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Die Qual der Wahl – Wie finden Unternehmen die richtigen sozialen Netzwerke?

Foto: © Fotolia/John Smith
Foto: © Fotolia/John Smith

Ob Instagram-Schnappschuss oder Facebook-360-Grad-Video mit Einblick in den Arbeitsalltag: Social-Media-Aktivitäten können Unternehmen neue Kunden bringen oder den Kontakt zu bestehenden intensivieren. Soziale Netzwerke sind unverzichtbare Kanäle in Sachen Marken-Kommunikation.

Es existieren jedoch so viele Netzwerke, dass speziell kleinere Betriebe mit geringem Budget genau überlegen müssen, wo sie online präsent sein wollen. Mit ein paar  Schritten lässt sich herausfinden, welche Kanäle zum eigenen Unternehmen passen und welche nicht.

Markenkern und Kommunikationsstrategie ermitteln

Ein häufiger Fehler ist, Inhalte ohne tiefere Strategie in irgendeinem sozialen Netzwerk zu teilen. Die Annahme: Eine Facebookseite braucht jeder. Ebenso einen Snapchat-Account. Diese Maßnahmen sind jedoch nicht effektiv, wenn eine dringend notwendige Vorarbeit nicht stattfand.

Wichtige Grundlage jeder Unternehmenskommunikation, sowohl offline als auch online, ist der Markenkern. Aus dem Markenkern leiten sich die Werte ab, nach denen sich das gesamte inner- und außerbetriebliche Handeln ausrichtet

Auf Basis des Markenkerns wird eine Kommunikationsstrategie erarbeitet. Diese beinhaltet die Formulierung von Unternehmensbotschaften und die Ermittlung einer Zielgruppe. Bei der Wahl der richtigen sozialen Netzwerke geht es daher um eine zentrale Frage: Wem wollen wir welche Botschaften senden?

Diese Fragen müssen so präzise wie möglich beantwortet werden. Die Definition einer Zielgruppe ist ein Schritt in die richtige Richtung, noch genauer ist die Ermittlung einer Buyer Persona. Auf diese Weise erfahren Unternehmen, in welchen Netzwerken sich ihre Kunden aufhalten.

Daraus wiederum ergeben sich handfeste Unternehmensziele wie zum Beispiel:

  • Markenbekanntheit steigern (Digital Branding)
  • Leads generieren
  • Kundenservice
  • Kundengewinnung

Die Verantwortlichen sollten sich weiterhin fragen:

  • Geht es um Interaktion oder Einbahnstraßenkommunikation?
  • Besteht ein Konzept für den Umgang mit negativen Reaktionen oder gar Shitstorms?
  • Wer im Hause ist verantwortlich für welche Social Media Accounts?

Unternehmensbotschaften klar formulieren und kommunizieren

Wurden Zielgruppen und ihre Nutzung der sozialen Netzwerke sowie konkrete Unternehmensziele ermittelt, geht es an die Formulierung der Unternehmensbotschaften. Denn auch diese Maßnahme entscheidet darüber, welche Netzwerke in Zukunft bespielt werden. Wenn sich die eigene Zielgruppe vornehmlich im Business-Umfeld bewegt, sollten Marketer Xing und LinkedIn ansteuern. Dort ist der Umgangston jedoch ein völlig anderer als bei Facebook oder Twitter:

Dies hat wiederum Einfluss auf die Formulierung der Unternehmensbotschaften. „Unser Produkt ist das Beste auf dem Markt“ oder „Kaufen Sie bei uns“ sind dabei No-Gos. Netzwerke, egal ob nun im Business-Bereich oder nicht, sind keine Verkaufskanäle. Bei jedem Kanal sollten Unternehmen sich darüber im Klaren sein, dass Sie guten bis sehr guten Content brauchen, um ihre Zielgruppe zu erreichen.

Pauschale Aussagen, welches Netzwerk das richtige ist, lassen sich daher nicht treffen. Regionale Kleinunternehmen können in Relation gesetzt genauso erfolgreich bei Twitter sein wie der internationale Konzern.

Um die Spreu vom Weizen zu trennen, kommen Unternehmen demnach nicht um diese drei Schritte herum: Nicht nur den Markenkern, sondern auch Visionen und eine Kommunikationsstrategie herausarbeiten, Zielgruppe definieren, auf Buyer Persona konzentrieren, Unternehmensbotschaften passend zu den zu bespielenden Kanälen formulieren. Doch damit ist die Arbeit noch nicht getan, schließlich muss die Wirksamkeit der Social-Media-Maßnahmen messbar sein.

