by

Die Berliner Modewoche – Ein neuer Look muss her

Foto: © Fotolia/catwalkphotos
Foto: © Fotolia/catwalkphotos
Foto: © Fotolia/catwalkphotos

Noch vor Beginn der Berliner Fashion Week im Juli ging ein Raunen durch die Modeszene. Die brisante Neuigkeit: Mercedes-Benz, bis dato Hauptsponsor und Namensgeber der MBFW, machte publik, künftig nicht mehr mit dem Veranstalter IMG zusammenarbeiten zu wollen. Über die letzten zehn Jahre hinweg hatte der Autokonzern die Berliner Modewoche mit Beträgen in Millionenhöhe unterstützt – und war dabei unweigerlich eine tragende Säule des Events geworden. Eine Mercedes-Benz-Fashion-Week ohne Mercedes? Schwer vorstellbar! Es ist daher nicht verwunderlich, dass der Rückzug des Geldgebers Spekulationen auslöste. Sogar ein Aus der Modewoche wurde von einigen vorhergesehen.

Eine Themen- und Resonanzanalyse von Landau Media in den klassischen Medien zu dieser schon traditionellen Kontroverse von Subvention und Sponsoring hat gezeigt, dass Kategorien wie „Mercedes-Benz beendet Kooperation mit IMG“ und „Zur Situation der Fashion Week in der Modebranche“ zu den Top10-Themen der Veranstaltung gehören. Hier steht eine längst überfällige Auseinandersetzung an: Wie steht es um die Berliner Fashion Week und wie soll es in Zukunft weitergehen?

Hohe Reichweiten in den klassischen Medien außerhalb von Social Media: Die Fashion Week ist eine Marke und löst in Berlin aufgeregten Trubel aus.
Hohe Reichweiten in den klassischen Medien außerhalb von Social Media: Die Fashion Week ist eine Marke und löst in Berlin aufgeregten Trubel aus.

Doch weshalb werden diese Fragen überhaupt gestellt? Nicht alles scheint rund zu laufen auf der Modewoche, der es nicht recht gelingen mag, ihr Potenzial vollständig zu entfalten. Die Berliner Fashion Week habe schon immer im Windschatten der gewaltigen Mode-Events in Paris und Mailand gestanden, heißt es. Große Marken seien abgewandert und es fehle eine einheitliche Linie. „Es war auch die Diskrepanz zwischen Mode aus Berliner Hinterhöfen und einer vorgeschobenen Champagner-Sause geschuldet, dass das Konzept nicht ganz aufging“, schreibt die FAZ. Tatsächlich sieht man in den ersten Reihen der Laufsteg-Shows oft mittelklassige C-Prominenz sitzen. Wie aber will sich die Fashion Week helfen? Mercedes-Benz ist da schon einen Schritt weiter. Als Hauptsponsor zieht sich der Autohersteller zwar zurück – der Modewelt aktiv den Rücken kehren, will der Konzern aber nicht. Der Stuttgarter Autobauer kündigt ein neues Format an und wird Partner vom Fashion Council Germany. Der FCG wiederum vertritt die Interessen der deutschen Mode und fördert vor allem den deutschen Designernachwuchs.

Zum Auftakt der Fashion Week ist der erste Schreck verkraftet und der Ton in den Medien schon deutlich optimistischer. Die Umdisponierung des Autoherstellers eröffnet neue Chancen und bietet erstmals Raum für einen möglichen Imagewechsel. Was kann Berlin? Was will Berlin sein? Wo liegen Berlins Stärken? Wie soll Mode gezeigt werden? Als innovative Plattform bereits etabliert hat sich der „Berliner Modesalon“, der von Vogue-Chefin Christiane Arp und Agentur-Inhaber Markus Kurz ins Leben gerufen worden ist. Bekannte Designer und talentierte Jungdesigner präsentieren hier nebeneinander ihre Kollektionen und gestalten den Ausstellungsort gleich mit.
„Alle müssen anerkennen, dass unsere Talente, wenn wir sie nicht auf allen Ebenen fördern, ins Ausland abwandern werden“, sagt deshalb Marie Louise-Berg, Kopf des Fashion Council Germany. Den Nachwuchs unterstützen möchte beispielsweise heuer ein von Peek & Cloppenburg Düsseldorf initiierter Wettbewerb. Wer den Nachwuchsaward „Designer for Tomorrow“ gewinnt, soll individuell weiterentwickelt werden. In diesem Jahr gelang es dem Modekaufhaus, die international enorm gefragte DesignerinStella McCartney, als Schirmherrin zu gewinnen. Alle diesen Themen entsprechend erzielt die Kategorie „Nachwuchsförderung/ Nachwuchstalente“ in der Medienanalyse eine hohe Platzierung.

