Das mehr als gute Gedächtnis des Internets ist schon fast eine Binsenweisheit der digitalen Welt. Grundlage für dieses Gedächtnis sind auch die Caches von Suchmaschinen. Hierbei handelt es sich um Zwischenspeicher, die sich auf einem Server der Suchmaschinen-Betreiber befinden und die Inhalte der Websites vorhalten. Immer wenn eine Suchmaschine eine Website besucht, wird von der Suchmaschine eine dazugehörige Cache-Seite angelegt und gespeichert. Sofern sich bei dem nächsten Besuch der Suchmaschine Inhalte der Website geändert haben, wird die Seite auch in der Cache-Version aktualisiert.
Somit wird die Cache-Version von Websites nicht „sekundenaktuell“ aktualisiert. Daher kommt es vor, dass zwar der Inhalt der Website selbst geändert wurde, die frühere Cache-Version der Website aber nach wie vor über die Suchmaschine angesteuert und angesehen werden kann. Der Internet-Surfer sieht so möglicherweise eine Website, die nach Wunsch des Website-Betreibers gar nicht mehr vorhanden sein soll.
Diese mangelnde Aktualität der Cache-Version von Websites kann auch zum rechtlichen Stolperstein werden. Denn es ist nicht ungewöhnlich, dass Betreiber von Websites wegen rechtsverletzender Inhalte abgemahnt werden. Hierauf kann mit der Abgabe einer Unterlassungserklärung reagiert oder abgewartet werden, ob ein Gericht eine Unterlassungsverfügung erlässt. Sobald aber ein Unterlassungsgebot auf dem Tisch liegt, müssen die Inhalte der Website so verändert werden, dass die Rechtsverletzung entfällt. Anderenfalls wird entweder eine Vertragsstrafe (im Falle der Unterlassungserklärung) oder ein Ordnungsgeld (im Falle der Unterlassungsverfügung) fällig.
Die Entfernung rechtsverletzender Inhalte auf der eigenen Website ist relativ einfach und daher auch zügig erledigt. Doch hat sich damit für den Unterlassungsschuldner schon alles erledigt oder muss er auch möglicherweise veraltete Cache-Versionen seiner Website mit dem noch rechtsverletzenden Inhalte beseitigen? Denn ist eine Cache-Version der früheren Website noch abrufbar, steht ein Verstoß gegen die Unterlassungserklärung oder Unterlassungsverfügung im Raum.
Ob sich der Unterlassungsschuldner damit verteidigen kann, dass er auf die Suchmaschinen-Caches der Suchmaschinen-Betreiber keine Einflussmöglichkeiten hat, ist in der Rechtsprechung umstritten. Hierzu vertreten unterschiedliche Gerichte nahezu alle denkbaren Auffassungen. Damit steht aber fest, dass ein einfaches Nichtstun im Hinblick auf die Suchmaschinen-Caches juristisch gefährlich werden kann.
Denn der Unterlassungsschuldner ist im Grundsatz dafür verantwortlich, dass die rechtswidrigen Inhalte seiner Website vollständig aus dem Netz verschwinden – und zwar auch aus dem Cache von Suchmaschinen.
Da jedoch auf die Cache-Funktionalität der Suchmaschinen-Betreiber kein unmittelbarer Einfluss besteht und ein Update der Cache-Version der Website nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt erzwungen werden kann, ist nach praktikablen Lösungen zu suchen: Zumindest die großen Suchmaschinen-Betreiber halten Tools bereit, mit denen die Website aus dem Suchmaschinen-Cache entfernt werden kann. Bis zu einer Vereinheitlichung der Rechtsprechung sollte im Nachgang zu einer Unterlassungserklärung oder Unterlassungsverfügung dieser Versuch sicherheitshalber auch unternommen und dokumentiert werden. Denn auch in digitalen Zeiten ist die Mutter der Porzellankiste die Vorsicht.
Über die Autorin: Julia Dönch arbeitet als Rechtsanwältin im Bereich Gewerblicher Rechtschutz/Wettbewerbsrecht bei CMS Hasche Sigle in Stuttgart. Sie können Sie über julia.doench@cms-hs.com erreichen. Über weitere aktuelle Rechtsthemen bloggt CMS Hasche Sigle unter cmshs-bloggt.de >>.