Wenn ich Projekte angehe, dann habe ich oft den gleichen Ablauf, um mich dem Ganzen auf dem Papier zu nähern. Ich visualisiere viele Teile eines Projektes mit Mindmaps, Flussdiagrammen oder einfachen Tabellen. UND ich nutze meist diese einfache 10er-Liste, um mir noch mal über den großen Umriss eines Projektes klar zu werden. Erst dann setze ich mich an den Rechner und bringe alles in eine Form, die man mit AuftraggeberInnen, Freelancern oder Agenturen teilen sollte. An dieser Stelle möchte ich die Liste gern teilen und erläutern.
01. Welche Ziele will ich erreichen? Und sind sie realistisch?
Bevor man sich überhaupt für irgendein Projekt entscheiden sollte, hilft es immer, die eigenen Ziele zu definieren. Erst danach sollte man sich einen Kopf um die anderen Fragen machen. Immerhin kann sich ja bei der Zieldefinition herausstellen, dass sich analoge Wege zum Ziel auch oder gar besonders lohnen würden.
02. Habe ich genügend Zeit für Testläufe?
Ein Punkt, den ich persönlich immer sehr früh plane: Tests. Insbesondere bei digitalen Projekten kann man oft kostengünstig Dinge schnell noch anpassen und so das Projekt insgesamt verbessern. Aber eben weil man das kann, sollte man sich auch die Zeit für Tests einräumen. Wenn man diese Zeiträume im Projektplan gleich berücksichtigt, kann man meist entspannter und fokussierter durchziehen.
03. Auf welchen digitalen Kanälen bewegt sich der Großteil meiner Zielgruppe?
BeraterInnen haben oft eine eigene Agenda. Das muss sicherlich auch so sein. Insbesondere bei digitalen Kanälen hat man selbst oft Vorlieben. Weil man bestimmte Channels besonders gern nutzt und dadurch auch die Tricks und Kniffe kennt. Tatsächlich versuche ich selbst gern aus der Perspektive der NutzerInnen zu denken. Dabei helfen schon oft Gespräche im Vorfeld. Ich stelle gern Fragen an die angestrebte Zielgruppe: Wo holst du dir deine Infos her? Wie nimmst du am liebsten Kontakt auf? Was stört bei den Kanälen, die du nutzt? Das ist natürlich keine objektive Erhebung, hilft aber bei der Recherche. So erfährt man ganz nebenbei auch oft etwas über konkurrierende Projekte.
04. Welche Kanäle passen für welche Inhalte?
Nehmen wir als Beispiel ein Video: Natürlich kann ich inzwischen in fast allen Kanälen Videos einbinden. Aber dieses Können heißt nicht unbedingt, dass die Videos dort auch entsprechend genutzt werden. Youtube und Vimeo sind echte Videoplattformen. Instagram ist mehr eine Fotoplattform und Google+ benutzen viele Menschen gar nicht. Aber auf allen Plattformen gibt es die Möglichkeit Videos einzubinden. Hin oder her – Videos lädt man bei Youtube hoch und bei Vimeo. Bei Instagram arbeitet man mit ausdrucksstarken Fotos, und wenn man dort Videos unterbringen will, dann muss man die maximal 15 Sekunden wirklich knackig gestalten – man braucht also vermutlich eine bearbeitete Form des Videos.
Aus der Projektperspektive suche ich meist nach Ideen für Content-Formate und überlege mir dann, ob ich davon Ableitungen ziehen kann. Beispiel: Aus einem Video-Interview kann man auch Fotos ziehen. Und die Tonaufnahme lässt sich auch für die Verschriftlichung eines Interviews nutzen – ergo zu einem Blogtext oder einer Pressemitteilung verarbeiten.
05. Welche wirkungsvollen Inhalte kann ich kosteneffizient erstellen?
Mein oberstes Gebot: Weniger ist mehr. Ja, man kann mit einer riesigen Crew ein großes Video produzieren. Man kann aber auch mit einer kleineren Crew für dasselbe Geld vielleicht drei oder vier Videos drehen. In Zeiten von Social Media ist das ein dankbares Ergebnis, wenn man daran denkt, wie viele Inhalte ein Social Media Kanal braucht. In Sachen Kosteneffizienz stehen allerdings oft Texte ganz weit oben. Wenn man sie von wirklichen Textprofis schreiben lässt, dann hilft das ungemein. Insbesondere dann, wenn man sich vor Augen hält, dass ein schlechter Text keine Wirkung erzielt. Die dafür aufgewendete Zeit ist dann im Zweifel teuer gewesen.
