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Der Vero-Hype

© Vero Labs, Inc.

Vero ist in aller Munde – ein neues soziales Netzwerk, das eine Timeline ohne Algorithmus verspricht, frei von Werbung ist und (angeblich) keine Daten sammelt. Und während sich viele Medienprofis noch gar nicht angemeldet haben, veröffentlichten erste BeraterInnen bereits den Abgesang auf das Netzwerk. Doch was steckt hinter dem Hype um die App?

Was kann Vero?
Vero will authentischer sein als die anderen sozialen Netzwerke – so steht es im „Manifest“ des Unternehmens: „Wir haben ein soziales Netzwerk geschaffen, in dem du du selbst sein kannst.“ Dafür sollen die NutzerInnen genau bestimmen können, mit wem sie welche Inhalte teilen. Man kann nach Personen suchen, ihnen folgen oder aber sich mit ihnen verbinden. Dabei gibt es die Möglichkeit, die Art der Verbindung zu spezifizieren – ist jemand ein „Enger Freund“? Oder doch eher nur ein „Bekannter“? Oder etwas dazwischen? Diese Unterscheidung wird dann wichtig, wenn man Fotos, Videos, Links, Musik. Filme, Bücher oder Orte teilt. Dann kann man nämlich entscheiden, welche Arten von Kontakten diese Inhalte sehen sollen. Geteilte Inhalte erscheinen dann in einem Feed – und zwar in chronoglogischer Reihenfolge und nicht gefiltert und sortiert durch einen Algorithmus.

Wie finanziert sich Vero?
Werbung soll es bei Vero nicht geben. Da drängt sich die Frage auf, wie sich das Netzwerk finanziert. Für die erste eine Million NutzerInnen gab es ein Eröffnungsangebot mit kostenloser, lebenslanger Mitgliedschaft. Nach Erreichen dieser Userzahl sollte das Netzwerk kostenpflichtig werden, hieß es. Dabei wurden die Kostenlos-Accounts zu einer künstlich verknappten Ressource. Eine Inszenierung, bei der das Unternehmen auf den FOMO-Effekt (Fear of missing out) setzt. Doch das ist (vorerst) Schnee von gestern. Die Eine-Million-User-Marke ist erreicht, die Einführung eines Mitgliedbeitrages aber trotzdem auf unbestimmte Zeit verschoben – wohl auch, weil es aktuell massive technische Probleme gibt, heißt es in einer Ankündigung auf der Website des Unternehmens. Zudem können Händler über einen „Jetzt kaufen“-Button Waren über die App vertreiben – dafür wird eine Provision an Vero fällig.

Wer steckt hinter Vero?
Vero ist überall und die Zahl der Anmeldungen schnellte in die Höhe – von 150.000 auf drei Mio. User innerhalb von drei Wochen! Gleichzeitig wurde Kritik am Netzwerk laut – vor allem in Sachen Datenschutz. So muss man bei der Anmeldung eine Telefonnummer angeben – zur Überprüfung der Echtheit der NutzerInnen. Die Sinnhaftigkeit dessen wird in Verbraucherschutzkreisen als „fragwürdig“ eingestuft. Außerdem formiert sich unter dem Hashtag #deletevero eine Gemeinschaft, die vor allem wegen des Kopfes hinter der App zum Blockieren dieser aufruft. Vero befindet sich in Besitz von Ayman Hariri, Sohn von Libanons ehemaligem Ministerpräsidenten Rafik Hariri und bis zum Sommer vergangenen Jahres Geschäftsführer der umstrittenen Baufirma Saudi Oger. Diese geriet in die Kritik, weil sie Löhne nicht zahlte und ihre Geschäftstätigkeit „nach Missmanagement und Korruption“ einstellen musste. Übrigens ist es wohl gar nicht so einfach, seinen Vero-Account zu löschen – dafür muss eine Anfrage ans Support-Team geschickt werden.

Neben den umstrittenen An- und Abmeldeszenarien und der Kritik am CEO gibt es Zweifel an der Nachhaltigkeit und Gerüchte um eine Influencer-Kampagne. Außerdem stehen die Server in England – und damit nach dem vollzogenen Brexit auch außerhalb der EU. „Damit würden europäische Rechtsprechung und europäische Datenschutzregeln für den Neuling unter den Social Networks möglicherweise nicht mehr gelten“, geben die KollegInnen von MEEDIA zu bedenken.

Wird sich Vero durchsetzen?
Ob Vero aber das nächste Facebook oder Instagram wird, bleibt abzuwarten. Bisher schafften eher Netzwerke den Durchbruch, die sich in ihrer Funktionsweise von Facebook & Co. unterschieden (z.B. Snapchat), als solche, die sich auf die Fahnen geschrieben hatten, das „bessere“ Facebook zu sein (z.B. Ello), stellt Helene Flachsenberg fest.

Was glauben Sie – hat Vero eine Chance in der Welt der sozialen Netzwerke?