Interne Kommunikation – Das Stiefkind der Unternehmenskommunikation?
Interne Kommunikation ist weit mehr als das Versenden von Geschäftsführer-Memos oder das Veröffentlichen von Artikeln im Intranet. Thea Wulff zeigt in der neuen Reihe „i²-Kommunikation“ auf, dass Interne Kommunikation Mitarbeiter nicht nur informieren sondern auch motivieren, an das Unternehmen binden und zu wertvollen Multiplikatoren machen muss. Interne Kommunikation darf daher nicht mehr alleinige Teilaufgabe einer Kommunikationsabteilung sein, sondern muss in das gesamte Unternehmen über alle Bereiche hinweg integriert werden. Aus der klassischen Internen Kommunikation wird Integrierte Interne Kommunikation = i²-Kommunikation. Im ersten Teil der neuen Serie gibt Thea Wulff einen ersten Überblick, was darunter zu verstehen ist.
Wo stehen wir?
„Die Interne Kommunkation hat die Aufgabe, Mitarbeiter über relevantes Geschehen im Unternehmen zu informieren.“ Diese oder ähnliche Formulierungen findet man noch heute in einigen Fachbüchern, die sich in einem kurzen Kapitel mit dem Stiefkind der Unternehmenskommunikation beschäftigen. Und leider lässt sich beim Blick in verschiedene Unternehmen, NGOs, Vereine, Parteien und all die verschiedenen Gruppen, die gemeinsame Ziele verfolgen, feststellen, dass dieser Bereich auch in der Praxis ebenso stiefmütterlich behandelt wird und meist nicht mehr als das Versenden von Vorstandmemos umfasst. Interne Kommunkation kann aber sehr viel mehr als nur Informieren. Und in Zeiten wie diesen muss sie auch mehr können. Dafür braucht man nicht unbedingt viel Geld. Leidenschaft, Menschenkenntnis, ein gewisses journalistisches Talent, technischer Sachverstand und viel Wissen rund um das Unternehmen sind erst einmal ausreichend. Aber dazu erst später mehr.
Wir arbeiten in einer Zeit, in der die Qualität der Produkte und Dienstleistungen, die wir anbieten, oder die Erreichung unserer gemeinsamen Ziele immer weniger von der Zuverlässigkeit einzelner Maschinen abhängt. Der langfristige Erfolg von Organisationen basiert auf der Kreativität, Innovationskraft und Motivation der Mitarbeiter bzw. Mitglieder. Um diese drei Fähigkeiten oder Kräfte auf dem höchsten Level zu halten, brauchen Mitarbeiter oder Mitglieder mehr als Informationen.
Wo wollen wir hin?
Eine professionelle an der Strategie der Organisation oder des Unternehmens ausgerichtete Interne Kommunkation kann heutzutage zu einem strategischen Wettbewerbsvorteil werden. Dies gilt für Unternehmen (und lässt sich auf jede andere Organisation übertragen) …
… insbesondere dann, wenn Personaler bereits vom „War of Talents“ sprechen und damit meinen, dass qualifizierte Bewerber den Unternehmen nicht mehr die Tür einrennen und es somit wichtiger denn je ist, Mitarbeiter an ein Unternehmen zu binden.
… insbesondere dann, wenn Mitarbeiter über die Flut an E-Mails stöhnen und damit eigentlich meinen, dass sie die Fülle von ungefilterten und unstrukturierten Informationen nicht mehr verarbeiten können.
… insbesondere dann, wenn Unternehmen wachsen und sich Mitarbeiter immer weniger mit ihrem Arbeitgeber und dessen Stratgie indentifizieren können, weil die zentral vorgegebene Unternehmensphilosphie nationale und lokale Besonderheiten einzelner Standorte nicht überwinden kann.
… insbesondere dann, wenn Unternehmen immer seltener mit Mitarbeiter Max Mustermann mit dem unbefristeten Arbeitsvertrag zu tun haben und stattdessen wichtige Projekte mit Freien oder kurzfristig Beschäftigten umsetzen müssen.
… insbesondere dann, wenn die Zeitspannen, innerhalb derer Entscheidungen aufgrund einer neuen Informationslage überdacht werden müssen, immer kleiner werden.
… insbesonder dann, wenn niemand mehr bestreiten kann, dass alle Mitarbeiter oder Mitglieder einer Organisation zu den wichtigsten Multiplikatoren für alle externen Kommunikationsmaßnahmen gehören.
Und ganz besonders dann, wenn man in einem Unternehmen oder einer Organisation immer häufiger die Frage hört: „Warum weiß ich denn davon nichts?“
Und wenn wir wissen, dass diese Liste sehr unvollständig ist.
Wer kann was?