06. Welche zusätzliche Nutzung lassen meine Inhalte zu?
Wie in Punkt 4 bereits angerissen: Es lohnt sich immer, vorab darüber nachzudenken, wie ich die Inhalteproduktion so optimiere, dass ich die Ergebnisse hinterher für verschiedene Kanäle anpassen kann. Hier nehme ich das Beispiel Bild bzw. Grafik: Produziere ich das Bild in einer niedrigen Auflösung (weil ich es ja nur für das Web brauche), so verbaue ich mir die Chance, hinterher einen bestimmten Ausschnitt daraus für eine spätere Nutzung zu ziehen. Das gewonnene Bild dürfte nämlich sehr verpixelt sein. Lasse ich eine Fotoproduktion durchführen, so fotografiere ich nicht nur das Team als gesamte Gruppe (so wie es das Briefing hergab), sondern ich lasse im besten Fall für einen geringen Preisaufschlag von der Fotografin bzw. dem Fotografen auch noch die einzelnen Mitglieder portraitieren. Denn ich habe ja schon die Anstrengung auf mich genommen, das gesamte Team zum Termin zu holen.
07. Habe ich (genügend) Profis für die Erstellung sehr guter Inhalte?
Klassiker: Ich kann das ja schnell selbst machen. Ja. ABER Profis machen es besser und in der Zeit kann ich bereits das restliche Projekt vorantreiben. Deshalb gebe ich viele Dinge an Profis weiter. Das senkt im Zweifel meine Marge oder schöpft das Budget voll aus, sorgt jedoch auch für bessere Ergebnisse. Je nach Projekt entscheide ich nur, ob ich es einem Senior oder einem Junior gebe. JuniorInnen haben oft den Vorteil, dass sie mit den neueren Techniken vertraut sind. Das kommt aber auf das Projekt an. Manchmal passen eben doch SeniorInnen besser, weil sie die „alten“ Techniken solide können.
08. Habe ich (genügend) Profis, um das Feedback aus den digitalen Kanälen zu be- und verarbeiten?
Wenn man sich entscheidet, digitale Kanäle zu bespielen, sollte man immer auf dem Schirm behalten, dass die NutzerInnen der Inhalte Feedback geben können und das auch tun. Positiv UND auch gern mal negativ. Dafür braucht man Menschen, die sich dieses Feedbacks annehmen, es bewerten und verarbeiten. Es sollte also jemand schon zu Projektbeginn mindestens dafür die Zuständigkeit bekommen. Später braucht es dann eventuell auch weiteres, fähiges und gebrieftes Personal.
09. Wie kann ich das Erreichen meiner Ziele monitoren?
Wenn ich mich mit Projekten beschäftige, dann muss ich mich auch damit auseinandersetzen, wie ich meine Ziele im Blick halte. Dafür gibt es inzwischen zahlreiche Tools. Nicht alle sind gut. Es braucht also Recherche, um ein ausgewogenes Kosten-Nutzen-Verhältnis im Blick zu behalten. Mal reicht ein kostenloses Google-Analytics, mal muss man doch in einige Euro im Monat ausgeben, um solide Zahlen zu bekommen.
10. Habe ich Kennzahlen bzw. Ziele gewählt, die ich auch evaluieren kann?
Wenn ich die richtigen Tools habe, dann überprüfe ich noch mal, ob die von mir gesetzten Ziele dann auch noch aussagekräftig sind oder ich sie anpassen muss. Interessiert mich wirklich, wie lange User meine Inhalte benutzen, so muss ich die Verweildauer messen und analysieren. Ist mir die Zahl der NutzerInnen wichtiger, so greife ich auf die Visitors als Kennzahl zurück. Die Kombination beider Zahlen sagt aber eigentlich erst wirklich etwas über meine Inhalte aus.
Über den Autor: Jens Stoewhase ist verantwortlicher Redakteur für medienrot.de und Geschäftsführer der Rabbit Publishing GmbH, die dieses Onlinejournal im Auftrag der Landau Media AG betreibt. Bis Ende 2011 betreute er selbst u.a. die digitalen Aktivitäten zahlreicher kommerzieller Kinder- und Jugendmagazine und YPS. Stoewhase arbeitete vorher jahrelang für den Onlinebereich der TV-Serie „Gute Zeiten, Schlechte Zeiten“ und als Freelancer im Musikbereich und entwickelte Konzepte für digitale Angebote im Entertainmentsegment.