Inklusion im Unternehmen: Großer Nachholbedarf in Deutschland

© Initiative Chefsache
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Wie sehr können Beschäftigte in Deutschland am Arbeitsplatz sie selbst sein? Wie sicher fühlen sie sich, auch andere Meinungen zu äußern? Wie inklusiv ist die Kultur in Unternehmen? Inclusion bezeichnet dabei das Ausmaß, in dem Organisationen alle Mitarbeiter*innen auf gleiche Weise einbeziehen und ihnen die gleichen Entwicklungschancen geben, sie in die Lage versetzen, sinnvolle Beiträge zu leisten. Damit beeinflusst Inclusion auch, in welchem Ausmaß sich die Vorteile von Diversität auf unternehmerische Entscheidungen auswirken können. Die Initiative Chefsache veröffentlicht im Rahmen des Jahresreports 2021 den Inclusion Pulse Check, der erstmals systematisch erfasst, welche Rolle Inclusion als wichtiger Treiber für mehr Chancengerechtigkeit von Männern und Frauen in Unternehmen in Deutschland einnimmt.

Im Rahmen des Inclusion Pulse Check hat die Initiative Chefsache anhand von sechs verschiedenen Dimensionen erhoben, wie inklusiv die Unternehmenskultur ist. 1.039 Berufstätige (mind. zehn Stunden pro Woche) im Alter zwischen 18 und 69 Jahren oder in Elternzeit wurden dazu online Zusammenarbeit mit dem Marktforschungsunternehmen Innofact befragt (repräsentativ).

Die Dimensionen und Ergebnisse im Überblick:

Authentizität. Ermutigung, man selbst zu sein und sich frei zu äußern. 30 Prozent der Befragten fühlen sich nicht ermutigt, ihre Perspektive einzubringen, auch wenn sie kritisch ist.
Einbeziehung und Anerkennung unterschiedlicher Perspektiven und Beiträge. 28 Prozent der Beschäftigten haben nicht das Gefühl, das Vertrauen und Respekt zwischen Mitarbeiter*innen mit unterschiedlichem Hintergrund herrscht.
Aufbau enger Beziehungen auf der Grundlage gemeinsamer Ziele. Nicht einmal ein Drittel der Beschäftigten haben nicht das Gefühl, dass alle Mitarbeiter*innen gemeinsam als Team auftreten und an einem Strang ziehen.
Chancengerechter Zugang zu Ressourcen und Unterstützungsleistungen. 29 Prozent der Beschäftigten fühlen sich im Arbeitsumfeld unfair behandelt.
Sinnstiftende Arbeit. Wissen, dass die Arbeit zum Zweck und Ziel der Organisation beiträgt. 80 Prozent der Befragten gebe an, in ihrer Arbeit Sinn zu finden.
Zugehörigkeit. Gefühl, anerkannter Teil des Unternehmens zu sein. 78% stimmen dieser Aussage zu.

„Die Zahlen lassen sich unterschiedlich interpretieren. Einerseits ist es entscheidend, dass alle Gruppen im Unternehmen auf ihren Positionen auch gehört und aktiv in die Entscheidungsfindung einbezogen werden, denn nur so kann Diversität zu robusteren Entscheidungen führen und sich positiv auf den unternehmerischen Erfolg auswirken. Gleichzeitig entsteht dadurch aber auch Reibung. So können hohe Werte in bestimmten Inklusion-Dimensionen auf eher homogene Belegschaften hinweisen. Gleichzeitig fühlt sich rund ein Drittel der Beschäftigten am eigenen Arbeitsplatz fremd und nicht inkludiert. Da gibt es großen Nachholbedarf. Eine inklusive Unternehmenskultur ist ein unverzichtbarer Hebel, um Fairness und Chancengerechtigkeit zu gewährleisten, und trägt gleichzeitig wesentlich zum Erfolg von diversen Teams bei“, sagt Julia Sperling-Magro, Partnerin bei McKinsey und Leiterin des Koordinationsteams der Initiative Chefsache.

