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Faszination Raumfahrt – wie „Astro-Alex“ die Wissenschaftskommunikation pusht

Foto: © Fotolia/Dimonika
Foto: © Fotolia/Dimonika

In Deutschland erlebt die Raumfahrt eine neue mediale Aufmerksamkeit. Astronaut Alexander Gerst dürfte dabei ein Glücksfall für die zuständigen Kommunikationsprofis bei der ESA und dem DLR sein. Die AnalystInnen des Medienbeobachters Landau Media haben sich den Beginn der zweiten Weltraummission von „Astro-Alex“ in den Online-Medien einmal genauer angeschaut. Fazit: Die Online-Reichweite ist astronomisch.

Der Weltraum mit seinen unendlichen Weiten fasziniert die Menschheit nicht erst, seit Juri Gagarin 1961 seinen spektakulären Raumflug absolvierte und die Erde umrundet. 57 Jahre später, ein Wimpernschlag in der Menschheitsgeschichte, scheint der Aufbruch in die Tiefen des Alls und die Kolonialisierung fremder Welten zum Greifen nahe.

Auf der Raumstation ISS, dem weitentferntesten Außenposten der Welt, leben und forschen Astronauten verschiedener Nationalitäten gemeinschaftlich in dem Bestreben, das Leben und die Dynamiken unserer Welt besser verstehen zu wollen, aber auch um neue Horizonte zu entdecken und womöglich in naher Zukunft zu bereisen. Einer von ihnen ist der gebürtige Künzelsauer Alexander Gerst. Der 42-jährige Geophysiker und leidenschaftliche Lehrer ist nach seinem ersten Aufenthalt im Jahr 2014 nun bereits das zweite Mal an Bord des fußballfeldgroßen Kolosses, der mit einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 27.000 km/h in 400 km Höhe um unseren Planeten kreist. Als erster deutscher Kommandant der ISS ist Gerst am 6. Juni 2018 mit dem russischen Kosmonauten Sergeij Prokopjew und der amerikanischen Bordingenieurin Serena Maria Auñón-Chancellor von dem kasachischen Weltraumbahnhof in Baikonur gestartet. Nach zwei Tagen an Bord einer Sojus-Raumkapsel erreichte die Besatzung dann am 8. Juni nach 34 Erdumrundungen unbeschadet die internationale Raumstation. Der Start der „Horizons“-Mission war ein gewaltiges mediales Ereignis, welches auf der ganzen Welt gespannt verfolgt und vielfach in den Medien thematisiert wurde.

Durch das Engagement der Raumfahrtbehörden und moderne Technologien, die es ermöglichen, die ganze Welt an ihren Entdeckungen (und Perspektiven) teilhaben zu lassen, entsteht derzeit eine ganz neue gesellschaftliche Faszination für die Raumfahrt.
Die beteiligten Astronauten und Wissenschaftler sind sich der Bedeutung internationaler Forschungskollaborationen nur allzu bewusst. Vor allem in Zeiten zunehmender weltpolitischer Spannungen setzen sie mit ihrer Arbeit ein wichtiges Zeichen. Auch „Astro-Alex“ ist sich im Klaren darüber, dass seine Position an Bord der ISS einen großen Teil an Öffentlichkeitsarbeit beinhaltet. Merklich nimmt dieser auch am Rande der Stratosphäre seinen Bildungsauftrag und seine Vorbildfunktion sehr ernst und berichtet – wo es ihm möglich ist – von seinem außergewöhnlichen Alltag, verbunden mit atemberaubenden Fotos aus dem All.

Landau Media analysiert Online-Reichweite

Im Erhebungszeitraum zwischen dem 1. Juni und dem 23. Juli 2018 wurden insgesamt 34.358 Online-Beiträge erfasst, die sich mit Alexander Gerst und seiner Mission auf der internationalen Raumstation ISS befassen. Aus diesen Beiträgen ergab sich eine Summe von mehr als 4,7 Mrd. potenzieller Kontakte.

