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Tesla & Volkswagen – wie Software an der Reputation kratzen kann

Foto: © Fotolia/rangizzz
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Tesla und Volkswagen sind zuletzt in mediale Schieflage geraten, weil von ihnen eingesetzte Software zu Problemen führte. Bei Tesla starb ein Autofahrer, bei Volkswagen führte Schummelsoftware zum Abgasskandal. Jens Stoewhase ist überzeugt, dass die Kommunikationsprofis den Einsatz und die Entwicklung von Software und mögliche Folgen deutlicher intern und extern adressieren sollten.

Wenn die Fehler passieren, dann kann alles ganz schnell gehen. Zumindest wenn diese Fehler publik werden. Bei Volkswagen hat es – nach aktuellen Erkenntnissen – mindestes Monate, wenn nicht Jahre gebraucht, bis die Softwaremanipulation öffentlich wurde, die zum ausgedehnten und für den Konzern zum existenzbedrohenden „Diesel-Gate“ wurde.

Bei Tesla ging es schneller. Anfang Mai 2016 kam ein US-Fahrer in einer Elektrolimousine des Herstellers zu Tode, während er den von Tesla sogenannten „Autopiloten“ aktiviert hatte. Knapp einen Monat später dokumentierte der Elektroauto-Pionier diesen Unfall mit einem trockenen Beitrag auf seinem Firmenblog. Die Nachricht sorgte weltweit für ein ausführliches Medienecho sowie jede Menge Kritik gegenüber dem kalifornischen Unternehmen und dem Einsatz der Software, die hinter dem Autopiloten steckt.

Was war schiefgegangen?

Volkswagen hatte eine Software in vieler seiner Dieselfahrzeuge „eingebaut“, die den Prüfern bei einer Abgasuntersuchung gesetzestreue Abgaswerte vorgaukelte. Auf dem Prüfstand war im Prinzip auch alles okay, nur auf der Straße eben nicht. Denn nach einer gewissen Zeit schaltete die Software um und das Fahrzeug hatte deutlich höhere Abgaswerte.

Tesla hatte im Herbst des letzten Jahres eine Technologie eingeführt, die sie und ihr Gründer Elon Musk vollmundig „Autopilot“ nannten. Den Experten war jedoch klar, dass es sich „nur“ um Assistenzsysteme handelte, die den Fahrer unterstützen sollten. Einige Autofahrer nahmen das Wort „Autopilot“ allerdings für bare Münze und testeten die Grenzen aus. Es war also nur eine Frage der Zeit, bis ein Unfall mit Todesfolge passieren würde. Dieser Unfall geschah im Mai dieses Jahres.

Die Folgen?

In beiden Fällen gelten Computerprogramme als das Übel, und in beiden Fällen sind die dahinterstehenden Autokonzerne nun die, die ihrer Reputation hinterher laufen müssen. Bei Volkswagen wurde Software zum Betrug eingesetzt, bei Tesla für vollmundiges Marketing. In beiden Fällen sind die Fehler im Umgang mit Software der Anlass für Kritik durch die Medien und womöglich fatale Imageschäden.

Was lernen wir daraus?

Software ist aktuell in der Industrie ein absolutes Hype-Thema. Das Topmanagement glaubt, mit Computerprogrammen jedes Problem lösen zu können. Prinzipiell ist das wohl auch kein schlechter Ansatz, wenn er denn nicht missbraucht oder überstrapaziert wird. Software ist kein Allheilmittel und sollte als solches weder in der internen noch in der externen Kommunikation verkauft werden. Je mehr Software auf die Menschen losgelassen wird, desto mehr Aufklärung brauchen die KollegInnen in den Unternehmen, ABER auch die KundInnen.

Denn Software bestimmt schon jetzt umfangreiche Prozesse unseres Lebens und Arbeitens. In der Zukunft und mit dem Internet der Dinge wird es gar noch mehr. Das hat zur Folge: Immer mehr Fehler können passieren, aber auch durch Software behoben werden. Die Fehler, die jedoch übrig bleiben, weil sie nicht schnell genug erkannt werden, können noch mehr Schaden anrichten – nicht nur im Auto.

Es gibt nur eine Lösung: Aufklärung. Software-Developer müssen sehr viel mehr über ihre gesellschaftliche Verantwortung für ihre Computerprogramme aufgeklärt werden. Die Anwender von Software müssen darüber informiert werden, dass sie ihre Verantwortung gegenüber sich und ihrem Umfeld noch lange nichtkomplett einer Software überlassen können.

Wer Software produziert und anwendet, ist mehr denn je in der Pflicht und Verantwortung – auch wenn dies im Management von Unternehmen neue Problemstellungen aufwirft. Direkte Nutznießer sind die Unternehmen selbst. Ein aufgeklärtes Umfeld kann Software-Fehler besser bewerten. Auch die Medien können solche Ereignisse mit der Zeit viel besser und sachlicher einordnen. Ein größerer Imageschaden ließe sich so womöglich – zumindest im Fall von Tesla – vermeiden.

jst-autorenbildÜber den Autor: Jens Stoewhase ist Geschäftsführer der Rabbit Publishing GmbH, die das Onlinejournal medienrot.de im Auftrag der Landau Media AG betreibt. Dabei ist er auch immer wieder als Produzent von Videoinhalten aktiv. Bis Ende 2011 betreute er selbst u.a. die digitalen Aktivitäten zahlreicher kommerzieller Kinder- und Jugendmagazine und YPS. Stoewhase arbeitete vorher jahrelang für den Onlinebereich der TV-Serie „Gute Zeiten, Schlechte Zeiten“, als Freelancer im Musikbereich und entwickelte Konzepte für digitale Angebote im Entertainmentsegment.