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Rufen sie nicht an – wir melden uns bei Ihnen!

Redaktionen und PR-Agenturen verbindet eine Hassliebe. Klar ist, dass Pressemitteilungen Bestandteil der redaktionellen Arbeit sind. Doch das ist kein Freibrief. Durch manche Unsitte in der PR-Arbeit landet ein neues Produkt nicht in der Öffentlichkeit, sondern im Papierkorb.

Redakteure kennen die Namen der führenden PR-Agenturen sehr gut. Meist allerdings nicht aufgrund derer spannenden Kunden, sondern weil sie schlichtweg genervt sind. Penetrante Anrufe, unvollständige Pressemitteilungen oder ein Informations-Overkill schrecken Redaktionen ab, anstatt sie zu interessieren. Klar ist: Die PR-Agentur muss ein Thema verkaufen. Klar ist auch: Der Redakteur muss einen Artikel schreiben und kann vielleicht gerade Ihren Kunden einbinden. Doch was wie eine Win-Win-Situation klingt, endet in der Umsetzung häufig in einer Patt-Situation. Damit Sie es künftig vermeiden, in Redaktionen anzuecken, hat die Autorin Jasmin Kreulitsch für medienrot.de aus der Sicht einer Journalistin ein Dutzend Tricks zusammengestellt, mit denen Sie die Hassliebe zwischen Redaktionen und Agenturen brechen können.

1. Informieren Sie, aber schreiben nicht! Redakteure verdienen ihr Geld mit Sprache. Sie mögen Worte nicht nur, sie können auch damit umgehen – in den meisten Fällen besser als Sie. Verkaufen Sie ein Thema daher nicht mit Ihrer unglaublichen Eloquenz, sondern mit Fakten, Fakten, Fakten.

2. Denken Sie an die Aufmerksamkeitsspanne! Studien haben gezeigt, dass YouTube-Nutzer oft nach den ersten zehn Sekunden abspringen. Ähnlich ist es bei Redakteuren: Unter Zeitdruck und dem Überfluss an Pressemitteilungen verlieren Sie das Interesse, wenn Sie nicht direkt Tacheles reden.

3. Kommen Sie auf den Punkt! Nichts ist schlimmer, als die eigentliche Information in einer Textwüste zu vergraben! Eine Pressemitteilung ist keine Poesie, sondern reine Information, die in den ersten Zeilen die relevanten journalistischen W-Fragen beantworten muss: Wer? Was? Wann? Wo? Wie? Warum? Wird nicht gleich klar, worum es geht, landet Ihre Pressemitteilung im Papierkorb.

4. Stellen Sie alle relevanten Informationen zur Verfügung! Verschicken Sie immer vollständige Informationen und ersparen Redaktionen unnötige Zwischenschritte oder die Suche nach Eckdaten, drucktauglichen Fotos, Preisangaben, etc. Ein Redakteur, der drei Mal nachfragen muss, ist ein verlorener Redakteur.

5. Bleiben Sie bei Ihrem Produkt! Bündeln Sie nie Pressemitteilungen und bewerben mehrere Produkte in einer Aussendung. Damit verhindern Sie, dass der Redakteur die Produkte themenspezifisch ablegen kann und schwächen Ihre einzelnen Informationen.

6. Achten Sie auf Ihre Zielgruppe! Schicken Sie Ihre Aussendungen nicht an Ihren gesamten Verteiler, sondern filtern nach Thema und Zielgruppe! Redakteure merken sich, von welcher PR-Agentur sie eine Information erhalten haben, die überhaupt nicht zu ihrem Medium passt – und machen sich über Sie lustig.

7. Kennen Sie Ihre Ansprechpartner! Senden Sie Pressemitteilungen niemals wahllos aus und vor allem nicht an alle Mitglieder einer Redaktion. Hier steht Qualität vor Quantität: Sie müssen wissen, welcher Redakteur in welchem Ressort arbeitet und wer etwas mit Ihren Informationen anfangen kann!

8. Machen Sie keinen Telefonterror! Rufen Sie nicht in einer Redaktion an und fragen, a) ob Ihre Pressemitteilung angekommen ist, b) ob die Pressemitteilung interessant ist oder c) ob der Redakteur darüber schreiben wird. Ein Redakteur, dessen Interesse geweckt wurde, wird sich bei Ihnen melden!

9. Schulen Sie Ihr Personal! Lassen Sie niemals Praktikanten, die schlecht eingearbeitet sind und weder das Produkt noch die Redaktion kennen, auf Redakteure los. Auch hier gilt: Durch dilettantische Anrufe oder E-Mails verlieren Sie den Redakteur. Und werden erneut ausgelacht.

10. Reagieren Sie in Echtzeit! Wendet sich ein Redakteur an Sie, haben Sie fast schon gewonnen – sofern Sie ihn binnen weniger Stunden mit Material versorgen. Ein Redakteur, der warten muss, ist ein verlorener Redakteur, denn er wird sich eine Alternative suchen, anstatt auf Sie zu warten.

11. Denken Sie an die Konkurrenz! Seien Sie immer einen Schritt schneller und besser als Ihre Mitbewerber! Redaktionen werden mit Pressemitteilungen überschüttet, natürlich auch von Ihren Konkurrenten. Faustregel: Einem Redakteur geht es nie um Ihr Produkt, sondern um das passende Produkt!

12. Nerven Sie nicht! Ganz egal, ob Sie wissen wollen, wann ein Artikel erscheint, Sie gerne ein Belegexemplar hätten, zu einem Pressetermin einladen oder schon die nächste Pressemitteilung verkaufen wollen: Nerven Sie nicht! Redaktionen sind chronisch unterbesetzt und unter Zeitdruck. Weniger ist mehr: PR-Agenturen, die penetrant sind, werden irgendwann von Redaktionen komplett ignoriert – und natürlich ausgelacht.

Über die Autorin: Jasmin Kreulitsch (34) ist seit 2008 freiberufliche Autorin für Print, Online, TV und PR und verantwortete zuvor als Chefredakteurin mehrere Jugendzeitschriften, u.a. „CHICA“, „Top of the Pops“ und „Best of the Dome“. Das Spiel mit PR-Agenturen kennt sie gut: Eine der führenden Agenturen Deutschlands hat sie heute vor allem deshalb in Erinnerung, weil sie an einem Tag wegen sechs Belegexemplaren angerufen wurde – natürlich auch sechs Mal.