Erinnern Sie sich noch an das Augenkrebs verursachende Online-System GeoCities aus den 90er Jahren? Oder hatten Sie das Glück, diese Plattform niemals gesehen zu haben? Sie haben nichts verpasst, denn die wirklich schlimmsten Wackelbilder-Webseiten der 90er Jahre finden Sie sicherlich in irgendeinem Digitalmuseum der nächsten Jahre wieder.
Das oben beschriebene Phänomen ist lange her. Zwischen den 90er Jahren und heute gab es aber auch noch weitere Online-Plattformen, die für große Hypes an der Beraterfront gesorgt haben. So musste man unbedingt bei myspace dabei sein oder bei Second Life. Podcasts waren auch so ein heißes Trendthema. Und heute sollen Sie mit Ihren Unternehmen oder Organisationen bei Facebook, Twitter, Google+, Pinterest, Tumblr, Instagram, Xing, LinkedIn unbedingt mitmachen. Sonst verlieren Sie den Anschluss.
Uff! Was für eine Arbeit. Und wo liegt der Nutzen? Im Auge der BetrachterInnen. Welche Kennzahlen Sie auch nehmen, Sie werden sie in Ihren Reportings schon positiv und passend verargumentieren können, wollen oder sogar müssen. Das ist normal, hilft aber nicht weiter in der Frage: Braucht es das alles?
Soziale Netzwerke kamen, kommen und werden kommen und auch wieder gehen. Mal bleiben sie länger, mal kürzer. Und den von Ihnen in aufopferungsvoller Arbeit erstellten Inhalten ergeht es dann meist nicht anders. Diese digitale Fluktuation ist anstrengend und lenkt oft auch von der dringlichsten Aufgabe ab. Denn eigentlich sollen die Kommunikationsverantwortlichen ihre Zielgruppe mit Infos versorgen, die Zahl der Kontakte erweitern, Themen platzieren und die Aufmerksamkeit auf bestimmte Produkte oder Inhalte lenken. Im besten Fall sollen Sie einen echten Dialog anstoßen und führen.
All das können Sie kurzfristig über soziale Netzwerke tun. Langfristig wird Ihnen jedoch kaum etwas anderes übrig bleiben, als die Informationen und Themen insbesondere auf Ihren eigenen Plattformen, wie Webseite oder Blog, zu platzieren – und so vor dem digitalen Totalverlust sichern. Dort sind IHRE Inhalte viel besser geschützt vor der Fluktuation – vor dem Wegschwimmen und Vergessen werden. Dort können Sie Ihre Inhalte anpassen, weiterentwickeln und die eingesammelten Kontakte zu qualifizierten DialogpartnerInnen ausbauen. Von dort aus können Sie Ihre Zielgruppe mit tollen Informationen hinaus in die sozialen Netze schicken und dafür sorgen, dass Ihre Zielgruppe auch wieder neue InteressentInnen zu Ihnen zurückschickt.
Dafür brauchen Sie die verschiedenen sozialen Netzwerke. Jedoch nicht alle, sondern nur die, in denen Ihre anvisierten Kontakte auch mindestens in einer kritischen Menge unterwegs sind. Welche Netzwerke das sind, hängt maßgeblich von Ihrem Kommunikationsziel und Ihrem Thema oder Produkt ab.
Ein weiterer Schutz für Ihre wertvollen Inhalte gegen die teils kurzen Lebenserwartungen sozialer Netzwerke sind die digitalen Ableger der „alten“ Holzmedien. Fachzeitschriften, Tageszeitungen und Magazine haben oft reichweitenstarke und meist langlebige Webseiten und sorgen in den sozialen Netzwerken selbst für Traffic auf ihre Inhalte – also auch auf die von IHNEN platzierten Inhalte.
Kurz und knapp: Was sind nun die Folgen der digitalen Fluktuation? Ihre Inhalte sind der Gefahr des Vergessens und Verschwindens ausgesetzt, weil Plattformen kommen und gehen. Deshalb macht es wohl Sinn, dass Sie Ihre wichtigen Inhalte eher auf den eigenen Plattformen bzw. den langlebigen Webseiten veröffentlichen und die sozialen Medien nutzen, um die Menschen dort ebenfalls zu erreichen und Ihre Themen dort stattfinden zu lassen. Langfristig muss also unbedingt das Ziel bleiben, die Social-Media-Kontakte zu den eigenen, qualifizierten Kontakten zu machen.
Über den Autor: Jens Stoewhase ist verantwortlicher Redakteur für medienrot.de und Geschäftsführer der Rabbit Publishing GmbH, die dieses Onlinejournal im Auftrag der Landau Media AG betreibt. Bis Ende 2011 betreute er selbst u.a. die digitalen Aktivitäten zahlreicher kommerzieller Kinder- und Jugendmagazine und YPS. Stoewhase arbeitete vorher jahrelang für den Onlinebereich der TV-Serie „Gute Zeiten, Schlechte Zeiten“ und als Freelancer im Musikbereich und entwickelte Konzepte für digitale Angebote im Entertainmentsegment.