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Die erste #30u30-Studie – Warum wir die Förderer mehr würdigen müssen

Foto: © AdobeStock/ Ivelin Radkov
Wir haben eine erste #30u30-Studie gemacht, zusammen mit der Universität Leipzig und einem studentischen Autorenteam um Prof. Ansgar Zerfaß. Dafür ha-ben wir eine Kohorte von jungen Talenten und Berufstätigen befragt, die bisher wissenschaftlich noch kaum erforscht ist. Sie finden die Studie hier.

Mit der Nachwuchsinitiative #30u30 und dem angeschlossenen Wettbewerb wollten wir dem Nachwuchs eine Stimme geben – und unserer Branche eine Gelegenheit, sich dem Nachwuchs besser zu erklären. Das war 2012.

Was wir heute haben, ist ein nachhaltig journalistischer Zugang zu jungen Talenten, von denen viele diesem Label längst auch entwachsen sind. Ein Wissensnetzwerk für die Branche, an dem sich mittlerweile mehr als 1.000 kluge Macherinnen und Macher beteiligen, und das wir gestalten wollen, entlang von Inhalten und gemeinsamen Fragen, von Lernkurven und Lernwille. Eine Plattform, auf der innovative Formate entstehen können (wie die CommsBench in Stuttgart oder neue Netzwerke wie die studentische YoungPRPros-Kooperative und Young-Minds4Comms für Volontärinnen, Volontäre und Trainees.

Die aktuellen Studienergebnisse bergen neue Einsichten. Persönlich habe ich etwa stark überschätzt, wie gestresst sich junge Berufstätige mit dem PR-Job fühlen – und unterschätzt, wie ausgleichend sich familiäre Bande auf dieses Gefühl auswirken. Nicht getäuscht hat mich mein Bauchgefühl dagegen beim Thema Führung: Nur knapp die Hälfte der Befragten bewertet ihre Führung als gut. Gleichzeitig haben sehr viele junge Talente Mentoren und Mentorinnen – oder sind es selbst. Vielfach outet sich eine berufliche Beziehung erst rückblickend als Mentorship, wie ich aus vielen persönlichen Gesprächen erfahre. In 80 Prozent der Fälle ist die Mentorenbeziehung informell, sagt unsere Studie.

Spitz gesagt: Chefs und Chefinnen versagen in signifikanter Anzahl als Mentoren und Förderer. Das ist viel Luft nach oben, und das ist schlecht, auch weil die Wechselbereitschaft von Talenten steigt, wenn sie schlechte Führung erleben.

Wer also sind die Förderer – wenn nicht die Chefs?

Talente werden für #30u30 vorgeschlagen. Wir erhalten jedes Jahr über 200 Nominierungen (oder recherchieren sie). Die Empfehlung eines Dritten ist oft aufschlussreicher als würden Talente sich selbst bewerben. Tatsächlich macht es einen Unterschied, ob Menschen Menschen nominieren oder Arbeitgeber*innen ihre Mitarbeiter*innen. Die besten Nominierungen sind nicht selten Plädoyers, die Mentoren oder Mentorinnen für ihre Schützlinge halten.

Beide Seiten spielen eine Rolle. Ich spreche einerseits oft mit Förderern und erkenne andererseits im Gespräch mit Talenten zwischen den Zeilen, wie prägend die Zuwendung ihrer Mentorinnen und Mentoren ist. Es sind Tandems.

Wer sind die Förderer, und was zeichnet sie aus? Unsere Studie gibt mir den Ansporn, das in Zukunft besser herauszuarbeiten und auch Förderer zu featuren. Sie sind der bisweilen unsichtbare, aber offenbar auch unverzichtbare Teil des Tandems, der Talenten hilft Talent zu entfalten. Sie sind – durch meine Brille – diejenigen, die Zeit und Muße in kluge und emotionale Nominierungen zugunsten junger Talente investieren.

Und es scheint mir höchste Zeit, dass wir dieses Prinzip bald auch umkehren.

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Terminhinweis: Wir besprechen die Studie als Abschlussrunde des DPRG-Zukunftsforums am 25.6. um 16 Uhr.
Danke an alle #30u30-Alumni, die an dieser Studie teilgenommen haben.

Danke an das Studienteam: Julia Dietlmeier, Jana Düthmann, Tom Kornblum, Jeanne Link, Annika Lück, Fiona Vaaßen sowie die an ihre Betreuer Sophia Charlotte Volk und Prof. Ansgar Zerfaß.

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nico-kunkel_150x150pxÜber den Autor: Nico Kunkel ist seit mehr als zehn Jahren professioneller Beobachter von Themen und Trends in Kommunikation, PR- und Medienindustrie. Er arbeitet als freier Journalist und Impulsgeber für Events und Netzwerke in der Branche. 2012 begründete Kunkel die PR-Nachwuchsinitiative #30u30. Er ist Herausgeber des PR Career Center, das PR-Studierende unterstützt und vernetzt. Nico Kunkel lebt in Berlin. Er twittert als @prreporter.