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PR-Storytelling: Eine gute Geschichte braucht kein Greenwashing

Stock Foto Greenwashing Paperwork
Foto: © AdobeStock/bnorbert3

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Mittlerweile hat jedes Unternehmen erkannt, dass es nachhaltiger werden muss, um gesellschaftlich akzeptiert zu werden und am Markt bestehen zu können. Entsprechend versucht man sich in der Öffentlichkeit zu positionieren: etablierte Fast-Food-Unternehmen werben mit recycelbaren Bechern und erweitern ihr Angebot um vegetarische und vegane Produkte, stehen aber gleichzeitig für ihre hohe Abfallproduktion und Massentierhaltung in der Kritik. Sie wollen sich gern einen grünen Anstrich verpassen, belassen in Wahrheit aber vieles beim Alten. Dieses Greenwashing-Problem ist mittlerweile bekannt und führt dazu, dass bei einigen bereits die Alarmglocken läuten, wenn Begriffe wie PR oder Marketing im Zusammenhang mit Nachhaltigkeit fallen. Nicht zu Unrecht, denn eine wirklich grüne Geschichte sollte doch eigentlich ganz von selbst funktionieren. Brauchen von Grund auf nachhaltige Unternehmen dann überhaupt noch professionelle PR-Arbeit? Unbedingt. In diesem Artikel will ich erklären, warum.

Die kommunikative Herausforderung für Unternehmen im Nachhaltigkeitsbereich

Woran würden Sie denken, wenn man Sie nach einem durch und durch nachhaltigen Unternehmen fragen würde? Ihnen kommen vermutlich Anbieter nachhaltiger Produkte wie vegane Schokoriegel, regionale Gemüseboxen oder nachhaltige Mode in den Sinn. Diese Unternehmen begegnen uns tagtäglich im Alltag – wir können eine Beziehung zu ihnen aufbauen.

Viele Unternehmen, die nachhaltige Lösungen entwickeln, agieren hingegen eher im Hintergrund und werden in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen. Cleantech-Unternehmen haben meist einen starken B2B-Fokus und kaum Kontakt zu Endverbraucher*innen. Ihre Lösungen sind oft nicht allgemein verständlich und werden nur in Fachkreisen verstanden.

Das hängt auch mit der Komplexität der Materie zusammen. Von einem E-Scooter hat jede*r schon gehört und sich dazu eine Meinung gebildet, aber die wenigsten können die Begriffe V2H, CCS oder EVU einordnen. Klar: Vehicle-2-Home-Laden, „Carbon Capture and Storage“ und Energieversorgungsunternehmen sind nicht Teil unseres tagtäglichen Lebens. Das macht es im Storytelling schwieriger, gute Anknüpfungspunkte zu bieten und die Geschichte nahbar und verständlich zu machen. Doch genau darauf sollte gute PR abzielen und deshalb ist sie auch notwendig. Denn jede Technologie hat mittelbar Einfluss auf unser Zusammenleben und die Gesellschaft.

Den Kern der Geschichte finden

Die allermeisten denken, der Kern einer guten Geschichte, sei das WAS. Und natürlich sind die Ereignisse, Daten und Fakten einer Erzählung relevant. Im Unternehmenskontext geht es hier häufig um Produkte und Dienstleistungen, deren Vorteile und Leistungsversprechen angepriesen werden. Eine überzeugende Geschichte lebt aber viel weniger von ihrem WAS und viel mehr von ihrem WARUM. Ein richtig gutes Buch oder ein packender Film zeichnen sich vor allem dadurch aus, dass die Motivation der Figuren nachvollziehbar wird: Warum handeln sie so, wie sie handeln? Warum nimmt die Heldin der Geschichte Unmenschliches auf sich, um das gesteckte Ziel zu erreichen? Gleiches gilt für Unternehmensgeschichten. Interessant ist nicht WAS ein Unternehmen tut, sondern WARUM es das tut. Warum wird so viel Zeit und Energie in die Entwicklung von Produkten und Lösungen gesteckt? Warum sind diese überhaupt relevant? Diese Aspekte bilden den Kern jeder guten Geschichte – und ihn gilt es zu kommunizieren. Hier werden Emotionen geweckt und Emotionen sind die Grundlage, um Menschen zu überzeugen. Dieser Ansatz ist für die Entwicklung einer Marke ebenso zentral wie für jede einzelne PR-Story.

Das Zielpublikum definieren

Es gibt verschiedene Wege, auf denen PR-Storys an die Öffentlichkeit gebracht werden können. Das offensichtlichste Mittel ist die Pressemitteilung. Doch damit hebt sich ein Unternehmen nur schwer von der Masse ab. Ist jede Geschichte wirklich eine Pressemitteilung wert? Und überhaupt: hat sich das Format der Pressemitteilung teilweise abgenutzt? Aus unserer tagtäglichen Erfahrung wissen wir, dass die Postfächer der Journalist*innen überquellen und nur die wenigsten Mitteilungen tatsächlich Beachtung finden.

