Das lernen Unternehmen in Sachen Brand Storytelling von NGOs

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Soziale Organisationen haben viele Geschichten in petto. Genau wie andere Unternehmen auch, ist es ihr Ziel, ihre Markenbotschaft in die Welt hinauszutragen. Indem sie mit gut erzählten und visualisierten Geschichten Interessierte, UnterstützerInnen und SpenderInnen in den Bann ziehen, geben sie ihnen das Gefühl, hautnah dabei zu sein. Die nachfolgenden Beispiele zeigen, mit welchen spannenden Storys PETA, Nepal Sonríe und Generosity aus ihrer Zielgruppe Helden machen und was Unternehmen in Sachen Brand Storytelling von NGOs lernen können.

Wenn Tiere sprechen könnten…

Mit einem 12-minütigen Video macht PETA auf die schlechten Lebensbedingungen von Wildtieren in Zirkussen aufmerksam. Der Fokus des Videos liegt auf der Geschichte von Tyke, einer Elefantendame, die aus einem Zirkus auf Hawaii ausbrauch, ihren Pfleger tödlich verletzte und daraufhin auf offener Straße erschossen wurde. Das sehr emotionale Video zeigt viele erschreckende Videoaufnahmen von Wildtieren, die von ihren Pflegern geschlagen und böswillig verletzt werden: Elefanten, Zebras, Löwen, Tiger, die in winzigen Käfigen eingesperrt und gefesselt sind.

PETA appelliert an den Zuschauer, diesen Lebewesen eine Stimme zu geben, um in Deutschland ein Wildtierverbot für Zirkusse zu erwirken. Diese Bitte wird bildhaft sehr einprägsam dargestellt, indem ein animiertes Zebra, ein Tiger und ein Affe interviewt werden, die jeweils mit menschlich gesprochenem Ton über ihre Erlebnisse in dem Zirkus und Tyke berichten. Wie sich am Ende des Videos rausstellt, sind diese Sprechweisen von berühmten deutschen Schauspielern synchronisiert, die somit wörtlich den Tieren ihre Stimme und somit ihr Votum gaben und die Beobachter dazu aufrufen, dasselbe zu tun und die Petition zu unterschreiben. Das Personalisieren der Vierbeiner und die Möglichkeit, ihnen so Gehör zu verschaffen, stimmt nachdenklich und sensibilisiert auf diese Weise das Publikum.
Quelle: „PETA Deutschland e.V. – Tyke – Der letzte Auftritt“

Es war einmal in einem Dorf in Nepal…

So beginnt die Geschichte, die ein Junge aus einem selbstgemalten Kinderbuch vorlesen. Mit der Erzählweise von Nepal Sonríe (übersetzt: Nepal lacht) ist ein schöner Ansatz gewählt, denn sie erzählen ihre eigenen Erlebnisse. Während wir der Erzählung zuhören, sehen wir triste Bilder aus dem Leben und Alltag der Mädchen und Jungen und ihrer Familien. Die kleinen, gebrechlichen Holzhäuser, in denen sie wohnen, die schlammige Erde, auf der die Töchter und Söhne sich alleine beschäftigen müssen, Mütter und Väter, die hart auf dem Feld oder in kleinen Läden arbeiten.

Auf einmal ist eine Schule zu sehen, Bücher, bunte Farben und Bilder, Spielzeug. Sie wurde von der Organisation aufgebaut. Hier werden die Kinder betreut, sie bekommen eine warme Mahlzeit, spielen, tanzen, lachen, singen und lernen. Auch die Eltern der Kleinsten haben nun die Möglichkeit zu arbeiten, um Geld für die Familie zu verdienen, ohne sich um die Betreuung ihrer Liebsten sorgen zu müssen. Die visuelle Umsetzung anhand des selbstgemalten Buches und die vorlesende Jungenstimme bewirken eine persönliche Bindung. Die lachenden und singenden Sprösslinge zu sehen, im Kontrast zum gezeigten Umfeld, in dem sie sich davor aufgehalten haben. Diese Erzählweise führt zu einer höheren Bereitschaft, denn der Fokus liegt somit auf den positiven Aspekten, die eine Unterstützung der Organisation bewirkt.
Quelle: „Storymakers2017 / Cuentos sin fronteras (stories without borders). Nepal Sonríe“

