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Geht es auch ohne Fußball?

Foto: © Fotolia/by-studio
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Ich fühle mich ausgegrenzt. Ich sitze gerade im Landau Media Office an der Friedrichsstraße und verfluche mein Leben, meine Eltern, die mich offensichtlich nicht gut erzogen haben, und vor allem die deutsche Kultur. Denn ich sitze hier alleine. Und ein Stockwerk unter mir beginnt langsam das Rumoren, das Ausleben der deutschen Fußball-Fankultur. Und ich frage mich einmal mehr, warum muss genau ich kein Fußballfan sein!

In den letzten Wochen wurde es immer deutlicher: Die Leute reagieren schockiert, wenn ich sage: „Die WM? Die geht mir ziemlich am Allerwertesten vorbei!“ Und jetzt ist es wieder soweit. Wenn alle Non-Fußball-Fans sich in Autos auf der Friedrichstraße treffen würden, dann könnten sie wahrscheinlich auf der normalerweise meist befahrenen und begangenen Straße Berlins ein illegales Autorennen veranstalten, ohne wirklich jemanden zu gefährden. Ich wette, ich könnte in eine beliebige Wohnung in Berlin-Mitte einsteigen – solange ich die Couch, den Fernseher und den Bierkasten nicht anrühre, würden die Bewohner mich nicht mal bemerken. Und selbst wenn, wahrscheinlich würden sie mir beim Ausräumen des 5.000 Euro teuren iMac Pros helfen, damit ich sie nicht so lange bei der Lederball-Stollenschuh-Parade störe. Mir geht dieser ganze Fußball-Hype sowieso auf den Senkel – so dachte ich zumindest bis heute, als ich die Landau-Media-Cafeteria betrat.

Da fiel mir auf, dass die WM auch ihre positiven Seiten hat. Denn als ich eintrat, war das Klima wunderbar. Gemeinschaftlich, freundlich und ein wenig aufgeregt. Wie oft sieht man so viele verschiedene Menschen gleichzeitig friedlich bei einer Sache mitfiebern? Während der Qualitätsmanagement-Leiter des Unternehmens mir mit zwei Hopfenkaltschalen entgegenkommt und sich der Eigentümer der Firma mit mir darüber unterhält, wie groß die Verlustsumme durch Fußballschauen der deutschen Unternehmen insgesamt ist (ich glaube es waren sieben Mio. Euro), beginne ich zu begreifen, was der eigentliche Grund für das gemeinsame Fußballschauen ist. Es ist, wie gemeinsam auf einem Konzert zu sein. Wenn dann beim Live-Viewing im großen Konferenzraum alle gemeinsam wie gebannt auf die Leinwand glotzen, dann schafft das Nähe, verbindet und vermittelt das geniale Gefühl, gemeinsam für dieselbe Sache zu brennen. Egal, ob Softwareentwickler, Rechercheur oder Medienanalyst – wenn die Fußballseele kocht, dann reißt es hier bei Landau Media alle mit.

Eine Gruppendynamik entwickeln, den Alltagsstress vergessen und sich 90 Minuten lang einfach nur auf die Sportfanatiker in den Werbebannern zu konzentrieren. Sicher, Fußball ist ein riesiges Geschäft, es ist korrupt und die Aufmerksamkeitsverteilung im Gegensatz zu andern Sportarten ist unfair. Aber dass die Fans die Möglichkeit haben, zu entspannen und jetzt in diesem Moment das Band zu ihren Arbeitskollegen noch zu verstärken, das freut mich sehr. Also guckt Fußball, wenn ihr wollt. Aber LASST MICH DAMIT IN RUHE!


Über den Autor: Marlon Mommert ist 14 Jahre alt, besucht das Gymnasium in Berlin und begeistert sich für Musik, YouTube und Social Media. Aktuell absolviert er ein Schülerpraktikum beim Berliner Medienbeobachter Landau Media.