Schock! Ist unser Internet kaputt? Haben die Milliarden von Posts die Leitungen gesprengt? Haben Millionen sinnfreier Katzenbilder den Intelligenzregulator durchbrennen lassen? Nein! Technisch gesehen funktioniert es noch, das hat mein Selbsttest ergeben. Der Urheber der Schadensmeldung ist Sascha Lobo, den die Medien gerne als Internet-Aktivisten, Internet-Experten oder Internet-Guru bezeichnen. In einem Beitrag für die FAZ schreibt er: „Das Internet ist nicht das, wofür ich es gehalten habe!“.
Nun gut, nur weil das Internet nicht das ist, wofür Herr Lobo es hält, ist es ja noch nicht kaputt. Funktioniert doch prima, „das Internet“ – was auch immer das ist. Sascha Lobo sagt, er habe das Internet für das ideale Medium der Demokratie, der Freiheit und der Emanzipation gehalten. Jetzt hat er erkannt, dass es das Medium der „totalen Kontrolle“ ist und die „Grundlagen der freiheitlichen Gesellschaft untergrabe“. Ist „das Internet“ also von der hellen Seite zur dunklen Seite der Macht konvertiert? Haben sich die Server und Router bewusst entschieden, böse zu werden?
Nein, das Internet ist nicht kaputt. Die Menschen, die das Internet nutzen, entsprechen nur nicht dem idealisierten Bild einer perfekten Gesellschaft, die jede Technologie zum Wohle der Menschheit nutzt. Es ist wie mit einer Dynamit-Stange: Man kann mit ihr Tunnel durch Berge sprengen und Menschen das Leben erleichtern – oder aber einen U-Bahn-Waggon in die Luft jagen und damit Menschen das Leben nehmen. Solange die Stange „nur“ explodiert, ist sie nicht kaputt. Das Internet als Mittel zum Informationstransport macht eben auch nichts anderes als Informationen zu transportieren.
Aus diesem Grund sollte man nie daran glauben, dass Technologien, egal welche, gut oder schlecht sind. Wir kürzen so die Verantwortung der handelnden Menschen aus der moralischen Gleichung. Jeder Einzelne von uns muss seine Verantwortung wahrnehmen und sich gegen gesellschaftliche Fehlentwicklungen positionieren, egal ob diese auf Facebook oder einem Flugblatt verbreitet werden. Wir sollten nicht für die Rechte einer Technologie kämpfen, sondern für die Rechte von Menschen. Schön wäre es, wenn wir dabei nicht in Netzgemeinde und andere unterteilen, sondern unsere Energie auf das konzentrieren, was wir wirklich ändern wollen. Ich kenne viele Menschen, für die das Internet noch immer „Neuland“ ist, die aber seit langem engagiert für eine bessere Welt eintreten – ganz ohne Internet.
Über den Autor: Uwe Mommert ist Vorstand für Vertrieb und Produktion der Landau Media AG. Darüber hinaus ist er begeisterter Web 2.0-Fan und immer an innovativen Ideen interessiert. Für medienrot.de kommentiert Uwe Mommert regelmäßig das Mediengeschehen.