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Die Webseite – der wohlig warme Ort für spannende Geschichten

Foto: © Fotolia/Melpomene
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Geschichten im Netz – das ist alles nicht neu. Jens Stoewhase schaut noch mal auf einen Ort, an dem die Geschichten meist selten stattfinden – auf der eigenen Webseite einer Organisation bzw. eines Unternehmens.

Das Erzählen von Geschichten hat sich im Internet etabliert. Da besteht wohl kein Zweifel mehr. Auch das Erzählen von Geschichten, die sich mit Unternehmen und Organisationen beschäftigen, ist inzwischen nichts Ungewöhnliches. Mal ist das unter dem Dach „Content Marketing“ zu finden, mal ist es der „Corporate Blog“. Und dann gibt es noch die Idee des eigenen „Mediahauses“, wie es schon lange von Red Bull gedacht und gemacht wird. Die Ansätze sind am Ende immer wieder unterschiedlich.

Das übergeordnete Ziel ist jedoch sehr klar: Man sucht den direkten Kontakt zu Menschen, die die eigene Botschaft entweder direkt aufnehmen sollen oder die Unternehmensbotschaft teilen könnten. BeraterInnen und PR-Branchenmagazine halten diesen Weg der Kommunikation – digital Geschichten zu erzählen – immer noch für einen recht Erfolg versprechenden Gang. Coca Cola, Red Bull oder Daimler sind dann immer wieder die wichtigen Beispiele, die mit ihren digitalen Aktivitäten das Maß der Dinge sein sollen. Klar, die haben Budgets, von denen ein Mittelständler oder eine Non-Profit-Organisation nur träumen kann, denkt man sich. Letztlich bleibt man jedoch verunsichert zurück: Kann das alles funktionieren?

Die Produktion von digitalen Inhalten ist inzwischen an einem Punkt angekommen, wo es in erster Linie um Fokussierung geht. Wenn man hier diszipliniert vorgeht, kann man sich auch als „Kleine/r“ auf die Reise in die Welt der digitalen Geschichten begeben. Klar muss nur sein: Erfolgreich Geschichten erzählt man, wenn man sich nicht quälen muss. Dafür braucht es Personal, Themen und einen Zeitplan. Und es braucht einen Ort, denn dieser ist immer häufiger ein Problem. Soll ich einen Instagram-Account eröffnen, doch mal Snapchat ausprobieren oder ist jetzt der eigene Blog notwendig?

Ich komme mal ganz steil um die Ecke: Warum schauen Sie nicht, ob Ihre Webseite nicht der richtige Ort für die besten Geschichten ist? Sind wir doch ehrlich: Sehr viele Firmenwebseiten sind bis heute One Shots – sie werden ein Mal mit viel Aufwand entwickelt und dann oft nur stiefmütterlich mit aktuellen Inhalten gepflegt. Klar, die Webseite soll einen kurzen Überblick geben, aufzeigen, was das Unternehmen oder die Organisation macht, wie man die richtigen Ansprechpartner erreicht. Webseiten wurden bisher oft nur als Ablage für grundsätzliche Informationen gesehen, doch sie könnten auch der Platz für schöne oder gar wichtige Geschichten sein.

Geht man davon aus, dass die Webseite bisher nur selten mit Neuigkeiten befüllt wurde, so kann man sich gleich den Druck nehmen, sehr schnell sehr viel erzählen zu müssen. Entschleunigung ist da ein Zauberwort. Nehmen wir das Beispiel juwi. Das Unternehmen ist im Bereich der erneuerbaren Energien unterwegs und beschäftigt etwa 1.000 MitarbeiterInnen – ein Mittelständler eben. Die letzten drei Blogbeiträge seit März 2017 beschäftigen sich mit nutzwertigen Infos für Verpächter von Standorten für Windanlagen, einem ständig Fahrrad fahrenden Mitarbeiter oder dem CSR-Thema der vielfältigen Ausgleichsmaßnahmen beim Bau von Windanlagen. Drei Beiträge in gut drei Monaten.

Das klingt nach einer machbaren Lösung – oder? Denn es geht gar nicht immer um Masse. Webseiten werden in Zeiten der starken sozialen Netzwerke nicht unbedingt häufiger besucht. Aber man kann sie aufwerten. Dann finden Menschen dort zusätzlichen Content, der sie interessieren dürfte. Denn sie sind ja vorrangig auf der Webseite gelandet, weil sie Infos zum Unternehmen oder der Organisation gesucht haben.

Auch die GLS Bank (etwa 500 MitarbeiterInnen) setzt auf Geschichten. Neben einem zusätzlichen Blog, den man mit Beiträgen von MitarbeiterInnen, GastautorInnen und Freelancern befüllt, portraitiert man auf der Webseite auch KundInnen. Da gibt es die Geschichte von Gründerinnen, die vegane Schokolade herstellen, oder die der Flüchtlingspaten Syrien. Das GLS-Team überlässt an der Stelle ihren KundInnen die Bühne und lässt sie strahlen. Die Bank widmet sich der nachhaltigen Geldanlage und Kreditfinanzierung. Ihre KundInnen finden auf ihrer Webseite also auch die passenden Geschichten.

Die beiden Beispiele zeigen, dass man nicht unbedingt der Großkonzern sein muss, will man gute Geschichten auf der eigenen Seite erzählen. Es braucht einfach Passion fürs Erzählen, eine sorgsame Analyse der Webseiten-BesucherInnen und natürlich auch etwas Budget. Dann kann man Geschichten entwickeln oder auch entwickeln lassen. Hat man sie auf der eigenen Seite veröffentlicht, so kann man sie im Anschluss auch gut in den sozialen Netzwerken verbreiten und dort diskutieren. Geschichten sind oft der Anfang eines Dialoges. An der Stelle kann man selbst das Angebot zum Dialog machen.

jst-autorenbildÜber den Autor: Jens Stoewhase ist Geschäftsführer der Rabbit Publishing GmbH, die das Onlinejournal medienrot.de im Auftrag der Landau Media GmbH & Co. KG betreibt. Bis Ende 2011 betreute Stoewhase selbst u.a. die digitalen Aktivitäten zahlreicher kommerzieller Kinder- und Jugendmagazine. Er arbeitete vorher jahrelang für den Onlinebereich der TV-Serie „Gute Zeiten, Schlechte Zeiten“, als Freelancer im Musikbereich und entwickelte Konzepte für digitale Angebote im Entertainmentsegment.