Mehr Inklusion durch anderen Führungsstil
Führungskräfte, sowie die Art zu führen, sind die größten Treiber für eine inklusive Unternehmenskultur: Ein einbeziehender und coachender Führungsstil fördert Inklusion, während ein autoritärer Führungsstil eher behindert. Dabei ordnen 30 Prozent der Befragten ihrer weiblichen Führungskraft einen einbeziehenden Führungsstil zu und nur 24 Prozent der Befragten ihrer männlichen Führungskraft. Entsprechend werden weibliche Führungskräfte – insbesondere von anderen Frauen – eher als positiver Hebel für mehr Inklusion bewertet. Umgekehrt verhält es sich bei Führung durch Autorität – männlichen Führungskräften wird dieser Führungsstil von 29 Prozent der Befragten zugeschrieben, weiblichen Führungskräften jedoch nur von 18 Prozent.

Aufholbedarf besteht zudem beim Vorbildcharakter vieler Führungskräfte: Gerade mal ein Drittel der Beschäftigten sagt, dass es im eigenen Unternehmen Personen in Führungspositionen gibt, die Vorbilder sind.

„Der einbeziehende und coachende Führungsstil trägt stark zu einer inklusiven Kultur bei, in welcher sich MitarbeiterInnen frei entfalten können. Um dieses Verhalten in einer Firmenkultur zu verfestigen, sind Vorbilder essenziell. Positive Erfahrungen verstärken die Veränderungsbereitschaft“, sagt Agnes Heftberger, Sales-Geschäftsführerin bei IBM und Mitglied der Initiative Chefsache.

Inklusion als Voraussetzung für Chancengerechtigkeit
Obwohl die theoretischen Voraussetzungen für mehr Chancengerechtigkeit bekannt sind, bleibt der praktische Fortschritt noch hinter den Erwartungen zurück. Vielfalt zahlt sich nur aus, wenn ein Unternehmen auch in der Lage ist, die damit verbundenen Vorteile zu nutzen. Die Konsequenzen aus dem Inclusion Pulse Check liegen dabei auf der Hand: Authentizität, Akzeptanz, Fairness, Zusammenhalt und sinnstiftende Arbeit – all diese Dimensionen können Unternehmen gezielt fördern: durch regelmäßige Trainings, standardisierte Kriterien bei Einstellung, Leistungsbewertung, Beförderung sowie ergebnisoffenen Diskussionen der Bedarfe der Beschäftigten.

Weitere Maßnahmen lassen sich unter folgenden Stichworten zusammenfassen: Chancengerechtigkeit muss gemessen, kommuniziert und zur Chefsache werden sowie als dauerhafte und fortlaufende Anstrengung gesehen werden. Gleichzeitig ist es notwendig, dafür die gesamte HR-Wertschöpfungskette zu betrachten und getroffene Maßnahmen immer wieder anzupassen und weiterzuentwickeln. Nur so kann eine inklusive Unternehmenskultur zum Geschäftserfolg beitragen.

„Um Beschäftigten maximale Flexibilität zu bieten, stehen bei IBM flexible Arbeitsmodelle und agile Arbeitsweisen seit Jahrzehnten im Fokus. Mithilfe des Feedbacks aller IBMer*innen passen wir diese Rahmenbedingungen kontinuierlich an. Die Basis ist eine inklusive Kultur, in der sich jede*r mit all ihren bzw. seinen Bedürfnissen willkommen und gefördert fühlen soll. So bleibt ‚Chancengleichheit‘ ein Anspruch, der nicht nur für die Zukunft gilt, sondern für das Hier und Jetzt“, sagt Agnes Heftberger, Sales-Geschäftsführerin bei IBM und Mitglied der Initiative Chefsache.

Am 14. Juni 2021 werden die Ergebnisse auf der Chefsache-Konferenz 2021 diskutiert. Hier geht’s zur Anmeldung >>

Quelle: PM Initiative Chefsache