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App-Hype – 10 Fragen, die Ihnen bei der Entscheidung für oder gegen eine App helfen sollen.

Wir schreiben das Jahr 2013 und sind somit schon im siebten Jahr des iPhones, welches uns der iGott Steve Jobs teuer untergejubelt hat. Dieses Telefon sorgte für den Durchbruch einer ganzen Produktkategorie (Smartphones), die bis dato nur ein Nischendasein gefristet hatte. Die Einleitung überspringen und direkt zur Liste >>

Egal, welches Betriebssystem (Google Android, Windows Phone, Apple iOS, Blackberry OS) auf diesen Smartphones installiert ist, immer wieder spielen die kleinen Programme, Apps genannt, eine große Rolle. Und um diese Apps wird ein großes Brimborium gemacht!

Doch was können diese kleinen Programme für Ihre Kommunikationsarbeit leisten? Was können sie vielleicht auch nicht? Und welcher Aufwand steckt hinter der Konzeption, Umsetzung und Betreuung von Apps?

Apps können Ihren KommunikatorInnen oder Ihrer Zielgruppe digitale Inhalte in einem eigenen, exklusiven Kommunikationsumfeld zur Verfügung stellen. Innerhalb einer App sind verschiedenste Anwendungen möglich, wie man es von Computer-Programmen kennt. Eine App kann Menschen zur Interaktion mit Ihrem Thema, Ihrer Organisation oder Ihrer Marke bewegen. Apps können digital affine Menschen begeistern und Ihr Kommunikations-Anliegen unterstützen.

Eine App funktioniert jedoch nicht auf normalen Handys, sondern nur auf Smartphones. Eine App muss installiert werden, es muss also eine aktive Entscheidung für die App durch die NutzerInnen getroffen werden. Zur Installation einer App müssen Sie Ihre Zielgruppe also erstmal bewegen.

Eine App kann tägliche Nutzung nicht garantieren. Fehlerhaft programmierte Apps können Menschen nicht begeistern. Apps ersetzen auch nicht den guten Kommunikationsmix. Apps kann man nicht einfach veröffentlichen und dann in Ruhe lassen. Sie brauchen Pflege, regelmäßig neue Inhalte und einen wirklichen Nutzen für die AnwenderInnen.

In aller erster Linie aber, ist eine App ein Hilfsmittel für Ihre Arbeit. Zumindest, wenn Sie das Projekt gut planen, umsetzen und pflegen (lassen). Aber wirklich auch nur dann!

Um Ihnen den Einstieg in das Thema Apps für Ihre Kommunikationsarbeit zu erleichtern, habe ich 10 Fragen und erläuternde Antworten vorbereitet, die Ihnen im Vorfeld helfen sollen, eine App-Entwicklung kritisch zu hinterfragen. Sie basieren auf meinen Erfahrungen als Produktmanager, der einige Apps aber auch eine große Zahl an einfachen und komplexen Webgames entwickeln ließ.

Die 10 Fragen

1. Welche Nutzer wollen Sie erreichen?

Mit einer App erreichen Sie nur eine ganz bestimmte Zielgruppe. Wenn Sie das wissen und einplanen, dann werden Sie weniger Enttäuschungen erleben. App-User brauchen Smartphones und müssen in den jeweiligen App-Stores der Betriebssystem-Anbieter (Google, Apple, Microsoft, Blackberry) Ihre App finden, herunterladen und installieren. Je nachdem, welches Thema Sie mit der App transportieren wollen, sollten Sie sich genau anschauen, wie die User-Profile der jeweiligen Betriebssysteme aussehen. iPhone-BesitzerInnen haben ein anderes Profil, als Menschen, die Googles Android auf ihrem Mobilfunkgerät installiert haben.

2. Haben Sie wirklich einen Mehrwert, den Sie den Usern nur über eine App bieten können?

Sie wollen auf das heilige Smartphone der User. Dort wird Ihre App nur installiert bzw. dann auch genutzt, wenn sie ein echtes Bedürfnis der NutzerInnen befriedigen kann. Ansonsten fliegt sie ganz schnell wieder runter oder fristet ein lebloses Dasein auf dem Gerät.

