iPhone-Nutzern wohlbekannt dürfte Apples Spracherkennungssoftware Siri sein, die sich 2011 als sogenannter „Sprachassistent“ in den Smartphones festsetzte und dort ein neues Zuhause fand. Ich sehe noch meine Mutter in der Küche stehen und verblüfft den Kopf schütteln, während mein Bruder sein Mobiltelefon mit Fragen traktierte: „Siri, was ist Null geteilt durch Null?“ Daraufhin Siris didaktisch wertvolle Antwort: „Stell dir vor, du hast null Kekse und verteilst sie gleichmäßig auf null Freunde. Wie viele Kekse bekommt jeder? Siehst du, das macht keinen Sinn. Und das Krümelmonster ist traurig, weil es keine Kekse mehr gibt und du bist traurig, weil du keine Freunde hast.“ Allgemeines Schmunzeln, nächste Frage.
Der sprechende Assistent schien schon irgendwie unglaublich. Als praktischer Alltagshelfer war er gedacht; die Mehrheit sah in ihm nicht mehr als eine nette Spielerei. Unausgereift wirkte die Software, wenn sie auf Durchzug schaltete und verlauten ließ: „Das habe ich nicht ganz verstanden“. Trotz mancher Kommunikationsschwierigkeiten zwischen Mensch und Maschine – mit Siri (ursprünglich eine Kreation der Firma Siri Inc.) erwarb Apple ein innovatives Erfolgsprodukt, das Medien und Nutzer begeisterte. Millionenfach abgerufen, wurde Siri zum Trend und sicherte dem Tech-Unternehmen die Pole Position auf dem Gebiet der Künstlichen Intelligenz.
Im Jahre 2017 steht ein anderes Unternehmen im Fokus der medialen Aufmerksamkeit. Die Rede ist von Amazon, einem amerikanischen Online-Versandhändler, der das Potenzial des sprechenden Assistenten erkannt hat und derzeit mit einer hauseigenen Sprachintelligenz erfolgreich den Markt erobert. Die Medienresonanzanalyse zeigt es deutlich: Amazons „Alexa“ ist in aller Munde und hat Siri längst den Rang abgelaufen. Integriert ist die digitale Plaudertasche in einen Lautsprecher, der mit sieben Mikrofonen ausgestattet in den Raum hineinlauscht. „Amazon Echo“ nennt Amazon das neu entwickelte Produkt, das sich mit natürlicher Sprache leicht bedienen lässt und dem Nutzer den Alltag erleichtert. Auf dem ersten Erfolg aber wollte sich der Versandkonzern nicht ausruhen und verfügt mittlerweile über eine ganze Echo-Produktfamilie.
Die Medienanalyse zu den „Sprachassistenten“ macht sichtbar, welches Top-Thema die Medienwelt momentan in Atem hält. Vernetzte Lautsprecher sind die Sensation und erfreuen sich größter Beliebtheit. Kein Wunder also, dass es sich die führenden Konzerne Google, Microsoft und Apple nicht nehmen lassen, ebenfalls auf der Welle des Erfolgs zu schwimmen. Schon produziert Google für seinen Sprachassistenten Google Assistant den Lautsprecher „Google Home“, Microsofts Cortana kommt in einer Box des Hifi-Spezialisten Harman Kardon unter und neulich erst stellte Apple den längst erwarteten „HomePod“ vor, aus dem Siri zu dem Nutzer spricht. Noch ist Alexas Konkurrenz in Deutschland nicht zu haben (Microsofts Invoke-Lausprecher soll in Kürze, Google Home im Laufe des Sommers und Apples HomePod im kommenden Jahr erscheinen). Angesichts der enormen Produktvielfalt interessiert potentzielle Käufer dennoch eines ganz besonders: Was können die digitalen Assistenten im Audio-Gerät? Dementsprechend belegt die Kategorie „Produktinformation/ Neuerungen“ den zweiten Rang in der Themenanalyse und reiht sich gleich hinter „Endgerät/ Vernetzter Lautsprecher“ ein.
