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Springer Elite im Tal der Ahnungslosen

Das „Tal der Ahnungslosen“ – so wurde bissig die Region in der ehemaligen DDR genannt, die aufgrund geografischer Gegebenheiten nicht in der Lage war, das Fernsehen der Bundesrepublik zu empfangen. In dieser Form vom westlichen Journalismus abgeschnitten, war die ausgewogene Meinungsbildung dieser rund 15% der DDR Bevölkerung schwieriger als in den Gebieten mit Westmedien.

Wenn sich heute die Elite der Führungskräfte des Axel-Springer-Verlags ins Silicon Valley zurückzieht, darf man sich fragen, ob dort nicht das Tal der Ahnungslosen neu erfunden wird. Sicherlich, man hat dort in der kalifornischen Sonne die Möglichkeit, die erfolgreichen Internet-Unternehmen zu bestaunen, die man in den eigenen Blättern oft als unmoralische, kapitalistische Monopolisten verunglimpft. Auf den ersten Blick scheint es logisch zu sein, dort nach Innovationen zu suchen, wo sich innovative Unternehmen weltweit ausgebreitet haben. Allerdings verliert man so ganz schnell das wesentlichste aus den Augen, was für innovative Prozesse zu beachten ist: den Kunden. Im Silicon Valley sitzt niemand, der sich im deutschen Medienmarkt wirklich auskennt. Niemand der das seit Jahren gesuchte Online-Geschäftsmodell für Zeitungsverlage bereits gefunden hat. Niemand der der Springer-Elite bei ihrer eigentlichen Aufgabe weiterhelfen könnte.

Ohne Frage kann man in den USA Impulse für erfolgreiche unternehmerische Ideen bekommen. Auch das betriebswirtschaftliche Know-how an amerikanischen Universitäten ist sicherlich beachtenswert. Warum muss jedoch ein führendes Medienunternehmen am europäischen Markt ein halbes Jahr im Silicon Valley nachsitzen? Warum widmet man sich nicht gleich den Problemen im eigenen Kerngeschäft? Innovation heißt eben neue Wege gehen und nicht anderen beim neue Wege gehen zuschauen.

Über den Autor: Uwe Mommert ist Vorstand für Vertrieb und Produktion der Landau Media AG. Darüber hinaus ist er begeisterter Web 2.0-Fan und immer an innovativen Ideen interessiert. Für medienrot.de kommentiert Uwe Mommert regelmäßig das Mediengeschehen.