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Jodel – Die Community-App für Studierende

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Jodeln klingt nach Bergen, Almen, Alphörnern. Damit hat die App „Jodel“ aber gar nichts zu tun. Denn sie wird nicht von Alpenjodlern, sondern vornehmlich von Studierenden zwischen 20 und 30 genutzt. Finden wir heraus, wie dieser Social-Media-Trend funktioniert und welche Chancen er für Marketer bietet.

Bei Jodel herrscht ein buntes Durcheinander: Die App erscheint wie ein riesiges, turbulentes Chatforum, in dem jeder über alles quasselt, wie ihm der Schnabel gewachsen ist. Das ist im Grunde das ganze Geheimnis. Und geheimnisvoll erscheinen vielen Unternehmen auch die Marketingmöglichkeiten der App. Werbung ist hier nämlich nicht erlaubt. Zumindest nicht in Form aufdringlicher Anzeigen. Native Advertising, insbesondere im Gewand regional relevanter Informationen, sowie Guerilla Marketing haben hier hingegen gute Karten – wenn man es nicht übertreibt.

Entlastung durch Vergnügen und Austausch
Jodel ist eine App, bei der es um Spaß geht. Hier darf die Bildungselite von morgen im Schutz der Anonymität albern sein. Das erklärt vermutlich den Erfolg dieses Berliner Dienstes, der immer beliebter wird.
Prüfungen, Haus- und Abschlussarbeiten verlangen Höchstleistungen. Strenge Deadlines und Referate sorgen für jede Menge Druck. Studenten sind im Alltag vielen Anforderungen ausgesetzt. Sie müssen sich vernünftig und rational verhalten. Jodel ist das absolute Gegenteil: ein bunter Spielplatz, auf dem sich alle im lockeren Plausch tummeln können.

Nach der Installation der App will Jodel die Erlaubnis zur Standortbestimmung. Denn die Inhalte, die der Nutzer sieht, kommen nicht aus allen Teilen der Welt, sondern aus der direkten Umgebung. Der User bleibt übrigens, wie alle anderen Mitglieder auch, anonym. Eine Option für einen Nicknamen besteht nicht.

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© Jodel

Kurz nach der Installation erscheinen schon die ersten Jodel – so heißen die Beiträge in der App – von „Du bist schön, aber bitte zieh dir eine Tüte über deinen Charakter“ bis hin zu ernst gemeinten Fragen: „Kann man emotional komplett ohne Familie leben?“

Die Fragen beziehungsweise Statements werden wie bei einem Newsfeed nacheinander aufgelistet. Eine Sortierung erfolgt nach Veröffentlichungsdatum, nach der Anzahl der Kommentare oder nach Beliebtheit. Denn die User können die Antworten anderer sowie den Jodel selbst durch das Antippen von Pfeilen bewerten. Der Pfeil nach oben gibt einen Pluspunkt, runter einen Minuspunkt. Der Übersichtlichkeit halber stehen die News vor verschiedenen Hintergründen, deren Farben jedoch keine besondere Bedeutung haben.

Von Texten, Fotos und Karma
Zwischen den reinen Text-Jodel können die User auch Fotos oder eine Mischung aus beiden Varianten posten. Das Ansehen der Bilder ist denkbar einfach: Den Daumen auf das geblurrte Vorschaubild legen und eine Sekunde warten – schon wird das Foto angezeigt.

Nutzer haben weiterhin verschiedene Möglichkeiten, auf diese Nachrichten zu reagieren. Die User können andere Beiträge klassisch kommentieren. Außerdem können sie die Sprüche, Fragen oder Witze in anderen Netzwerken oder via E-Mail teilen. Doch laut dem Unternehmen liegt der Fokus der App nicht darauf, den Content der Plattform in andere Netzwerke zu tragen.

Unter dem Reiter „Mein Karma“ finden Nutzer eine Übersicht ihrer eigenen Aktivitäten: selbst verfasste Jodel, Votes, Antworten, Pins, Notifications etc. Je aktiver Nutzer sind, desto mehr „Karma“ sammeln sie an. Die Entwickler machen jedoch bis heute ein Geheimnis daraus, wozu diese Karma-Punkte gut sind. Auch innerhalb der App wird dies nicht verraten. Besonders fleißige Nutzer können jedoch bereits gesammeltes Karma als Back-up bei Google Drive speichern.

Jeder darf mitmachen
Wer keinen Jodel verpassen will, der sollte die Benachrichtigungen aktivieren. Wie nah die einzelnen Jodler sind, wird in Form von Umschreibungen wie „hier“ (<1 km), „sehr nah“ (<2 km) oder „nah“ (<10 km) angezeigt. Beliebte Jodel lassen sich auch anpinnen und unter „Meine Pins“ im Menü verfolgen.

Die räumliche Nähe zueinander gibt den Nutzern ein Gefühl der Zusammengehörigkeit. Sie sind Teil einer Community, mit eigener Sprache und Humor. Deutlich wird dieser Community-Gedanke in Gemeinschaftsaktionen der Nutzer. In Mainz haben sich Jodel-User zusammengetan, um einem obdachlosen Mann eine zweite Chance zu ermöglichen, in Passau schlossen sich Studenten über die App zusammen, um einer Mitstudentin zu helfen. Sie hatte einen USB-Stick verloren, auf dem ein Video für die Beerdigung ihres Vaters gespeichert war. Zahlreiche Kommilitonen sprachen ihr aufmunternde Worte zu und beteiligten sich bei der Suche, die sogar erfolgreich war.

Jeder, der möchte, darf mitjodeln und eigene Nachrichten mit einer Länge von maximal 240 Zeichen rausschicken. Diese lassen sich jederzeit löschen. Auf ein paar Regeln weisen die Entwickler dann aber doch hin: keine Namen, keine persönlichen Daten, keine Beleidigungen und keine Reposts. Wer dagegen handelt, riskiert eine Sperre.

Fazit
Was also unterscheidet Jodel von anderen sozialen Netzwerken und von Dark Social? Zum einen wäre da der bewusste Verzicht auf Klarnamen. Die User sollen eben nicht identifizierbar sein. Dies ermöglicht erst den unbeschwerten Charakter der App. Weiterhin sind die Nachrichten, anders als bei WhatsApp oder Threema, für jeden User öffentlich sichtbar. Nur eine Videofunktion gibt es bisher noch nicht. Doch vielleicht jodeln die Entwickler Neuigkeiten in diese Richtung in den kommenden Monaten noch an die Community heraus?

Zwar stellt Jodel die Welt der Social Media nicht auf den Kopf, dennoch ist die App einen Blick wert. Und auch wenn der Dienst vornehmlich für Studenten gedacht ist, muss man nicht an einer Uni oder Hochschule gemeldet sein, um mitzumachen. Willkommen ist jeder, der sich auf diesen verrückten Austausch einlassen möchte.

carsten-christian-01_150x150pxÜber den Autor: Carsten Christian ist Online- und Social-Media-Redakteur bei der Kölner Agentur Oliver Schrott Kommunikation, wo er für den OSK-Blog zuständig ist. OSK ist Deutschlands zweitgrößte inhabergeführten PR-Agentur und betreut renommierte Automobil-, Technologie- und Industrie-Unternehmen.