten zum Thema Wissenschaft und Technik sowie Sport am größten. Jüngere Menschen sind tendenziell offener für die Nutzung von KI-Nachrichten als ältere.
Zur Methode:
Für den Reuters Institute Digital News Report 2024 zur Nachrichtennutzung im internationalen Vergleich wurden zeitgleich Befragungen in 47 Ländern realisiert, um generelle Trends, aber auch nationale Besonderheiten erkennen zu können. Das Hans Bredow Institut (HBI) ist verantwortlich für die deutsche Teilstudie; es wird dabei von den Landesmedienanstalten und dem ZDF unterstützt.
Quellen: reutersinstitute.politics.ox.ac.uk, hans-bredow-institut.de, deutschlandfunk.de