Die virtuellen Assistenten haben einige Funktionen, die dem Nutzer das Leben angenehmer machen. Sie spielen Musik, geben den Wetterbericht durch, planen Termine und beantworten Wissensfragen aller Art. Die Assistenten können außerdem im Smart Home zum Einsatz kommen und sich mit Geräten im Haus verbinden. Auf Zuruf dimmen sie das Licht oder fahren die Rollländen hoch und runter. Amazon setzt obendrein verstärkt auf Kooperationen mit Drittanbietern. Unternehmen haben die Möglichkeit, für Alexa sogenannte „Skills“ zu entwickeln, mit denen sich die Fähigkeiten des Sprachassistenten noch weiter ausdehnen. Comdirect entwarf eine App, die es Aktienfans möglich macht, sich über Aktienkurse informieren zu lassen. Auch ein Sportschau-Skill existiert oder einer von der Tagesschau. 15.000 Skills soll Alexa bereits beherrschen – Tendenz steigend.
Doch wer ist denn nun der Schlauste (Assistent) im ganzen Land? n-tv ist sich sicher und titelt: „Google Home ist schlauer als Amazon Alexa“. Alexa habe aber auch Vorteile. Beim Shoppen sei die Software ihren Nutzern eine große Hilfe. Praktisch mögen die digitalen Assistenten zwar sein; ein Manko ist ihnen aber gewiss. Datenschützer warnen vor den Gefahren, die von den vernetzten Lautsprechern ausgehen. Die Geräte hörten mit, Daten würden gespeichert. In der Medienresonanzanalyse hängt eine „negative“ oder „ambivalente“ Tonalität überwiegend mit möglichen Datenschutzrisiken zusammen.
Kontrovers diskutiert wird deshalb auch die Einführung von Amazons „Echo Look“, einem Lautsprecher, der zusätzlich mit einer Kamera ausgestattet ist und Modebewusste in Stilfragen berät. Vom „Lauschangriff“ in den eigenen vier Wänden ist die Rede, von Alexas „Schlafzimmerblick“, vom „Spion, den wir trotzdem lieben“. Eines ist sicher: Digitale Sprachassistenten sind gefragt, egal ob im Smartphone integriert, in Lautsprechern platziert oder in Automobilen eingebaut.
Wie populär digitale Sprachassistenten sind, spiegelt sich besonders in den sozialen Medien wider, die in der Medienanalyse gesondert von Print- und Onlinemedien betrachtet wurden. Über wenige Wochen wuchs die Anzahl von Beiträgen bei Social Media auf 55.654 an, eine Datenmenge, die menschlich kaum zu durchdringen ist. Die Flut an Resonanzen muss hier für sich sprechen. Erstaunlich ist aber die Tatsache, dass sich in den sozialen Medien Siri als der am häufigsten genannte Sprachassistent herauskristallisiert. Während in den Print- und Onlinemedien Alexa zum Top-Assistenten gekürt worden ist, liegt Siri bei Social Media an der Spitze. Damit scheint Apples Sprachassistenz keinesfalls in Vergessenheit geraten zu sein. Auch wenn das Design von Apples neuem „HomePod“ bei dem ein oder anderen Twitter-User skurrile Assoziationen zu wecken scheint …
Turns out I already have a #HomePod pic.twitter.com/VFUY6jfPIm
— Raz (@raztweets) 5. Juni 2017
Den Witz hat bestimmt schon jemand gebracht oder? #HomePod #WWDC17 pic.twitter.com/T0NGpXepLe
— Basti (@PersonalBasti) 5. Juni 2017
Wer nun wissen möchte, wie es sich mit einem Sprachassistenten lebt, ist bei diesem Artikel richtig aufgehoben >>
Über die Autorin:
Beatrice Schmid-Lossberg ist seit 2017 Medienanalystin bei Landau Media. Zuvor hat sie Germanistik an der Universität Mannheim studiert.