Zwischen dem 6. und 8. Juni wurde dabei die höchste Medienaktivität verzeichnet. Der Start der Sojus-Rakete sowie deren Andocken an die ISS waren ein mediales Groß-Event mit enormer Resonanz. Der fokussierte Zeitausschnitt zeigt, dass in diesem Zeitraum allein 12.050 Beiträge veröffentlicht werden, was rund 35 % aller erfassten Meldungen entspricht. Die Meldungen erreichten in der Summe eine potenzielle Leserschaft von etwa 2,24 Mrd. Menschen.

Nach Ankunft der Raumkapsel auf der ISS geht die Anzahl der Meldungen zwar deutlich zurück, dennoch ist Gerst in den Online-Medien weiter sehr präsent. Größere Peaks in der Grafik sind dabei vor allem auf Live-Schaltungen des Astronauten zurückzuführen. Am 12.06.2018 meldete sich „Astro-Alex“ erstmalig in einer Liveschaltung aus dem Columbus Labor der ISS, was eine deutlich erkennbare Resonanz in den Onlinemedien nach sich zog. Abgesehen von dem Flug zur ISS war das medienwirksamste Ereignis sein Auftritt im Rahmen eines Kraftwerk-Konzerts am 21.07.2018, wo er für einige Minuten via Livestream gemeinsam mit den Pionieren des Elektropops musizierte.

Die zahlenmäßige Verteilung über die Mediengattungen hinweg zeigt eine deutliche Überlegenheit der sozialen Medien, ca. 80 % aller Meldungen werden auf Twitter, Facebook, YouTube, Instagram, Online-Foren oder Weblogs veröffentlicht. Insgesamt wurden 27.552 Beiträge in den sozialen Medien veröffentlicht, 6.806 weitere gingen aus redaktionellen Internet-Publikationen hervor.

Im Vergleich zu Social-Media-Formaten haben redaktionelle Internet-Publikationen wesentlich größere Verbreitungsraten, dennoch ist es bemerkenswert, dass sie mit nur etwa 20 % der Beiträge rund 76 % der Gesamtreichweite abdecken.

Top Medien Anzahl Reichweite
Nach Anzahl veröffentlichter Beiträge führt das Twitter-Profil „WeltraumNerd @NicosPanoptikum“ das Ranking an. Über dieses werden die meisten Beiträge zu Alexander Gerst veröffentlicht. Auch werden hier Inhalte von offizieller Seite gepostet und retweetet, die sich mit der „Horizons“-Mission und Alexander Gerst befassen. Im Erhebungszeitraum summiert sich die Anzahl der Beiträge auf erstaunliche 444. Das Facebook-Profil von Alexander Gerst nimmt mit 265 Beiträgen Platz drei des Rankings ein.

In Betrachtung der Reichweite wird das Ranking von großen redaktionellen Onlinemedien dominiert, die Poleposition sichert sich jedoch „T-Online.de“. (25,03 % der Gesamtreichweite)

Medienaktivität: Alexander Gerst
Alexander Gerst ist selbst im All sehr aktiv im Social Web und somit an der medialen Repräsentation seiner Person stark beteiligt. Neben einer Vielzahl einzigartiger Aufnahmen aus der Stratosphäre veröffentlicht er Beiträge zu seiner Forschung und den verschiedensten Experimenten. Für ihn ist es von größter Wichtigkeit, seine exklusive Perspektive auf unsere Welt mit der Menschheit zu teilen.

Im Analysezeitraum postete der Astronaut insgesamt 293 Beiträge, den größten Anteil stellen dabei Meldungen auf Facebook. Mehr als 17 % der erfassten Beiträge in den sozialen Medien werden über sein Facebook-Profil verbreitet. Weiter erzielt Gerst aufgrund seiner beträchtlichen Menge an Twitter-Followern mit nur zehn eigenen Beiträgen eine Reichweite von rund 11.6 Mio.


Über den Autor: Adrian Hucklenbroich studiert Soziologie technikwissenschaftlicher Richtung an der Technischen Universität Berlin und absolviert derzeit sein studienrelevantes Pflichtpraktikum im Bereich der Medienanalyse bei Landau Media.