3. Haben Sie kompetente Partner, die die App erstellen, sie anschließend auch betreuen und pflegen können?

Ist eine App erst einmal veröffentlicht, beginnt ihr eigentliches Leben. Sie muss gewartet und dauerhaft betreut werden. Das kostet Zeit, Arbeitskraft und Geld. Planen Sie das am besten vorher mit ein!

4. Apropos Geld: Haben Sie einen ausreichenden Budgetrahmen für Ihre App festgelegt?

Eine App ist schnell vergessen oder veraltet, wenn sie nicht mit der Zeit geht – also der Entwicklung der verschiedenen Betriebssysteme und neuen Versionen der Smartphones angepasst wird. Und das frisst Geld! Eine App ist kein Magazin, das fertig ist, wenn es veröffentlicht ist. Eine App entwickelt ein Nutzungsleben und braucht kontinuierliche Betreuung. Sie brauchen Geld für technische Updates, die Weiterentwicklung des Funktionsumfanges, Customer Service und neue Inhalte. Sie brauchen einen Finanzrahmen, der dafür ausreichend Spielräume bietet. UND Sie brauchen Geld, um die App überhaupt bekannt zu machen.

5. Haben Sie einen genauen Plan, wie Ihre App mindestens 3 bis 12 Monate mit Inhalten bestückt wird?

Die User werden Ihre App nur nutzen, wenn Sie genügend und wichtige Inhalte zur Verfügung stellen. Ihre Arbeit für die App sollte mit einem Redaktionsplan hinterlegt sein. Dabei hilft es sicherlich, wenn Sie darauf achten, dass ein Smartphone in dauerhafter Benutzung ist. Die NutzerInnen erwarten dadurch auch häufige Updates mit neuen Infos zu Ihrem Thema. Wenn Ihnen der Aufwand zu groß erscheint: Vielleicht hilft es, wenn Sie über eine App mit einem klaren technischen Nutzwert in Bezug auf Ihr Thema nachdenken. Das ist in der Umsetzung eventuell aufwändiger, sorgt aber oft für gute und dauerhafte Nutzung der App bei den Usern.

6. Wie steht es um die Einbindung der NutzerInnen? Haben Sie genügend interaktive Elemente für die App angedacht?

Apps sind wunderbar, wenn es um die Einbindung der User geht. Sofern der Interaktionsrahmen überschaubar ist, kann man sich der Prinzipien der Gamification bedienen. Smartphones haben Kameras, können damit Fotos und Videos aufnehmen. Man kann auf Smartphones malen und Texte schreiben oder Ton aufzeichnen. Mit diesen technischen Möglichkeiten kann man spielen und dadurch User aktivieren bzw. für Crowdsourcing gewinnen. Der Community-Gedanke kann dabei eine wichtige Rolle spielen, wenn Sie Ihre gewonnenen NutzerInnen für eine Aktion gewinnen wollen.

7. Nutzen Sie die Synergien mit Ihren anderen PR-Maßnahmen?

Eine App allein macht Ihre Kampagne noch nicht zum Hit. Darüber hinaus betreiben Sie sicherlich schon eine Menge Aufwand, um Ihre Organisation, Ihr Unternehmen oder Ihre Kommunikationsziele in anderen Kanälen zu präsentieren. All Ihre digitalen Aktivitäten sollten Sie darauf prüfen, ob man sie mit Ihrer App kombinieren, einbinden oder auch spiegeln kann. Einmal geschaffene digitale Inhalte kann man auch mehrfach verwerten. Darüber hinaus dürfte Ihre App einen deutlich höheren Erfolgsfaktor erreichen, wenn Sie Ihre NutzerInnen auffordern, Inhalte aus Ihrer App in den eigenen sozialen Netzen zu teilen. Schaffen Sie Querverlinkungen zu Ihren anderen digitalen Kommunikationsmaßnahmen in Digitalien.

