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Big Data Tools für die Public Relations

Die Zunahme von Big Data hat signifikante Auswirkungen auf die Unternehmenskommunikation, schreibt Eike Tölle, Leiter Medienanalyse bei Landau Media. Die Digitalisierung ermöglicht Unternehmen, PR-Maßnahmen besser zu messen und zu planen, ihre Zielgruppen besser zu verstehen und zu erreichen. Wie genau sich Daten in der PR einsetzen lassen, erklärt Eike Tölle in seinem Gastbeitrag.

Alles was digitalisiert werden kann, wird digitalisiert, sagt Carly Fiorina, der frühere CEO des Unternehmens HP. Nach diesem Credo sind 90 Prozent der weltweit vorhandenen Daten in den letzten zwei Jahren entstanden. Es wird erwartet, dass sich dieser Trend weiter beschleunigen wird und sich die vorhandene Datenmenge alle zwei Jahre mindestens verdoppelt. Die Zunahme von Big Data hat meiner Meinung nach signifikante Auswirkungen auf die Unternehmenskommunikation. Die Digitalisierung ermöglicht Unternehmen, ihre PR-Maßnahmen besser zu messen und zu planen und damit ihre Zielgruppen besser zu verstehen und zu erreichen. Doch wie genau lassen sich Daten in der PR einsetzen?

Bislang werden Daten vor allem genutzt, um den Erfolg von PR-Maßnahmen zu messen und deren Wirkung zu optimieren, etwa in Form von Medienresonanzanalysen. Digitale Tools zur Planung, Produktion und Verbreitung von Inhalten werden derzeit oft vernachlässigt. Doch genau hier liegen die Chancen einer immer digitaleren Welt.

Die Optionen werden breiter

Wie die Datenmenge selbst steigt auch die Anzahl der verfügbaren Tools, um Big Data zu verarbeiten und zu skalieren. 2011 führte das US-amerikanische Newsportal chiefmartec.com noch rund 150 Instrumente in seiner „Marketing Technology Landscape“ auf. Inzwischen liegt die Anzahl der Programme bei weit mehr als 5.000. Es wird also nicht leichter für Unternehmen und Organisationen, den Überblick zu behalten und das richtige Tool für ihre Fragestellung zu finden.

Quelle: Marketing Technology Landscape

 

Von Big Data zu Smart Data

Gerne stelle ich einige webbasierte Tools vor, die über die etablierten Methoden der Medienresonanzanalyse hinausgehen. Damit Sie die Tools besser einordnen können, unterscheide ich zwischen zwei Arten von Tools. Auf der einen Seite die Tools, bei denen der Anwender zugleich Betreiber des zu untersuchenden Medienkanals sein muss (bspw. Google Analytics, Facebook Insights). Auf der anderen Seite jene, mit denen der Anwender auch ohne direkten Zugriff auf die untersuchten Seiten Daten erhält (Quintly, Searchmetrics etc.). Mit der ersten Kategorie, den „Betreiber“-Tools, können Sie deutlich mehr und tiefergehende Daten zu Ihren Aktivitäten erzielen. Andererseits fehlt es an Benchmark-Daten, um die eigenen Daten besser einordnen und interpretieren zu können. Diese Benchmark-Daten zu Wettbewerbern und Themen liefern die externen Tools, auch wenn die Datentiefe variieren kann.

Social Media: Monitoring vs. Analytics

Social Media Monitoring gehört sicher längst zu den etablierten Instrumenten in der PR. Beobachtet wird der Earned bzw. Shared Content: Was, wo und wie wird über das Unternehmen und seine Produkte in den Sozialen Medien veröffentlicht? Und wie verhalten sich die einzelnen Nutzer dabei? Auf diese Weise lassen sich Trends und Krisen frühzeitig identifizieren, Wettbewerber beobachten, Influencer bestimmen und Kampagnen optimieren. Die Meldungsmassen des Social Web werden automatisch vorstrukturiert und teilautomatisiert inhaltlich analysiert. Etablierte Software-as-a-Service-Anbieter – kurz „SaaS“ genannt – sind hier Talkwalker oder Ubermetrics.

Als Abgrenzung hierzu steht die Sparte Social Media Analytics. Damit analysieren Unternehmen und Organisationen, wie Nutzer die Inhalte ihrer Kanäle konsumieren und mit den Kanälen interagieren. Fragen wie „Welcher Content lief zu welcher Zeit und in welcher Form auf welchem Kanal gut und welcher nicht?“ stehen hier im Vordergrund. Mit Facebook Insights oder Twitter Analytics bekommen Unternehmen entsprechende Auswertungen für die eigenen Kanäle. Für eine Benchmark-Analyse mit Mitbewerberseiten ist die Plattform Quintly hilfreich. Sie zeigt Ihnen, wie stark Ihr Kanal im Vergleich zu Mitbewerberkanälen ist, wann und welchen Content die Mitbewerber posten und wann deren Nutzer auf die Inhalte reagieren.

