Rückwärtssalto aus dem Stand

Das Wortungetüm „Leistungsschutzrecht“ ist ein Begriff, den wir in Deutschland seit ca. fünf Jahren diskutieren. Seit fast zwei Jahren ist das Leistungsschutzrecht geltendes Recht in Deutschland. Im Kern war es dazu gedacht, dass das Anzeigen von Sucherergebnissen aus kostenfreien Verlagsangeboten für den Anzeigenden kostenpflichtig wird. Was genau eine kostenpflichtige Anzeige von Suchergebnissen ist, ist bis heute allerdings unklar.

Aber klar war, nicht zuletzt durch die aggressive Rhetorik der Verlage gegenüber Google, auf wen dieses Gesetz zugeschnitten wurde: Google, die aggressive Datenkrake, der Monopolist und Meinungsmacher. Google, der Ausbeuter der journalistischen Arbeit. So und so ähnlich wurde gegen die amerikanische Suchmaschine Stimmung von den Verlagen gemacht.

Von Anfang an wiesen wackere Kritiker dieser deutschen Insellösung „Leistungsschutzrecht“ darauf hin, dass Verlage durch eine einfache Ergänzung im Quellcode ihrer Webseiten die Durchsuchung durch Google stoppen könnten. Hier begann die Logik der Verlage deutliche Risse zu zeigen. Durchsucht werden ja, aber nur wenn gezahlt wird, war die Forderung. Kostenlose Internet-Angebote sollten von Google gegen Geld durchsucht werden, damit dann der Nutzer diese kostenfrei genießen kann.

Wie von allen erwartet, ist Google dieser Argumentation nicht gefolgt und hat angekündigt, lieber gar nicht zu durchsuchen. Sollten die Verlage doch sehen, wo sie in Zukunft ihre Leser herbekommen.

Jetzt kommt mein Lieblingssatz, den daraufhin die VG Media in einer Presseerklärung veröffentlichte: „Die ab dem 23. Oktober 2014 von Google umgesetzte deutliche Reduzierung der Textdarstellung und die Auslistung von Bilder-Darstellungen auf allen Google-Suchdiensten setzt die Presseverleger einem erheblichen wirtschaftlichen Druck aus. Sie sehen sich dadurch gezwungen, gegen ihren Willen die VG Media anzuweisen, Google eine „Gratiseinwilligung“ zu erklären“.

Google darf also weiterhin Gratisinhalte gratis durchsuchen. Zwar „gegen den Willen“ der Verleger, aber mit einer „befristeten Gratiseinwilligung“. Aha. Google setzt einen „wirtschaftlichen Druck“ auf, in dem sie die Verlage nicht weiter kostenlos durchsuchen und anderen zugänglich machen. Aha. Die Verlage wollen nur durchsucht werden, wenn Sie Geld dafür bekommen, sollten sie dann aber nicht durchsucht werden, dann geht es doch für „umme“, wie der Berliner sagen würde. So, so. Ich habe seit der Veröffentlichung dieser abstrakten Formulierung darüber nachgedacht, wie man gegen seinen Willen eine Einwilligung geben kann. Kann ich nicht, Verlage können das. Ein logischer doppelter Rückwärtssalto.

Über den Autor: Uwe Mommert ist Vorstand für Vertrieb und Produktion der Landau Media AG. Darüber hinaus ist er begeisterter Web 2.0-Fan und immer an innovativen Ideen interessiert. Für medienrot.de kommentiert Uwe Mommert regelmäßig das Mediengeschehen.

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