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Shitstorm – wenn eine leichte Brise außer Kontrolle gerät

Die Zeiten, in denen nur die Presse die Unternehmen, Institutionen bzw. Organisationen beobachtete und Missstände anprangerte, sind vorbei. Dank Social Media kann jeder Ansichten, Tatsachen und Gerüchte verbreiten. Ein User kann in Sekunden ohne Aufwand ein Millionenpublikum erreichen. Die rege Aktivität in den digitalen Netzwerken potenziert die Verbreitung eines Beitrags und kann einen Shitstorm auslösen.

Die MitarbeiterInnen in den Kommunikationsabteilungen stehen vor der Herausforderung, einen Weg zu finden, wie sie mit negativen Beiträgen umgehen, die User über ihre Arbeitgeber verbreiten. Wegen der Inhalte solcher Äußerungen mögen die Betroffenen Firmen oder Oragnisationen rechtliche Ansprüche haben. Selbst ein an sich berechtigtes Vorgehen kann jedoch als unangemessen wahrgenommen werden und seinerseits eine Überreaktion von Usern provozieren. Als Shitstorm wird eine massenhafte Kritik im Internet bezeichnet, der eine unkontrollierbare Eigendynamik innewohnt.

Negative Äußerungen in Beiträgen von Usern sind rechtlich nicht immer angreifbar. Ob Inhalte eines Postings rechtlich angreifbar sind, bestimmt sich danach, ob es sich um Tatsachenbehauptungen oder um Werturteile handelt. Diese beiden Formen lassen sich im Grunde wie folgt unterscheiden: Tatsachenbehauptungen sind dem Beweis zugänglich, Werturteile sind bloße Meinungsäußerungen.

Tatsachenbehauptungen sind unzulässig, wenn sie unwahr sind. Wird zum Beispiel zu einem Boykott des Angebots eines Unternehmens aufgerufen, ist dies rechtlich zulässig, solange der Aufruf durch zutreffende Tatsachenbehauptungen motiviert ist.

Werturteile sind zulässig, soweit sie die Schwelle zur Schmähkritik nicht überschreiten. Wird zum Beispiel behauptet, Herr Listig sei einer der verlogensten und korruptesten Manager, ist dies unzulässige Schmähkritik. Diese Äußerung setzt sich nicht einem Angriffspunkt in der Sache auseinander, stattdessen steht die pauschale Diffamierung im Vordergrund.

Rechtliche Ansprüche, die ein Unternehmen wegen unzulässiger Inhalte von Beiträgen geltend machen kann, stützen sich zum Beispiel auf eine Kreditgefährdung, § 824 BGB oder Verletzung ihres Unternehmenspersönlichkeitsrecht analog §§ 1004, 823 I BGB.

Gut aufgestellt ist in Zeiten von Social Media ein Unternehmen, das nicht nur einen Notfallplan für einem Feueralarm vorhält, sondern auch darauf eingestellt ist, wie den Anfängen eines Shitstorms begegnet wird. Angesichts der schnellen Eigendynamik von Social Networks sollte in ruhigen Zeiten schon eine Handlungshilfe für den Ernstfall vorbereitet werden. Welche Ausbreitung eines Shitstorms wird hingenommen? Wo liegt die Schmerzgrenze? Wann wird man aktiv? Welche tatsächlichen und rechtlichen Maßnahmen kommen grundsätzlich in Betracht? Welche Personen im Unternehmen bzw. der Organisation treffen zu gegebener Zeit die Entscheidungen?

Dies erleichtert im Ernstfall die nötige Abwägung zwischen den Folgen, die durch die massive Kritik aus dem Internet erwartet werden und den Folgen, die mit dieser oder jenen Reaktion verbunden sein können. Innerhalb kürzester Zeit muss so mit einem Shitstorm umgegangen werden, dass die Reputation von Unternehmen, Instition oder Oraganisation so wenig wie möglich beeinträchtigt wird. Es kann schon ein Erfolg sein, durch eine geschickte (Re-)Aktion die Aufmerksamkeit der Social Media Kanäle auf einen positiven Aspekt zu lenken, anstatt den Auslöser des Shitstorms anzugreifen. Was einmal richtig war muss im anderen Fall nicht auch richtig sein. Kommunikatoren sollten die für sie relevante rechtliche Position kennen, aber nicht immer jeden Rechtsanspruch mit der Keule geltend machen.

Über die Autorin: Eileen Gaugenrieder, LL.M.oec./M.B.A., ist Rechtsanwältin, Fachanwältin für Gewerblichen Rechtsschutz und Counsel bei CMS Hasche Sigle (Partnerschaft von Rechtsanwälten und Steuerberatern). Der Fokus ihr Arbeit liegt auf der strategische Beratung und Prozessführung im Wettbewerbsrecht und Markenrecht, insbesondere zu Vertragsgestaltungen, Internetauftritten, Werbekampagnen und Fernabsatz/E-Commerce sowie datenschutzrechtliche Beratung. Frau Gaugenrieder studierte Rechtswissenschaften und absolvierte ein wirtschaftsrechtliches Masterstudium zum LL.M.oec. und ein wirtschaftswissenschaftliches Masterstudium zum M.B.A.. Dozentin an der Technischen Universität Dresden im Urheberrecht/Internetrecht. Seit 2003 ist sie Anwältin bei CMS Hasche Sigle.