8. Soll es lieber eine Web-App oder eine native App werden?

Als native App bezeichnet man die kleinen Programme, die man sich direkt auf das eigene Smartphone lädt. Sie muss an jedes einzelne Betriebssystem angepasst werden. Wollen Sie also Ihre App auf Android, iOS und Windows Phone sehen, werden Sie eine native App entwickeln und an alle Plattformen anpassen lassen müssen. Darüber hinaus bietet Android inzwischen zahlreiche Versionen, die Sie unter Umstände auch beachten müssen. Ein weiterer Faktor: Allein Apple hat diverse Smartphones und Tablet-Computer mit unterschiedlicher Bildschirm-Auflösung auf dem Markt. Auch diesen Fakt sollten Sie bei der Entwicklung nicht unterschätzen, denn er könnte Anpassungsbedarf nach sich ziehen.

Eine Web-App ist dagegen eine Webseite, die für spezielle Monitorgrößen und Geräte in der Darstellung angepasst wird. Sie funktioniert meist auf dem neuen Webstandard HTML5 und muss im Prinzip nur einmal erstellt werden. Wenn Sie auch noch die Vorzüge des responsive Designs durch Ihre Entwickler anwenden lassen, dürfte sich Ihr Geldbeutel vermutlich freuen. Oft sind Web-Apps günstiger in der Erstellung als native Apps und sie lassen sich mit weiteren Internet-Maßnahmen verknüpfen.

Tipp: Egal, wofür Sie sich entscheiden, lassen Sie sich den Prototypen der App zuerst als einfache Web-Version (Web-App) erstellen. So können Sie schneller testen, brauchen keine aufwändigen Testsysteme und können selbst sehen, ob vielleicht eine Web-App für Ihre Zwecke ausreicht.

9. Sie haben viele User erreicht: Wie binden Sie diese nun an sich?

Spätestens dann werden Sie sich ärgern, wenn Sie nicht dafür gesorgt haben, die Kontakte auch für weitere Ansprachen und Kampagnen nutzen zu können. Sorgen Sie im Rahmen der Datenschutzgesetze dafür, dass Sie die E-Mail-Adressen Ihrer User bekommen. Dies kann man durch verschiedene seriöse Funktionen in einer App erreichen. So können etwa zusätzliche Inhalte oder Funktionen für die User nach Eingabe der E-Mail-Adresse freigeschaltet werden.

10. Welche Alternative gibt es, um Ihren angesetzten Budgetrahmen vielleicht auch in einen anderen Kommunikationskanal zu stecken?

Da draußen gibt es zahlreiche Vertriebsmenschen, die Ihnen gern eine App aufschwatzen wollen. Das ist ihr Job und den machen sie gut. Ihr Job ist es hingegen, das Kommunikationsziel Ihrer AuftraggeberInnen zu erreichen. Fragen Sie sich also ruhig vor der Unterzeichnung eines Entwicklervertrages, ob Sie das Budget auch in eine andere, vielleicht effektivere Maßnahme stecken könnten.
Ich will an dieser Stelle nicht gegen Apps sprechen, ich möchte nur vor überzogenem Aktionismus warnen! Nur weil es Apps gibt, muss man keine produzieren. Der Fokus sollte meiner Erfahrung nach auf der Lösung eines Kommunikationsproblems liegen. Dann können Sie eine App gut verantworten und werden hoffentlich auch erfolgreich sein.

Bonustrack: Wie in meinen anderen Artikeln zu digitalen PR-Maßnahmen, möchte ich auch hier kurz darauf hinweisen: Auch in den Apps kann man datenschutzrechtlich saubere Trackings einsetzen und dadurch anonymisiertes Nutzungsverhalten und mögliche technische Probleme monitoren. Die Erkenntnisse helfen den EntwicklerInnen bei der Lösung von Problemen und bei der Anpassung des App-Designs.

Über den Autor: Jens Stoewhase ist verantwortlicher Redakteur für medienrot.de und Geschäftsführer der Rabbit Publishing GmbH, die dieses Onlinejournal im Auftrag der Landau Media AG betreibt. Bis Ende 2011 betreute er selbst u.a. die digitalen Aktivitäten zahlreicher kommerzieller Kinder- und Jugendmagazine und YPS. Stoewhase arbeitete vorher jahrelang für den Onlinebereich der TV-Serie „Gute Zeiten, Schlechte Zeiten“ und als Freelancer im Musikbereich und entwickelte Konzepte für digitale Angebote im Entertainmentsegment.