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Unternehmen in der Digitalen Transformation – und Personalmarketing mittendrin

Foto: Prof. Dr. Martin Grothe

Jetzt gibt es also ein neues Schlagwort. Nach Internet, Web 2.0 und Social Media ist nun die Digitale Transformation das große Ding. Zumindest auf vielen Agenturseiten und Vortragsprogrammen. Aber lassen wir uns davon nicht beirren. Was bedeutet die Digitale Transformation für den HR-Bereich und was passiert gerade tatsächlich?

Immer mehr Produkte und Lösungen bekommen eine Software-Schicht oder werden durch Software-Apps sogar neu definiert. Diese Digitalisierung führt zum einen dazu, dass Arbeitgeber verschiedenster Branchen vor sehr große Herausforderungen gestellt werden. Von Medienhäusern, Videotheken, Banken, Taxiunternehmen bis hin zu Bücherregal-, Portemonnaie- und Automobilherstellern. Viele werden sich in einer Nische wiederfinden. Andere werden die neue Marktverteilung nicht überleben und komplett verschwinden.

Zum anderen bietet diese Software-Schicht in vielen Fällen die Möglichkeit der Arbeitgeberbewertung und Kommunikation mit der Zielgruppe. Und – dies ist der disruptive Punkt – nicht nur als Einbahnstraße, sondern als dezentrale, freie und selbstbewusste Nutzerkommunikation. Damit umzugehen sind Unternehmen nicht gewohnt.

Ob man will oder nicht: HR-Kommunikation findet zunehmend online statt

So gilt es hier, weniger eigene Botschaften zu verbreiten, als vielmehr zuzuhören, Fragen zu beantworten, Wertschätzung zu zeigen. Als Alternative diesen neuen digitalen Diskussionsraum auszublenden ist auch keine Lösung, denn er findet trotzdem statt, nimmt zu und beeinflusst die Entscheidungen von Nutzern, Konsumenten und Talenten.

Unternehmen müssen also digital dialogfähiger werden. Dies meint nicht nur die punktuelle Beantwortung einer Anfrage oder gar den Betrieb einer einsamen Facebook-Seite, sondern impliziert den Aufbau neuer interner Prozesse. Denn natürlich möchte der interessierte Ingenieur seine Frage von einem Fachkollegen aus dem Unternehmen und nicht vom inhaltlich unbedarften Recruiter beantwortet wissen. Das muss abgebildet werden.

Angepasste Dialogfähigkeit fördern

Dieser Aufbau effizienter Dialogfähigkeit kann durchaus als Digitale Transformation bezeichnet werden, wenn es denn damit besser gelingt, die notwendige Management Attention zu bekommen. Dem Management werden die engagierten HR-Experten dann auch erklären müssen, wie weit dieser Dialog denn gehen soll. Was eine berechtigte Frage ist.

Und hier sollten wir uns nicht mit der beliebten Antwort „das kommt darauf an“ abspeisen lassen. Das ist zwar richtig, kann aber weiter strukturiert werden:
Alle Unternehmensbereiche müssen den digitalen Diskussionsraum in ihre Prozesse integrieren: „Social Engagement is the new value chain.“ Jedoch ist die Ausprägung dieser Kommunikation sehr unterschiedlich zu gestalten. Etwa für die Unternehmenssicherheit kann ein simples Online Scanning durchaus ausreichen:

  • – Hier befinden wir uns im Level 1 Listening.
  • – Für andere Bereiche ist es wichtig, im Netz auftauchende Fragen zu antworten. Dies gilt auch im Personalmarketing für das erste Herantasten: Level 2 Responding.
  • – Dann schließt sich der Level 3 Interaction mit einem kontinuierlichen Austausch, auch auf eigenen Plattformen, an.
  • – Eine durchgängige Netzwerkkommunikation, auch mit internen und externen Arbeitgeberbotschaften sei hier als Level 4 bezeichnet – Coactive Elevation.

So ist diese Stufenfolge von Social Engagement Leveln auch eine gute Leitplanke für die Digitale Transformation des Personalmarketings. Ob dies funktionieren kann? Auf jeden Fall! Welche andere Funktion versteht sich besser darauf Gespräche zu führen und Fragen zu beantworten? Personalmarketing kann ruhig vorangehen.

Über den Autor:
Prof. Dr. Martin GrotheProf. Dr. Martin Grothe ist geschäftsführender Gesellschafter der complexium GmbH und Honorarprofessor an der Universität der Künste Berlin. Er ist Vorstand des Deutschen Competitive Intelligence Forums dcif e.V., Beirat von Quality Employer Branding Queb e.V., der dotBERLIN-Initiative, und Dozent am Institute for Competitive Intelligence ICI. Alma Mater ist die Wissenschaftliche Hochschule für Unternehmensführung WHU.
Im September 2014 erschien das neuste Fachbuch “Personalmarketing für die Generation Internet” von Prof. Dr. Martin Grothe.