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Kauft, Kinder, kauft! – Werbung gegenüber Minderjährigen

Titelbild PR & Recht

Es ist kein Geheimnis: Wer nicht wirbt, der stirbt. Ohne Werbung benötigt ein Unternehmen daher eher eine insolvenz- als eine werberechtliche Beratung. Umgekehrt ist es also lohnenswert, keine Werbechance verstreichen zu lassen. Wie wäre es mit Werbung speziell für Kinder, also den Kunden von morgen?

Zielt die Werbung aber auf Minderjährige, bewegt sich der Werbende schnell in rechtlich unsicherem Gewässer: Es gelten für diese Werbung strengere rechtliche Anforderungen als bei Werbung für Erwachsene. Dies betrifft nicht nur „Erwachsenenprodukte“ wie Alkohol oder Tabak. Vielmehr gelten diese Anforderungen unabhängig vom Produkt, so dass auch Werbung für Schokolade, Computerspiele oder Turnschuhe zum Fallstrick werden kann. Fünf Fragen und Antworten zu den Basics:

Wer ist minderjährig?

Minderjährig sind Kinder (nach der h.M. Personen unter 14 Jahren) und Jugendliche (Personen über 14, aber unter 18 Jahren).

Welche Regelungen gibt es für Minderjährigen-Werbung?

Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) kennt zwei zentrale Normen im Hinblick auf die Werbung gegenüber Kindern und Jugendlichen. § 4 Nr. 2 UWG verbietet es, die geschäftliche Unerfahrenheit (auch) der Minderjährigen auszunutzen. Nr. 28 des Anhangs zum UWG verbietet per se u.a. die in eine Werbung einbezogene unmittelbare Aufforderung an Kinder (nicht Minderjährige!), selbst die beworbene Ware zu erwerben. Weitere Regelungen trifft z.B. der Jugendmedienstaatsvertrag.

An wen richtet sich eine Werbung?

Jede Werbung muss der Verbrauchergruppe gerecht werden, die sich vorhersehbar von ihr angesprochen fühlen darf und soll. Daraus ergibt sich aber bereits die erste Hürde: Wie wäre eine Werbung zu gestalten, die trennscharf zwischen Kindern, Minderjährigen und Erwachsenen unterscheidet? Selbst wenn dies im Einzelfall möglich sein sollte, stehen einer solchen Trennung häufig wirtschaftliche Aspekte entgegen. Daher gilt: Im Zweifel muss eine Werbung so gestaltet sein, dass sie der strengsten UWG-Vorgabe für Minderjährigen-Werbung standhält, richtet sich die Werbung nicht ausschließlich an Erwachsene oder die Allgemeinheit.

Was ist eine unmittelbare Kaufaufforderung?

Das UWG verbietet die unmittelbare Kaufaufforderung gegenüber Kindern. Mittelbare Aufforderungen sind nicht per se unzulässig. Die Abgrenzung zwischen diesen ist häufig nicht eindeutig und birgt daher Risiken. Als Test für eine konkrete Werbemaßnahme eignet sich daher folgende Frage: Drängt die Werbung einem Kind die Entscheidung zu einer entgeltlichen Handlung auf (dann unzulässige unmittelbare Kaufaufforderung) oder nicht (möglicherweise zulässige mittelbare Kaufaufforderung)?

Welche Werbeformen sind besonders riskant?

Kundenbindung funktioniert besonders gut mit Sammel-Aktionen, SMS-Votings und Gewinnspielen. Richten sich diese Werbemaßnahmen aber an Minderjährige, können diese im Einzelfall dadurch „übertölpelt“ werden und nicht mehr rational agieren. Denn bei Sammelbildern sitzt das Taschengeld vielleicht besonders locker.

Vor solchen Werbeaktionen lohnt sich daher die Prüfung mit der „juristischen Brille“, wie folgendes Praxisbeispiel zeigt: Ein Unternehmen warb mit „NICHT VERPASSEN!“ in einer Kinderzeitschrift für ein Printprodukt für Kinder und Jugendliche. Kann ein solch „harmloser“ Slogan rechtswidrige Werbung sein? Ja, meint das LG Berlin. Denn Kinder würden bereits dadurch unmittelbar (und somit unzulässig) zum Kauf der Zeitschrift aufgefordert.

Vorsicht ist auch im Social Media-Bereich geboten, der sich bei den Werbenden zu Recht großer Beliebtheit erfreut. Denn aufgrund der – fast – täglichen Nutzung von werbefinanzierten Social Media-Plattformen ist der Streuverlust häufig gering. Ist die Plattform auch für Kinder zugänglich oder ist es für den Werbenden voraussehbar, dass Kinder von der Werbung angesprochen werden können, kann die Werbung aber aufgrund der strengeren Regelungen als für Minderjährige oder Erwachsene unlauter sein.

130624_StiefÜber den Autor: Dr. Alexander Stief arbeitet als Rechtsanwalt im Bereich Gewerblicher Rechtschutz/Wettbewerbsrecht bei CMS Hasche Sigle in Stuttgart. Sie können ihn über alexander.stief@cms-hs.com erreichen. Über weitere aktuelle Rechtsthemen bloggt CMS Hasche Sigle unter cmshs-bloggt.de.