Quelle: Marketing Technology Landscape

 

Google Trends – den richtigen Zeitpunkt finden

Das Tool Google Trends ist kostenlos und zeigt die Häufigkeit von Suchanfragen zu einem Thema im zeitlichen Verlauf und im Vergleich zu anderen Themen. Man kann so sehen, wann Internetnutzer verstärkt nach ihren Themen suchen, und finden den richtigen Zeitpunkt, um Kommunikationsmaßnahmen zu starten. Das Beispiel unten zeigt, dass nach Winterreifen deutlich stärker als nach Sommerreifen gesucht wird, und dass eine Kommunikation zu Winterreifen schon Ende August starten sollte – denn da steigen die Suchanfragen deutlich an.

Quelle: Google Trends

 

Was fragt die Zielgruppe?

SEO Answerthepublic – nach Eingabe eines Themas oder Suchbegriffs liefert die Online-Plattform Answerthepublic die „W-Fragen“, nach denen die Zielgruppe zu diesem Thema gesucht hat. Je mehr Nutzer sich für eine Frage interessieren, desto weiter vorne steht die Frage im Ranking. So sehen wir am Beispiel Naturkosmetik, dass viele Nutzer sich für den Suchbegriff „welche Naturkosmetik bei Akne“ interessieren. Mit diesem Wissen kann man gezielt Antworten zu Nutzerinteressen produzieren und das Google-Ranking der eigenen Seite verbessern. Zusätzlich zu solchen Fragen zeigt Answerthepublic auch noch verwendete Präpositionen (mit, an, auf etc.), Vergleiche (und, oder etc.) und verwandte Suchbegriffe an.

Quelle: AnswerThePublic

 

Searchmetrics – Die Suche der NutzerInnen

Das Tool Searchmetrics informiert Unternehmen, wann ihre Zielgruppe mit welchen Keywords im Netz suchen. Ausgespielt werden darüber hinaus aktuelle Thementrends sowie Mitbewerbervergleiche (Sichtbarkeit der Webseiten im Vergleich, verwende Keywords etc.). Mit diesen Informationen können Unternehmen evaluieren, wie gut ihr Content auf die Nutzerinteressen ausgerichtet ist, welche Wettbewerber mit denselben Keywords um Sichtbarkeit im Netz kämpfen und welche Keywords für ein Thema relevant sind. Letztendlich lassen sich mit Searchmetrics die Inhalte der Kommunikation zielgerichtet optimieren. Mit welchem Content sich etwa Fußballtore für Kinder sinnvoll vermarket lassen, verdeutlicht das nächste Beispiel. Die Auswertung zeigt, dass Eigenschaften, Einsatz und Qualität der Tore im Fokus der Nutzer stehen und mit „Clementoni“ nur ein konkreter Markenname bei Toren gesucht wurde. Der Online-Shop „My Toys“ wird als Verkaufsort präferiert. Mit diesen Erkenntnissen können Anbieter von Fußballtoren ihren Content zielgerichtet auf die Nutzerinteressen ausrichten.

Quelle: Searchmetrics

 

Das Verhalten der BesucherInnen

Web Analytic Tools wie Google Analytics bieten mehr als 100 verschiedene Datenpunkte an, die sich für eine Auswertung eignen. Für KommunikatorInnen ist sicherlich die Messung spannend, über welche Quellen die Besucher auf die Unternehmens-Webseite kommen. So können sie ihre unterschiedlichen Social-Media-Kanäle benchmarken und evaluieren. Die Frage, welcher Kanal wie stark zum Traffic auf der Webseite und letztendlich zur gewünschten Conversion beiträgt, ist hiermit schnell beantwortet. Mit dem Google Kampagnenmanager haben Unternehmen zusätzlich die Möglichkeit, kampagnenspezifische Links zur erzeugen, die – wenn sie in Posts eingebunden werden – wiederum von Google Analytics identifiziert werden können und so die Erfolgsmessung einer einzelnen Kampagne kanalübergreifend ermöglichen.