Ganz weit oben sind Mode und Design als Thema – auf der Berliner Fashion Week. Hier macht man sich Sorgen, dass mit dem Ausstieg von Mercedes Benz als Sponsoring Partner eine Krise bevorsteht.
Ganz weit oben sind Mode und Design als Thema – auf der Berliner Fashion Week. Hier macht man sich Sorgen, dass mit dem Ausstieg von Mercedes Benz als Sponsoring Partner eine Krise bevorsteht.

Trotz aktueller Umbrüche und dem Wirbel um Mercedes-Benz: Definitiv im Mittelpunkt stand, so wie es sein sollte, die Mode selbst. Wenn auch in diesem Jahr die ganz großen Player fehlen – mit Designern wie Ewa Herzog, Anja Gockel, Lena Hoschek, Marina Hoermannseder, William Fan oder Dorothee Schumacher konnte die Berliner Modewoche erneut wichtige Namen für sich gewinnen.

Ein weiteres Glanzlicht: BOSS is back! Eine eigens für die Berliner Modewoche entworfene Kollektion führt Artistic Director Jason Wu in Form einer Installation in der Galerie St. Agnes in Berlin vor. Und auch dieser Style ist besonders vielbesprochen in diesem Sommer: Die Kollektion „Kiss me Piroschka“ von Lena Hoschek, die sich von ungarischer Folklore inspirieren ließ. Den Lauf eröffnet hat das deutsche Supermodel Franziska Knuppe. Guido Maria Kretschmer und Michael Michalsky, bekannte Designer, die modetechnisch eine eher breite Masse bedienen, konnten in der Personenanalyse punkten. Denn noch immer wichtig ist in den klassischen Medien das Who is Who – mag auch Mode, Design und künstlerische Selbstdarstellung geradezu eher explodieren in den offenen Medien-Netzwerken Instagram und Facebook.

Neben der „Mercedes-Benz Fashion Week“, auf der ca. 70 Designer ihre Kollektionen für Frühjahr/Sommer 2018 präsentieren (und die im kommenden Jahr ohne Mercedes-Benz stattfinden muss), existieren weitere Standbeine, die die Modewoche ausmachen. Fast ein Dutzend Messen bilden Anlaufpunkte für Modeinteressierte, Promis und Jedermann. Panorama, Premium oder Show&Order stehen exemplarisch für beliebte Messen mit hohen Besucherzahlen. Verzeichnet werden kann außerdem ein deutlicher Trend in Richtung Nachhaltigkeit und Öko-Mode, eine Tendenz in der Modeindustrie, die zum Markenzeichen für Berlin werden könnte. Die zahlreichen Veranstaltungen, Messen und Plattformen veranschaulichen, dass der Ausstieg von Mercedes-Benz verkraftet werden kann, wenn Schwerpunkte in Zukunft neu gesetzt werden. Der „Berliner Modesalon“ ist da schon mal ein Schritt in die richtige Richtung. Und der Standort Berlin hat Potenzial. Die 200.000 Fachbesucher der Modewoche bringen nach Aussagen der Agentur IMG jede Saison immerhin eine Wirtschaftskraft von 120 Millionen Euro nach Berlin. Der stellvertretende Sprecher der Berliner Senatsverwaltung Matthias Borowski zeigt sich hoffnungsfroh. Auch im kommenden Jahr werden, so Borowski, Messen und Modeschauen einen Impuls für die Modehauptstadt Berlin liefern.


Beatrice-Schmid-Lossberg_150x150pxÜber die Autorin:
Beatrice Schmid-Lossberg ist seit 2017 Medienanalystin bei Landau Media. Zuvor hat sie Germanistik an der Universität Mannheim studiert.