Für eine erfolgreiche PR-Story ist am Ende weniger das Format und viel mehr die Geschichte selbst entscheidend. Die allermeisten Menschen können keinen unmittelbaren Bezug zu einem Thema oder einer Technologie herstellen, von der sie zuvor noch nie etwas gehört haben. Storytelling kann diesen Bezug herstellen. Aber wie funktioniert das? Indem die Geschichte so erzählt wird, dass sie bei denen, die sie erreichen soll, richtig ankommt. Dafür ist es entscheidend, zu wissen, wer die Rezipient*innen eigentlich sind. Den ersten Gedanken sollten Sie deshalb stets darauf richten, zu identifizieren, für wen Ihre Geschichte gedacht ist und warum sie für diese Leute interessant ist.

Die Geschichte greifbar machen

Im seltensten Fall sind es spezifische Details einer bestimmten Technologie, die in einer guten Geschichte das Interesse wecken. Viel interessanter ist für fast alle Zielgruppen, welche breitere Wirkung sich durch die Technologie entfalten kann und welchen Nutzen sie für die Gesellschaft bringt. Dafür hilft es, einen Schritt zurückzutreten und zu versuchen, die Geschichte in ein größeres Ganzes einzuordnen.

An dieser Stelle haben Cleantech-Unternehmen einen entscheidenden Vorteil, denn sie entwickeln Technologien, die die Welt verbessern und damit dem immer drängenderen Problem des Klimawandels etwas entgegensetzen. Aus Storytelling-Perspektive ist das die beste Voraussetzung, denn die Gründer*innen haben häufig eine klare Vision und eine inspirierende persönliche Geschichte zu bieten. Je persönlicher, klarer und konkreter Sie Ihre Geschichte erzählen können, desto glaubwürdiger und mitreißender wird sie bei Ihrem Zielpublikum ankommen.

Um Ihre Geschichte erlebbar zu machen, sollten Sie lebensnahe Beispiele einbinden. Geschichten leben – wie oben ausgeführt – neben dem mitreißenden WARUM auch von einem klaren WAS. Um möglichst präzise und glaubhafte kommunizieren zu können, werden oftmals abstrakte Zahlen verwendet. Das ist Ihre Chance: Sie können das Zahlenwerk einordnen, indem Sie vergleichbare Zahlen mit Alltagsbezug finden und sie dazu in Relation setzen. Wie stehen beispielsweise Ihre CO2-Einsparungen im Vergleich zu den jährlichen Emissionen Ihres Landes? Je anschaulicher Sie Ihre Geschichte erzählen, desto besser wird sie verstanden. Wenn es darum geht, einer fachfremden Person, die Geschichte des Unternehmens zu vermitteln, kann es helfen, sich vorzustellen, Sie würden Ihren Eltern, Großeltern, oder Freund*innen davon erzählen. Für welche Details würden diese sich interessieren? Welche Aspekte der Geschichte stoßen auf Begeisterung – welche vielleicht auch nicht?

Wer mitdenkt, bleibt glaubwürdig und braucht kein Greenwashing

Um Greenwashing-Vorwürfe zu vermeiden, ist vor allem eines entscheidend: Glaubwürdigkeit. Ihr Geschäftsmodell und Ihre Vision müssen in Einklang stehen. Es ist unglaubwürdig, sich als grünes Energieunternehmen positionieren zu wollen, gleichzeitig aber Öl und Gas zu fördern. Nutzen Sie eine klare Positionierung, um sich als Vordenker und Meinungsführer zu profilieren. Ihre eigenen Überzeugungen und Motivationen sind für Journalist*innen interessante Aufhänger für Geschichten. Auch klare Meinungen bieten mehr Spannungspotenzial als weichgewaschene Floskeln oder kontextlose Fakten. Nutzen Sie Meinungsbeiträge in Fachmagazinen, Ihren Unternehmensblog oder Podcasts, um Ihre Geschichten einem breiteren Publikum zu eröffnen.

Eine gute Geschichte rührt aus Überzeugungen und Grundfesten – dem WARUM Ihrer Tätigkeit und Unternehmung. Dies sollte der Dreh- und Angelpunkt für all Ihre Kommunikation sein und Kern jeder einzelnen PR-Story sein. Wer es schafft, die Vision klar, authentisch und glaubwürdig zu kommunizieren, braucht kein Greenwashing um zu überzeugen. Die Geschichte ist auch so gut genug.


Über den Autor: Jan Christoph Bohnerth ist Strategic Director bei Life Size Media, Europas Kommunikationsagentur für die Cleantech-Industrie. Mit Sitz in Berlin und London begleitet die Agentur Cleantech-Unternehmen seit zehn Jahren mit strategischer, wirkungsvoller Kommunikation. Die Kernbereiche der Agentur sind Branding, Content Marketing und PR. Zudem erstellt Life Size Investorpräsentationen, Webseiten und Filme, die klar und überzeugend kommunizieren. Außerdem bietet die Agentur die Life Size Membership für Start-ups an, das erste Agenturangebot seiner Art.