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Kommunikation in der Krise: Was können Unternehmen aus der Corona-Zeit lernen?

Foto: © AdobeStock/EtiAmmos
Der erste Schock ist überwunden und es hat sich eine trügerische Normalität der Extremsituation eingestellt: Die globale Corona-Pandemie er- und überfordert jedoch weiterhin unsere mentalen Kapazitäten – und dieser Ausnahmezustand wird den Prognosen zufolge auch noch in den kommenden Monaten anhalten.

Was können Unternehmen aus diesen ersten Wochen für ihre Kommunikation im Corona-Marathon lernen?

Interne Kommunikation hat Vorrang

Auch wenn interne Kommunikation oft immer noch stiefmütterlich behandelt wird, ist sie gerade in diesen Krisenzeiten das A und O erfolgreicher Kommunikator*innen. Zum einen hat dies aktuell ganz praktische Gründe, da mittlerweile durch das Social Distancing ein großer Teil der Mitarbeiter von zu Hause aus arbeiten muss. Mehr denn je ist es nun wichtig, dass alle Mitarbeitenden alle für sie relevanten Informationen erhalten.

Zum anderen zeigt die aktuelle Situation noch einmal deutlich, dass wir schlicht und ergreifend alle Menschen sind – und ein Großteil der Mitarbeitenden wird sich derzeit wohl viele Gedanken und Sorgen um Familie, Freunde, den Arbeitsplatz, die Gesellschaft und die Welt im Allgemeinen machen. Das raubt Energie und ist so sehr ermüdend. Hinzu kommen nach Wochen der Isolation bei vielen Alleinstehenden der Lagerkoller und bei Eltern die Überforderung durch hemmungsloses Multitasking. Und selbst wenn sich mittlerweile eine Art verrückter Routine in dieser Extremsituation einer globalen Pandemie eingestellt hat, dürfen wir nicht vergessen, dass all dies eine belastende Stresssituation ist.

Mit anderen Worten: Es ist derzeit mehr denn je wichtig, dass die Unternehmensführung mit den Mitarbeitenden spricht – und dabei reicht es nicht aus, lediglich offizielle Verlautbarungen zu verkünden sowie rein administrative Informationen weiterzugeben. Mehr denn je müssen Führungskräfte nun ihre menschliche Seite zeigen. Sprechen Sie die Unsicherheiten und Unklarheiten ruhig offen an. Ihre Teams werden es Ihnen danken, wenn Sie keine weichgespülten Phrasen runterbeten, sondern schlichtweg ehrlich kommunizieren.

Die Aufgabe professioneller Kommunikator*innen ist es jetzt, die Führungskräfte darauf aufmerksam zu machen und sie dabei tatkräftig zu unterstützen. Je nach Unternehmensgröße und Meetingkultur können Sie zum Beispiel eine Art internen kleinen “Newsletter” etablieren, mit dem Sie die Mitarbeitenden zur neuen Woche begrüßen, unter der Woche je nach Bedarf über die wichtigsten Entwicklungen informieren und in das Wochenende verabschieden. Fassen Sie die wichtigsten Situationen zur aktuellen Lage zusammen (bspw. “Wo herrscht ab wann Maskenpflicht?”), kombinieren Sie es mit Hinweisen auf relevante Projekte oder schöne Highlights (“Am Wochenende findet ein weiterer Corona-Hackathon statt”, “Igor Levit spielt heute wieder um 19 Uhr sein Twitterhauskonzert”) und schließen Sie mit einem kleinen persönlichen Verweis zum Beispiel in Form eines Fotos aus dem Homeoffice (“Tag XY im Homeoffice: Neben CEO nun auch Chief Homeschooling Officer”).

Externe Kommunikation: Solidarität und Verantwortung als Leitmotive

Und auch für die externe Kommunikation gilt: Haltung zeigen, Verantwortung übernehmen und Menschlichkeit beweisen!

Eine globale Pandemie ist genau die Situation, in der ein “business-as-usual” nicht mehr möglich ist. Stattdessen erfordert der Umgang damit Flexibilität und Kreativität. Mit anderen Worten: Wenn es je einen Zeitpunkt gab, Kommunikationspläne über den Haufen zu werfen, dann ist er jetzt da. Denn in den Medienhäusern ist Corona derzeit das beherrschende Thema und so ist es schwieriger geworden, mit anderen Themen in den Redaktionen Gehör zu finden. Revidieren Sie deshalb auch Ihre eigene Erwartungshaltung und gegebenenfalls auch jene Ihrer Vorgesetzten.

Gleichzeitig ist dies auch die große Stunde der sozialen Medien. Hier können sie ganz flexibel auf die geänderten Umstände reagieren – selbst wenn Sie sich dabei plötzlich zu Themen äußern, die bislang nicht in Ihrem primären Fokus standen.

Bitte tun Sie dabei aber sich selbst und anderen den Gefallen und missbrauchen Sie Corona nicht als Aufmerksamkeitsgenerator. Leider gibt es auch hier negative Beispiele, die zum Beispiel das FlattenTheCurve-Motto als Aufhänger für ihre eigenen Marketingzwecke verwendeten. Im besten Fall ist dies schlichtweg fehlendes Taktgefühl.

Trauen Sie sich deshalb auch als Unternehmen persönlich zu kommunizieren und Ihre menschliche Seite zu zeigen. Was bereits bei der internen Kommunikation angesprochen wurde, gilt auch hier: Wir alle sind Menschen, die von dieser Extremsituation auch emotional mitgenommen sind – sei es, weil wir oder Menschen aus unserem Umfeld persönlich von Corona betroffen sind, sei es, weil wir uns Sorgen um die Zukunft machen.

Solidarität und Verantwortung kristallisieren sich in diesen Momenten ohnehin als wichtige Leitmotive heraus. Unternehmen sind deshalb jetzt gut beraten, wenn sie diese Zeichen der Zeit erkennen und diese Werte – nicht nur in der Kommunikation – glaubhaft mit Leben füllen.


Über die Autorin: Dr. Clara Herdeanu (Twitter: @sprachrealitaet) ist promovierte Linguistin, PR-Expertin und Lead Communications Manager des Technologieunternehmens XAIN AG. Zuvor beriet sie Digitalunternehmen wie Mozilla, StackOverflow und Open-Xchange bei der internationalen PR-Agentur Ballou und kommunizierte für den Weltmarktführer ebm-papst. Die Digitalisierung, Künstliche Intelligenz sowie Datenschutz stehen im Fokus ihrer PR-Arbeit, das Spannungsverhältnis von Sprache, Macht und Medien im Mittelpunkt ihrer wissenschaftlichen Arbeiten. Herdeanu veröffentlicht u.a. Fachbeiträge im Pressesprecher, im Digitalmagazin t3n und bei MiGAZIN. Die Linguistin erhielt Stipendien der Studienstiftung des deutschen Volkes, der Konrad-Adenauer-Stiftung sowie der Deutschlandstiftung Integration.
Mehr Informationen: www.sprachrealitaet.de