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Irgendwas mit Sport

Foto: © Fotolia/WavebreakMediaMicro
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Für Jens Stoewhase ist die Welt dieser Tage schwer in Ordnung. Da findet aktuell so ein Sportevent statt, das die Reduzierung einer weltweiten Marke auf ihr simples Geschäftsmodell dokumentiert und gleichzeitig SpitzensportlerInnen maximale Aufmerksamkeit ermöglicht, mit nur einem klitzekleinen Ausfallschritt.

Zur Zeit läuft in einem südamerikanischen Land eine nur alle vier Jahre stattfindende Sportveranstaltung. Sofern man als Unternehmen nicht viel Geld als Sponsor zur Verfügung gestellt hat, darf man zahlreiche Begriffe in seiner digitalen Kommunikation nicht verwenden. Zuletzt machte ein Papier die Runde, in dem teilweise absurde Regeln aufgestellt wurden, wie und auch wann man selbst den Namen einer südamerikanischen Stadt nicht in Tweets und mehr verwenden darf. Alternativ würde man abgemahnt werden. Selbst das Retweeten von offiziellen Meldungen soll abmahnfähig sein. Die Konsequenz? Es entstehen Texte wie dieser hier. Er eiert permanent um irgendwelche Worte herum, die man in einem Text auf einem Unternehmensblog womöglich nicht nennen darf, will man keine Abmahnung riskieren.

Dieser Wahnsinn wurde von einem Komitee verabschiedet, das dafür zuständig ist, diese Veranstaltung zu planen und zum Erfolg zu führen. Vor Ort sieht es mit dem Erfolg dann etwas schwierig aus. Menschen wurden aus ihren Häusern vertrieben. Der Ex-Sportler Julius Brink kritisiert die Ressourcenverschwendung und mangelndes Umweltbewusstsein. Wer das Sportereignis vor dem Fernseher verfolgt, sieht immer wieder leere Ränge. Die WassersportlerInnen müssen zeitweise ihre Wettkämpfe in verunreinigtem Wasser bestreiten. Bei den Segelwettbewerben zeigt sich ebenfalls Umweltverschmutzung in großem Ausmaß. Von den Dopingproblemen vor und während der wohl größten Sportveranstaltung will man gar nicht erst anfangen.

Und als wäre das alles noch nicht genug, zeigt sich die Absurdität insbesondere in Bezug auf die mediale Verwertung der einzelnen ProtagonistInnen: Da wird Christoph Harting von Medienmachern kritisiert, weil er die Nationalhymne nicht mitsingt und seine Freude bei der Titelehrung nicht verbergen kann. Die Hahner-Zwillinge werden kritisiert, weil sie den ehemals wichtigsten Gedanke „Dabei sein ist alles“ ernst nehmen und sich selbst dann noch freuen, wenn sie nicht mit Top-Platzierungen glänzen können.

Mein Fazit fällt daher trocken aus: Dieses ehemals attraktive Sportevent hat sich in eine emotionslose Vermarktungsmaschinerie verwandelt, die in ihren Strukturen alt und verkrustet wirkt, moderne Kommunikation ausschließlich der Medienverwertbarkeit unterordnet und in Summe nur wirklich gut funktionieren kann, wenn SportlerInnen, Publikum und Medien mitspielen – nach den exklusiven Regeln einer kleinen Gruppe von Verantwortlichen.

Geht man als SportlerIn den Start dieser Veranstaltung also konsequent an, dann kann man nur ein Ziel haben: Nutze die mediale Aufmerksamkeit für dich persönlich und steigere deinen Vermarktungswert so hoch wie nur irgend möglich, um nach den „Wettkämpfen“ wenigstens finanziell von der Farce zu profitieren. Denn es geht gar nicht um die Leistung, sondern um die medial passende Inszenierung – das ist das banale Geschäft dahinter. Und das sehe ich gar nicht als Kritik, sondern als Quintessenz. Wenn das Event nur noch eine mediale Verwertungskette abarbeitet, dann sollte man dieser Kette folgen, um den eigenen Profit daraus zu ziehen und ihn nicht nur einer kleinen Gruppe zu überlassen.

Gleichzeitig liefert die Sucht nach Konformität von SportlerInnen und Medien formidable Bedingungen für mediale Aufmerksamkeit. Wenn alle brav in Reih und Glied stehen, dann reicht schon ein kleiner Ausfallschritt, um ein Skandälchen zu inszenieren. Für den Medienwert dürfte das Pluspunkte bringen.

Mein ganz persönlicher Tipp an alle SportlerInnen: Vom ehemaligen Schwimmer Mark Spitz lernen, heißt siegen lernen. Das ist dann wenigstens konsequent.

jst-autorenbildÜber den Autor: Jens Stoewhase ist Geschäftsführer der Rabbit Publishing GmbH, die das Onlinejournal medienrot.de im Auftrag der Landau Media AG betreibt. Dabei ist er auch immer wieder als Produzent von Videoinhalten aktiv. Bis Ende 2011 betreute er selbst u.a. die digitalen Aktivitäten zahlreicher kommerzieller Kinder- und Jugendmagazine und YPS. Stoewhase arbeitete vorher jahrelang für den Onlinebereich der TV-Serie „Gute Zeiten, Schlechte Zeiten“, als Freelancer im Musikbereich und entwickelte Konzepte für digitale Angebote im Entertainmentsegment.