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Gauchogate – Journalistisches Eigentor?

Foto: Uwe Mommert, 2014

Wenn man, so wie ich, entspannt im Urlaub weilt, ist man oft weit entfernt vom Nachrichtengewitter, das sich täglich über den Köpfen der Bundesbürger entlädt. Als ich, technisch etwas isoliert, das erste Mal von „Gauchogate“ hörte, dachte ich zunächst an einen Steakhause-Skandal. Hatte nicht gerade Deutschlands Vorzeigejournalist Wallraff die Bouletten-Bräter von Burger King in die Mangel genommen? Ist jetzt die Steakhaus-Mafia dran? Ist das Fleisch, welches uns auf dem Teller mit einer Ofenkartoffel präsentiert wird, vielleicht gar kein Rindfleisch, sondern vom Pferd oder Zebra?

Gott sei Dank, es geht nicht um Rib Eye oder Hüftsteak, es geht um Poldi, Schweini und Co. Unsere Nationalhelden hatten, heimkehrend aus Brasilien, einen skandalösen Tanz bei der offiziellen Jubelfeier vorm Brandenburger Tor gezeigt. Der tiefsinnige Text zum nationalen Jubeltanz lautete: „So gehen die Deutschen, ja die Deutschen, die gehen so. So gehen die Gauchos, ja die Gauchos, die gehen so!“ Nach intensivem Studium dieser Vorführung auf YouTube war ich mir sicher: Es gibt Wichtigeres, als sich über diese Aufführung junger Männer im leicht alkoholisierten Zustand zu erregen. Nahostkonflikt, FIFA Korruption, Ukraine oder was auch immer. Der Fokus der Berichterstattung sollte sich den Themen von Weltrang widmen und sich nicht auf Tanzvorführungen unserer Ballvirtuosen konzentrieren.

Viel wurde darüber diskutiert, welche internationale Ausstrahlung dieser Tanz haben könnte. Was wollten die Künstler uns damit sagen? Ganz einfach: Fußball-Feiern sind oft sinnentleerte Orgien mit Bier und Humpta humpta tätätärä. Nicht mehr und nicht weniger. Kein tieferer Sinn, keine Botschaft und keine Langzeitwirkung im internationalen Umfeld. Vielleicht war es ein journalistischer Reflex, weiter über ein Thema zu berichten, das so fabelhaft in den letzten Wochen für Auflage gesorgt hat. So kann man völlig ohne Recherche und ohne viel Aufwand die Seiten füllen. Einfach ja, journalistisch wertvoll nein. Wenn überhaupt war das ein journalistisches Eigentor.

uwe-mommert-neuÜber den Autor: Uwe Mommert ist Vorstand für Vertrieb und Produktion der Landau Media AG. Darüber hinaus ist er begeisterter Web 2.0-Fan und immer an innovativen Ideen interessiert. Für medienrot.de kommentiert Uwe Mommert regelmäßig das Mediengeschehen.