Quelle: Google Analytics

 

Datensilos überwinden

Ein allumfassendes Tool, das sämtliche Fragen zur Performance der Unternehmenskommunikation beantworten kann, gibt es nicht. Je nach Fragestellung bietet sich eine Vielzahl verschiedener Anwendungen an. Ich bevorzuge den „Best of Breed“-Ansatz, der bedeutet, immer das beste Tool für die aktuelle Fragestellung zu nutzen. In den Unternehmen führt der parallele Einsatz mehrerer Tools dazu, dass Datensilos in den Abteilungen und Fachbereichen entstehen. So kennt die Social-Media-Abteilung beispielsweise sehr genau die Daten aus den Social Media Analytics, aber die Datenhoheit, um den Einfluss der Maßnahmen auf die Webseite zu messen oder den Webshop via Web Analytics zu bewerten, liegt in einem anderen Bereich. Die hohe Kunst ist es, die Datensilos aufzubrechen und einheitliche Datenmodelle zu schaffen, um einen ganzheitlichen Blick auf die Kommunikation zu erhalten. Nur so lassen sich Daten aus Medienanalysen, Social Media Analytics und Web Analytics sinnvoll miteinander kombinieren und wertvolle Insights für die Steuerung der Kommunikationsmaßnahmen generieren. Grundvoraussetzung ist, dass die Abteilungen über die unterschiedlichsten Tools hinweg einheitlich arbeiten. Zum Beispiel sollten sie Regeln definieren, wie sie bestimmte Themen, Produkte oder Kampagnen in den Tools markieren.

Business-Intelligence-Anwendungen wie Tableau, QlikView, Power BI oder Google Data Studio sind hier das Mittel der Wahl, um Daten aus unterschiedlichsten Quellen miteinander zu kombinieren und in einem Dashboard darzustellen. Zuerst sichten die zuständigen Mitarbeiter, welche Tools sie bereits einsetzen. Anschließend legen sie gemeinsam fest, welche Daten sie für ihre Ziele brauchen. Die Daten werden daraufhin normalisiert, so dass sie untereinander vergleichbarer werden. Ein gutes Beispiel ist die einheitliche Formatierung eines Kalendertages über alle Tools hinweg. Zu guter Letzt wird das Datenmodell aufgebaut, um die Daten in einem Dashboard zu visualisieren. Mit dieser Übersicht haben die Mitarbeiter an einer einzigen Stelle den Überblick über den aktuellen Stand der Kommunikationsmaßnahmen. Sie haben die Voraussetzung geschaffen, um Daten aus den unterschiedlichsten Quellen miteinander zu kombinieren. Der Sales Funnel vom ersten Kontakt mit der Zielgruppe auf Instagram bis zum Verkaufsabschluss im Webshop ist so darstell- und steuerbar.

Quelle: Landau Media

 

Wertschöpfung aufzeigen

Wer Datensilos aufbricht und Informationen in den unterschiedlichsten Tools und Unternehmensbereichen an einer zentralen Stelle bündelt, rückt einem ganzheitlichen Kommunikationscontrolling einen großen Schritt näher. Zusätzlich birgt die Analyse viele neue Erkenntnisse für die Content-Optimierung. Endlich ist der Einfluss der Kommunikation auf die Wertschöpfung und den Unternehmenserfolg messbar. So hilft die immer weiter fortschreitende Digitalisierung, zu belegen, wie wichtig die Kommunikation für den Unternehmenserfolg ist. Eine schöne neue Datenwelt, finde ich.

Communication Consultants & Landau Media

Landau Media unterstützt Communication Consultants seit 2016 bei der Medienbeobachtung. Mit Hilfe von Landau Media kann die Agentur den Erfolg ihrer Arbeit sicht- und messbar machen, ob bei Einzelmaßnahmen oder ganzen Kampagnen, ob in der klassischen Medienarbeit oder bei Social Media. Ein Beispiel für die erfolgreiche Zusammenarbeit ist die Kampagne „Von null auf einhundert“ für das Deutsche Institut für Normung, die mit dem Internationalen Deutschen PR-Preis ausgezeichnet wurde.

Mehr Informationen rund um Kennzahlen, Metadaten und KPIs im Kommunikationscontrolling erhalten Sie unter medienrot@landaumedia.de


Eike TölleÜber den Autor: Eike Tölle studierte Wirtschaftsingenieurwesen an der Technischen Universität Berlin und ist Leiter der Medienanalyse beim Berliner Medienbeobachter Landau Media. Seit 2001 ist er für den Aufbau und die Implementierung des Leistungsbereiches Medienanalyse bei Landau Media verantwortlich und entwickelt im Rahmen dieser Tätigkeit Methodiken und Tools der Medienresonanzanalyse. Des Weiteren hält er Vorträge mit dem Schwerpunkt PR-Controlling und ist Mitglied diverser Arbeitskreise zu den Themen Wertschöpfung und Social Media.