Laute Minderheiten und die Schweigespirale

Foto: © Fotolia/thingamajiggs
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Social Media ist etwas Tolles. Man kann mit seinen Freunden in Verbindung bleiben und ihnen die Fotos vom letzten Urlaub, dem letzten Mittagessen oder einfach ein Selfie zusenden. Natürlich kann man über Social Media auch andere Dinge verbreiten. Artikel aus Medien, die man interessant findet oder auch eigene Meinungsäußerungen.

Immer mehr Menschen nutzen deshalb ihre Social-Media-Kanäle nicht nur zur als Kommunikationskanal, sondern auch als Informationskanal. Scheinbar schlägt man so ja zwei Fliegen mit einer Klappe: Man bleibt mit Freunden im Kontakt und bildet sich eine Meinung. Schade nur, dass die sozialen Medien zur Meinungsbildung eigentlich komplett ungeeignet sind. Man bewegt sich ja nicht in einem redaktionellen Medium, in dem ausgebildete Journalisten die Themen des Tages zusammenstellen, sondern in einer Auswahl von Informationen seiner Freunde.

Diese selektive Weltsicht in Social-Media-Kanälen führt schnell zu verzerrenden Effekten:

1. Es erreichen einen meistens mehr Informationen, die die eigene Meinung immer wieder bestätigen, da man ja oft mit Menschen befreundet ist, die die eigene Weltanschauung teilen. So bildet sich ein sich selbst bestätigender Kreislauf, der fast wie eine Rückkopplung die eigene Weltsicht verzerren kann.

2. Es entstehen schnell falsche Auffassungen, was eigentlich die Mehrheit in einem Diskurs ist. Die, die besonders aktiv kommunizieren, erzeugen schnell ein Bild bei den Anderen, das ihnen vorgaukelt, in der Minderheit zu sein. Dass Menschen, die sich in der Minderheit befinden, oft die eigene Meinung nicht mehr äußern, hat bereits Elisabeth Noelle-Neumann in den 70er Jahren beschrieben, sie nannte das die „Schweigespirale“.

Social Media als Informationskanal kann so schnell die Meinung einer Minderheit als Massenbewegung erscheinen lassen. Hysterisch können sich diese Minderheiten in den sozialen Kanälen artikulieren und wachsen so zu einer „Scheinmehrheit“ heran. Die Mehrheit schaut oft schweigend und staunend zu und vergisst, diesem Wahnsinn ein Ende zu bereiten, indem sie den Mund aufmacht.

Über den Autor:
andrea katheder für landau media, berlin 2013Uwe Mommert ist Vorstand für Vertrieb und Produktion der Landau Media AG. Darüber hinaus ist er begeisterter Web 2.0-Fan und immer an innovativen Ideen interessiert. Für medienrot.de kommentiert Uwe Mommert regelmäßig das Mediengeschehen.

 

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