by

Datenstriptease

Foto: Uwe Mommert, 2014

Ich denke schon lange darüber nach, ob ich mich nicht aus WhatsApp wieder zurückziehen sollte. Reingeraten bin ich in die Plauder-App irgendwie aus Gruppendruck. Alle schickten sich per WhatsApp plötzlich ihre Nachrichten, da wollte ich als Berufsnerd nicht nachstehen. Viel nachgedacht habe ich auch nicht, als die App bei der Installation Zugriff auf mein Mikrofon, die Ortungssensoren oder mein Telefonbuch haben wollte. „Wird schon gut gehen“, dachte ich mir und erlaubte der App und dem mir völlig unbekannten Unternehmen dahinter den Zugriff auf meine persönlichen Daten. Seitdem bimmelt es fast täglich, wenn verschiedenste Gruppen sich über WhatsApp austauschen und mit wichtigen und völlig unwichtigen Informationen um sich werfen. Zugegeben, eine Verabredung zum Sport mit vier oder mehr Personen ist im Gruppenchat schnell organisiert, aber rechtfertigt diese kostenlose Funktionalität den totalen Datenstriptease, den WhatsApp von seinen Nutzern fordert?

Auf jeden Fall ist der Daten hortende Nachrichtendienst durch die gesammelten Informationen seiner mehr als 450 Millionen Nutzer sehr wertvoll geworden im globalen Spiel um den gläsernen Internet-Nutzer. Fast 14 Milliarden Euro hat sich Facebook diesen Datenschatz und die eifrigen Nutzer der Bimmel-App kosten lassen. Kaum vorstellbar, was mit den kombinierten Daten von Facebook und WhatsApp jetzt alles möglich ist. Trotzdem: Was hat das noch mit der realen Wirtschaft zu tun? In meinen Augen nicht viel. Es ist ein gigantisches Internet-Roulette, an dem hier gezockt wird.

Die Aufmerksamkeit, die Facebook mit diesem Irrsinnsdeal auf sich und WhatsApp lenkt, könnte auch nach hinten losgehen. Sofort nach Bekanntgabe des Milliarden-Deals, wurden Boykott-Aufrufe laut. Wenn jetzt die Nutzer dahinschmelzen und die Datenflut abnimmt, die WhatsApp auf die Festplatten seiner Besitzer spült, könnte es schnell „rien ne va plus“ fürs Datensammeln heißen. Für mich ist der Schutz meiner persönlichen Daten in Zukunft jedenfalls Geld wert. Für 1,79 € gibt es beispielsweise die App Threema, die Geld damit verdient, dass sie meine Daten schützt. Endlich mal ein Geschäftsmodell, das ich verstehen kann!

uwe-mommert-neuÜber den Autor: Uwe Mommert ist Vorstand für Vertrieb und Produktion der Landau Media AG. Darüber hinaus ist er begeisterter Web 2.0-Fan und immer an innovativen Ideen interessiert. Für medienrot.de kommentiert Uwe Mommert regelmäßig das Mediengeschehen.