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Die neue Datenschutzgrundverordnung: Welche Änderungen sind im Bereich PR und Marketing zu erwarten?


Neben der Einwilligung lässt Art. 6 Abs.1 f DSGVO auch wieder eine Interessenabwägung zu. Diese hat zwei Voraussetzungen: Zum einen muss die Datenverarbeitung zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich sein (hier kommen alle rechtlichen und wirtschaftlichen Interessen in Betracht) und zum anderen darf die Interessenabwägung nicht zu dem Ergebnis führen, dass die Interessen, Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person überwiegen. Da die Grundrechte und Grundfreiheiten im Recht der Europäischen Union eine besonders herausgehobene Stellung haben, ist hier eine umfangreichere Interessenabwägung als noch im Rahmen des BDSG durchzuführen.

Großer Vorteil der DSGVO ist hierbei, dass diese keinen Zweifel daran lässt, inwieweit Marketing ein berechtigtes Interesse eines Verantwortlichen darstellen kann, denn bereits aus Erwägungsgrund 47 ergibt sich, dass die Direktwerbung ein berechtigtes Interesse für Unternehmen darstellen kann, das überwiegen kann. Bei der Interessenabwägung ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass betroffenen Personen ein jederzeitiges Widerspruchsrecht zusteht.

Ein Listendatenprivileg enthält die DSGVO demgegenüber nicht mehr, auch hier ist eine allgemeine Interessenabwägung durchzuführen. Unternehmen sollten dringend beachten, dass die DSGVO nicht nur erhöhte Anforderungen an die Interessenabwägung stellt, sondern insbesondere an die Dokumentation, Information und Artikulation dieser Interessenabwägung. Hier ist abzuwarten, welche Anforderungen die Praxis tatsächlich an die Erfüllung der Voraussetzungen des Art. 13 DSGVO stellt. Neben den o.g. Anforderungen hat die verarbeitende Stelle im Falle des Art. 6 Abs.1 f zudem die berechtigten Interessen mitzuteilen, deren Überwiegen angenommen wird. Weiter ist die Interessenabwägung genau zu dokumentieren, um Nachweise erbringen zu können. Grundlage für die beiden letztgenannten Anforderungen könnte die Datenschutzerklärung sein. Verstöße gegen die Abwägungs- und Dokumentationspflichten sind nach der DSGVO mit hohen Bußgeldern bewehrt.

Insbesondere neuere Marketingkonzepte sollten datenschutzrechtlich begleitet und dokumentiert werden.

Meldepflichten

Im Unterscheid zum BDSG müssen bei Datenlecks oder sonstigen Gefahren für den Datenschutz bezüglich aller personenbezogenen Daten (nicht mehr nur höchstpersönlicher Daten) die Aufsichtsbehörden und Verbraucher informiert werden. Für Marketingvertreter bedeutet dies eine Umstellung, da die im Marketingbereich erworbenen Daten nach der Regelung des BDSG bei Datenlecks oder anderen Gefahren meist nicht meldepflichtig waren.

Recht auf Datenübertragung

Im Rahmen der Betroffenenrechte ist v.a. das Recht auf Datenübertragung gemäß Art. 20 DSGVO als wesentliche Neuerung zu nennen. Es gewährt dem Betroffenen das Recht, seine Daten in einem strukturierten, gängigen und maschinenlesbaren Format zu erhalten oder von einem Unternehmen auf ein anderes Unternehmen automatisch übertragen zu lassen, sodass z.B. Anbieterwechsel bei sozialen Medien leichter möglich sind. Genaue Vorgaben für die Umsetzung dieses Rechts sind von der Rechtsprechung zu erwarten, gleichsam eröffnet sich für Unternehmen die Möglichkeit der Entwicklung branchenspezifischer Lösungen z.B. für innovative Marketingkonzepte.

Handlungsempfehlung

Marketingexperten ist dringend zu raten, ihre Marketingstrategien anhand der Vorgaben der DSGVO bereits jetzt zu überprüfen. Insbesondere die Informations- und Dokumentationspflichten stellen eine erhebliche Umstellung im Vergleich zum BDSG dar und sind im Falle eines Verstoßes bußgeldbewehrt.

Kathrin-Schuermann_150x150pxÜber die Autorin: Kathrin Schürmann ist Rechtsanwältin und Partnerin bei SCHÜRMANN WOLSCHENDORF DREYER. Neben dem Urheber- und Medienrecht, Datenschutz und Wettbewerbsrecht ist Frau Schürmann auf den gesamten Marketing-Bereich spezialisiert, insbesondere auf der Schwelle zwischen Wettbewerbs- und Datenschutzrecht. Hierbei betreut die Rechtsanwältin unter anderem Kundenbindungssysteme und digitale Geschäftsmodelle. Weitere Schwerpunkte sind die gesamten Bereiche des Online Marketing, Mobile/Apps, personalisierte Kundenansprache/Datenanalyse und die crossmediale Kommunikation.
Kathrin Schürmann wurde bereits mehrfach für Ihre Leistungen u.a. in den Bereichen Gewerblicher Rechtsschutz und Datenschutz ausgezeichnet: Der US-Verlag Best Lawyers, das Handelsblatt sowie The Legal 500 empfehlen die Rechtsanwältin gleich mehrfach.