Ohne Zweifel sind Pressesprecher und Kommunikationsexperten in einer Organisation meist am besten qualifiziert, um relevante Informationen gehaltvoll, verständlich und attraktiv aufzubereiten. Aber sind sie in einer Organisation tatsächlich die einzigen Experten für Wissens- und Ideenmanagement, Mitarbeitermotivation und -bindung sowie den Aufbau von Infrastruktur, die eine Partizipation nicht nur ermöglicht sondern auch befördert? Oder anders gefragt: Sollte es tatsächlich alleine Teilaufgabe der Kommunikationsabteilung sein, all diese Herausforderungen zu bewältigen?
Ich meine Nein. Die Aufgabe einer Abteilung oder einer Stabsstelle für Interne Kommunikation sollte in heutigen Zeiten nicht die Information der Mitarbeiter oder Mitglieder, sondern lediglich die Steuerung oder Begleitung dieses Prozesses sein. Konkret heißt das: Alle Aufgaben, die sich in einer modernen Organisation der Internen Kommunkation stellen, müssen von allen Bereichen der Organisation – von der Poststelle über die Buchhaltung bis zur Leitung – aktiv bewältigt werden. Die Experten aus der Pressestelle oder Kommunikationsabteilung sind hierfür wichtige Berater, Lehrmeister und Ideengeber. Und sie sind diejenigen, die auf der inhaltlichen Ebene eine wichtige Führungs- und Steuerungsfunktion übernehmen müssen.
So wie Philip Kotler (>> Wikipedia) bereits vor vielen, vielen Jahren ein im Unternehmen bzw. in der Organisation integriertes Marketing beschrieb und damit von allen Abteilungen – statt nur von der Marketing-Abteilung – verlangte, im Sinne des Kunden zu denken und zu handeln, muss auch die Interne Kommunikation langfristig in die gesamte Organisation integriert werden. Alle Mitglieder und Bereiche müssen in der Lage sein, für die jeweiligen internen Zielgruppen in einer Organisation, Informationen verständlich aufzubereiten und darüberhinaus nachhaltig bereitzustellen. Das arme kleine Stiefkind „Interne Kommunkation“ sollte deshalb umgetauft werden in „Integrierte Interne Kommunkation“. Und auf dem nächsten Familienfoto sollte es ganz vorn in der ersten Reihe stehen.
In den folgenden Artikeln dieser Serie beschäftige ich mich mit den Grundregeln einer guten Internen Kommunikation und gebe Tipps und Hinweise, wie man alle Mitglieder einer Organsation zu „Redakteuren der Internen Kommunikation“ macht.
Randbemerkung der Autorin: Mein männlicher Auftraggeber merkt bei meinen Artikeln immer wieder an, ich würde stets die weibliche Form von Personalern, Geschäftsführern und sonstigen Berufbezeichnungen vergessen. Tue ich nicht. Ich verzichte ganz bewusst auf große Is in Wörtern, weil ich der Lesbarkeit meiner Artikel Vorrang gebe. Ich bin Frau und klug genug, um zu wissen, dass es viele sehr gute und sehr erfolgreiche Personalerinnen und Geschäftsführerinnen in dieser Welt gibt. Und bisher hat mich noch niemand davon überzeugt, dass es noch mehr davon geben wird, wenn ich große Is in Wörter packe.
Hier finden Sie alle bisher erschienenen Ausgaben zu „i²-Kommunikation“:
Teil 1: i²-Kommunikation – Interne Kommunikation neu gedacht. >>
Teil 2: Jammern oder Yammern? >>
Teil 3: „Und jetzt bitte alle!“ – die Einführung von Microblogging >>
Teil 4: Von der Spielwiese zum Unternehmensnetzwerk >>
Teil 5: Fakten, Fakten, Fakten >>
Über die Autorin: Thea Wulff (geb. 1980) studierte zunächst Medien- und Kommunikationswirtschaft an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg. Nach ihrem Abschluss baute Wulff ab 2003 die Abteilung Unternehmenskommunikation für den TV-Produzenten GrundyUFA auf. 2007 folgte der Auftrag zum Aufbau einer unternehmensinternen Aus- und Weiterbildungsstätte für Mitarbeiter, die sie inzwischen zur Personalentwicklung ausbaute. 2011 machte Wulff einen weiteren Abschluss an der FH Deggendorf zur Human Resources Managerin. Aktuell verantwortet Wulff die Leitung der Bereiche Unternehmenskommunikation und Personalentwicklung. Im April 2013 erschien über medienrot ihr eBook „Über den roten Teppich an die Bar“ – ein kompakter Leitfaden für die Planung und Organisation von Firmenevents und ähnlichen Veranstaltungen.