Branchenvergleiche und Kennzahlen als Kontrolle

Ein Blick auf die Content Distribution der Konkurrenz lohnt sich immer: Wo teilen Unternehmen aus der eigenen Branche ihre Inhalte? Wie sprechen sie die Zielgruppe an und wie hoch ist die Interaktion? Weitere Fragen für die jeweiligen Netzwerke können sein:

Facebook

Finden sich unter Posts viele Kommentare? Reagieren die Nutzer eher positiv oder eher negativ auf die Online-Aktivitäten der Konkurrenz? Welche Posts haben Wettbewerber gesponsert, um ihnen einen zusätzlichen Aufmerksamkeitsschub zu verleihen?

Twitter

Wurden die Tweets des Unternehmens retweetet? Wie ist das Verhältnis von „Folge ich“ zu „Follower“? Ist der Twitter-Account in nennenswerten Branchenlisten vertreten?

Xing/LinkedIn

Verfügt der Wettbewerber über eine aussagekräftige Businessseite und ein ebenso aussagekräftiges Unternehmensprofil? Der Unterschied wird gut von Xing erklärt. Sind die Mitarbeiter der Firma aktiv und in Gruppen vernetzt?

Existiert eine gut gepflegte Unternehmensseite? Welche Business-Ziele werden auf LinkedIn verfolgt (Recruiting, Netzwerken, Steigerung der Markenbekanntheit etc.)? In welchen Interessengruppen lohnen sich Mitgliedschaften und wie lauten die Teilnahmebedingungen?

YouTube

Wird der YouTube-Channel tatsächlich mit für die Zielgruppe nützlichem Content anstelle von reinen Werbespots und Imagefilmen bespielt? Wurde bei der Produktion auf Professionalität und ein hochwertiges Ergebnis geachtet?

Snapchat

Sind die verantwortlichen Mitarbeiter bis ins Detail mit den Besonderheiten und Gepflogenheiten von Snapchat vertraut? Werden die Snaps trotz Schnelllebigkeit sorgfältig vorbereitet und in eine übergeordnete Content-Strategie eingebunden?

Instagram

Wurde ein Kontaktbutton eingerichtet, der es Kunden ermöglicht, in Verbindung zum Unternehmen zu treten? Wird neben ansehnlichen Schnappschüssen auch das Potenzial von Live Videos genutzt?

Nicht auf allen Hochzeiten tanzen

Ein möglichst lückenloses Social Media Monitoring gewährleistet darüber hinaus eine tiefergehende Analyse der einzelnen Posts, Tweets oder Artikel. Die Auswahl passender Netzwerke erfordert strategische Vorarbeit. Ideen bilden die Grundlage für guten Content. Und nur durch den fallen Unternehmen positiv auf. Vor der Wahl der Netzwerke sollten die Verantwortlichen sich daher die Frage nach den eigenen Mitteln stellen. Es bringt mehr, ein Netzwerk regelmäßig zu bespielen, als sich zum Beispiel bei YouTube anzumelden, ohne coole Bewegtbildinhalte zu liefern.

Im Ergebnis arbeiten Online-und Social-Media-Abteilungen Ressourcen- und Budget-schonend. Wer die Aufenthaltsorte der eigenen Zielgruppe im Netz kennt, steigert seine Erfolgschancen.

Umso wichtiger ist es, sich nicht von Trends leiten zu lassen. Seit Monaten erlebt Instagram einen Ansturm – doch was nützt das Firmen, deren Zielgruppe sich nicht bei Instagram aufhält? Selbst die eindrucksvollsten Bilder werden an dieser Tatsache nichts ändern. Ähnlich verhält es sich mit Snapchat: Dort ist vornehmlich die junge Zielgruppe zwischen 18 und 25 unterwegs. Was also bringt es einem Hörgerätehersteller, dort Snaps zu neuen Produkten hochzuladen?

Die Liste sozialer Netzwerke ist lang und die Gefahr, sich zu verzetteln, dementsprechend groß. Häufig wird zu schnell ein Account eingerichtet. Das kostet schließlich meistens nichts und ist schnell gemacht. Doch wäre das in etwa so, als würden Hausbauer das Richtfest feiern, bevor die Wände hochgezogen sind.

Fazit

Um die richtige Auswahl an Social-Media-Kanälen zu treffen, arbeiten Unternehmen sich am besten vom Allgemeinen ins Detail vor. Mit dem eigenen Markenbewusstsein steht und fällt die sich anschließende Zielgruppenanalyse. Darauf aufbauend können Unternehmensbotschaften formuliert und auf den dazu passenden Plattformen publiziert werden. Ein weiterer wesentlicher Bestandteil dieses Auswahlprozesses ist weiterhin die ständige Prüfung und Optimierung der Maßnahmen.


carsten-christian-01_150x150pxÜber den Autor: Carsten Christian ist Online- und Social-Media-Redakteur bei der Kölner Agentur Oliver Schrott Kommunikation, wo er für den OSK-Blog zuständig ist. OSK ist Deutschlands zweitgrößte inhabergeführten PR-Agentur und betreut renommierte Automobil-, Technologie- und Industrie-Unternehmen.