Wasser zum Überleben…

Hanna Augustino aus Uganda hat neun Kinder und macht sich jeden Tag auf einen drei-stündigen Weg um Wasser für ihre Familie zu schöpfen. Elima Augustin aus Haiti hatte neun Nachkommen, bis eins davon aufgrund von schmutzigem Wasser aus Tümpeln starb. Jaime Torres aus Guatemala hatte während er aufwuchs auch keinen Zugang zu Trinkwasser. Dann bekam er die Möglichkeit für Living Water zu arbeiten und sauberes Nass in viele Gemeinschaften zu bringen, und arbeitet seit 15 Jahren an dieser Mission. Zusammen mit lokalen Organisationen ermöglicht Generosity dies und gibt diesen drei Personen ein Mikrofon und eine Bühne, um über ihre Geschichte und ihre Arbeit zu sprechen. Zwei sind Erfolgsgeschichten, die bereits Zugang zu sauberem Leitungswasser erhielten. Nach der Geschichte von Hanna folgt der Aufruf „Together, we can change this.“

In den Videos erzählt jeweils ein Protagonist von seinem Leben, den Sorgen und Komplikationen, denen sie ausgesetzt waren/sind und wie wichtig reines Trinkwasser für sie ist. Durch das Wasser werden Krankheiten vermieden. Die Anwesenheit der Kinder in der Schule steigt, wodurch sie von mehr Bildung profitieren. Die Kosten, die vorher für sauberes Wasser oder Krankenhausbesuche ausgegeben wurden, können eingespart werden. Dies eröffnet den Familien und Gemeinschaften neue Möglichkeiten. Konkret werden auch freiwillige Helfer der Organisation gezeigt und wie viel Freude sie mit ihrer Arbeit bewirken. „Danke an all die Unterstützer und ihre Familien“, sagt eine zu Tränen gerührte Frau am Ende des Videos und löst beim Betrachter nochmal eine freudige Betroffenheit, die dazu motiviert, solche Projekte zu unterstützen.
Quelle: „Stories from the field“

Gesichter und persönliche Geschichten ziehen uns in den Bann

Gesichter, die persönliche Geschichten greifbar machen und den Zuschauer mit auf die eigene Reise nehmen, bewirken hohe Identifikation und Mitgefühl. Die drei Beispiele zeigen, dass die Quintessenz darin liegt, jeweils einen Protagonisten auszumachen und ihn persönlich seinen (ggf. Leidens-) Weg erzählen zu lassen. Sei es die Elefantendame Tyke, das vorlesende Kind aus Nepal oder Jaime aus Guatemala, sie berühren durch das Schildern ihrer Kämpfe, Ängste, Sorgen, Leiden und dem Weg zu einer besseren Zukunft, die die Zuschauer und Unterstützer der Organisationen beeinflussen. Die Bilder tragen ebenfalls dazu bei, aber im Fokus liegen die Geschichten, die die Protagonisten erlebt haben und erzählen. Die Storys zeigen, dass jeder zum Helden für andere Menschen werden und ihnen ein besseres Leben schenken kann.


Miriam-Rupp_2016_150x150pxÜber die Autorin: Miriam Rupp ist Gründerin und Geschäftsführerin von Mashup Communications , der Berliner Agentur für PR und Digitales Storytelling. In ihrem Buch „Storytelling für Unternehmen“ beschreibt Miriam Rupp, wie Geschichten zum Erfolg in Content Marketing, PR, Social Media, Employer Branding und Leadership führen. Mit der Philosophie „Wir lieben es, neue Geschichten zu erzählen“, wecken sie und das 20-köpfige interdisziplinäre Team von Mashup Communications schlummernde Erzählpotenziale in und um Unternehmen, die neue Wege gehen.