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(Alb)Traumjob Agenturmanager?

Foto: © Fotolia/lassedesignen
Agenturen tun sich schwer, erfahrene Leute für ihre Führungsaufgaben zu finden. Seniors sind Mangelware. Ist der Markt nach den Jahren des Aufschwungs derart ausgedörrt? Das ist definitiv eine Ursache. Eine andere scheint mir: Der Job ist mittlerweile unbeliebt.

Zumindest wird er fordernder. Team- und Projektverantwortliche sind traditionell in der Sandwichposition. Sie managen arbeitsteilige Strukturen, sie ringen mit den komplexen Anforderungen von Kunden auf der einen, den Vorgaben von Agenturchefs auf der anderen Seite – und sie verhandeln täglich die wilden Ansprüche der selbstbewussten jungen Generation. Gute Führungskräfte stellen sich zudem vor ihr Team: Sie baden Fehler aus, moderieren die Konflikte, gehen mit den Budgetzwängen um und halten am Ende den Kopf für Ergebnisse und Deadlines hin. Und sie legen sich für ihr Team mit den Chefs an, wenn es Not tut.

Das ist eine Verantwortung, die eine klassische Karriere so mit sich bringt und die höhere Bezüge rechtfertigt. Aber man muss das auch wollen.

Als ich neulich an dieser Stelle über die Beobachtung geschrieben habe, dass die Selbstständigkeit für junge Menschen in der Branche zu einer attraktiven Option geworden ist, war das wohl zwischen den Zeilen auch eine Absage an diese klassische Agenturmanagerlaufbahn.

Der kommenden Generation liefern Status und Schulterklappen, die Führungsrollen bedeuten, weniger Ansporn als ihren Vorgängern. Selbstverwirklichung geht ihnen vor Karriere. Und sie wünschen, in dem Beruf zu arbeiten, für den sie sich ursprünglich entschieden haben: Kommunikation.

Wie zehrend die Laufbahn als Agenturmanager sein kann, lesen wir in den Gesichtern von denen, die sie hinter sich haben. Gestandene Agenturprofis, die nach Jahren im Konzern oder Netzwerk nun in einer überschaubaren Struktur arbeiten, erzählen freudestrahlend, dass sie nun wieder selber texten dürfen. Sie reden vom Start-up-Gefühl. Dass sie ihre Arbeit wieder neu entdecken. Von der hatten sie sich zuvor offenbar entfremdet.

Diese Aussicht schreckt junge Leute ab. Wer aber wird in Zukunft steuern und führen, wenn die nachwachsenden Agenturmenschen offenbar keine hohen Ambitionen mehr darauf haben?

Ich frage mich: Erklären wir ihnen die Führungsrolle in Agenturen richtig und machen wir Einsteigern klar, wie sehr sie mit dem Erwerb von Führungskompetenzen und Managementskills – jenseits der fachlichen Ausbildung – punkten können? Es wird die Aufgabe des Kulturwandels in Agenturen sein, die kleine Führungsrolle zu erneuern, die Aufgabe von Managern besser zu begleiten und so zu organisieren, dass sie ihnen mehr Sinn stiftet. Denn die Rolle von Führungsspielern in Agenturen muss attraktiver werden – auch für Kandidaten außerhalb des kreativen Bewerberpools, in dem Agenturen klassischerweise fischen.


nico-kunkel_150x150pxÜber den Autor: Nico Kunkel ist seit mehr als zehn Jahren professioneller Beobachter von Themen und Trends in Kommunikation, PR- und Medienindustrie. Er arbeitet als freier Journalist und Impulsgeber für Events und Netzwerke in der Branche. 2012 begründete Kunkel die PR-Nachwuchsinitiative #30u30 (www.30u30.de). Nico Kunkel lebt in Berlin. Er twittert als @prreporter.